Herr Oberbürgermeister Elbers, ist Ihnen der Solidaritätsgedanke abhanden gekommen?

Dirk Elbers: Nein. Die Solidarität bedeutet aber nicht, dass man diejenigen bestraft, die sich in der Vergangenheit redlich bemüht haben, ihre Finanzen zu konsolidieren. Es ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine Frage der Moral. Es gibt viele Kommunen, die schmerzvolle Sparmaßnahmen ergriffen haben und die jetzt beim Stärkungspakt außen vor gelassen werden.

Warum wehren Sie sich dagegen, dass die schuldenfreie Stadt Düsseldorf den strukturschwachen Kommunen in NRW, wie zum Beispiel Duisburg, aus der Schuldenklemme hilft?

Elbers: In Düsseldorf ist die Schuldenfreiheit nicht vom Himmel gefallen. Wir haben über Jahre konsolidiert und solide Haushalts- und Finanzpolitik gemacht. Wir haben unsere Beteiligung an den Stadtwerken bis auf 25 Prozent reduziert und Aktien von RWE verkauft. Es war eine vernünftige Entscheidung. Sie können keine 1,6 Milliarden Euro Schulden haben und auf der anderen Seite noch Aktien liegen. Das würden Sie privat auch nicht machen. Manche hoch verschuldete Kommunen beteiligen sich indes mit hohen dreistelligen Million Beträgen an den Energieunternehmen. Dafür habe ich kein Verständnis.

Welchen Weg schlagen Sie stattdessen für Pleitestädte vor? Düsseldorf lässt sich aufgrund seiner Steuereinnahmen und der Einwohnerstruktur nicht als Vorbild für die Ruhrgebietsstädte nehmen.

Elbers: Erneut: auch in Düsseldorf fällt das Manna nicht vom Himmel. Wir haben nicht nur unsere Finanzen konsolidiert, sondern eine umsichtige Ansiedlungs- und Stadtplanungspolitik betrieben. Sie können in einer Stadt wie Düsseldorf nicht alle Brachflächen zu kulturellen Attraktionen erklären. Wir haben viel für die Ansiedlung von Unternehmen auf Brachflächen getan. Die bringen uns wiederum Steuereinnahmen. Andere Kommunen bauen darauf lieber Museen.

Liegt es denn hauptsächlich an der Führung einer Stadt, wie sie heute finanziell aufgestellt ist?

Elbers: Die finanzielle Lage einer Stadt hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Eine sehr große Belastung ist, dass den Kommunen in der Vergangenheit von Bund und Land sehr viele Dinge aufgebürdet worden sind, gerade im sozialen Bereich, für die es keine ausreichenden Finanzmittel gab. Es muss wieder der Grundsatz gelten „Wer bestellt, bezahlt.“ Aber als Oberbürgermeister trägt man natürlich die Gesamtverantwortung. Man muss den Mut haben, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen und diese zu vertreten. Es ist leichter, alle Wünsche zu erfüllen, als Prioritäten zu setzen. Und eines ist klar: Es ist unsere Pflicht, gegenüber den künftigen Generationen, Finanzen zu konsolidieren, damit unsere Kinder in Zukunft Spielräume haben und selbst gestalten können.

Düsseldorf und Duisburg sind Nachbarstädte, die beiden Haushalte aber könnten kaum unterschiedlicher sein. Was sagen Sie Ihrem CDU-Parteikollegen Adolf Sauerland im überschuldeten Duisburg?

Elbers: Ich habe viel Verständnis dafür, dass die klammen Kommunen aus der finanziellen Misere raus wollen. Überschuldete Kommunen können nur begrenzt eigenständig handeln und das kann man als kommunaler Vertreter nicht gut heißen. Es ist aber inakzeptabel, dass fehlende Mittel durch interkommunale Solidarität erbracht werden. Das Land hat die Pflicht, aufgabengerechte Finanzausstattung seiner Kommunen zu gewährleisten. Über einen Solidarbeitrag gesunder Kommunen kann allenfalls dann diskutiert werden, wenn das Land eine ausreichende Finanzierung aller Stufen des Stärkungspaktes aus eigenen Mitteln sichergestellt hat.