Duisburg.
. Von den Massenmedien wird Cameron Carpenter gerne als der „Bad Boy der Orgel“ dargestellt. Dass dies nur Teil der Wahrheit ist, konnte man nun beim zweiten Konzert der Toccata-Reihe in der Mercator-Halle erleben.
Natürlich ist Cameron Carpenters Kleidung, besser Kostümierung, für einen klassischen Musiker höchst ungewöhnlich. Posiert er auf vielen Pressefotos in der Glitzerkleidung, die an einen Eiskunstläufer erinnert, so trat er im metallisch glänzenden Anzug und mit albino-weiß gefärbten Haaren vor das Duisburger Publikum.
Wer jetzt aber eine krachende Konzerteröffnung erwartet hatte, bei der Cameron Carpenter die Eule-Orgel der Mercator-Halle in alle Einzelteile zerlegt, wurde auf das beste enttäuscht. Carpenter vermied mit einem meditativen Werk von Percy Grainger jedes Klischee, das er von sich selbst in die Welt gesetzt hatte, begann mit einem ebenso leisen wie zögerlichen Werk, das nur in kurzen Moment rauschhaft aufflackerte.
Wie ernst Carpenter die Musik nimmt, die er interpretiert, zeigte er in zwei Werken von Johann Sebastian Bach, der Fantasie in g-Moll und der Chaconne in d-Moll. Dabei weiß der junge Amerikaner genau um die Wirkung sorgfältig eingesetzter Kontraste: Aus dem vollen Werk wechselt er in ganz zarte Momente und springt rasant zwischen den Manualen hin und her.
Dabei schien es, als hätte man die Eule-Orgel selten in solch einer Farbenpracht und dem ganzen Reichtum ihrer Register gehört wie bei Cameron Carpenter. In den fugierten Abschnitten konnte Carpenter zudem mit seiner besonderen Fußtechnik glänzen, wenn er Ferse und Fußspitze als gleichberechtigte Impulsgeber auf den Pedalen nutzte.
Nicht nur mit einem triumphalen Finale, wie es der Choral E-Dur von Cesar Franck besitzt, wusste Carpenter aufzutrumpfen, auch in seinen eigenen Improvisationen entfaltet er sein Verständnis von Orgelkunst auf besonders persönliche Art und Weise.
Fast surreal mutete der Beginn seiner Improvisationen an, wenn ein Glockenspielton wiederholt wurde, einzelne Klänge dahin huschten und sich plötzlich eine Melodie herausschälte.
In seinen Stegreifstücken rückte Carpenter immer die Melodie ins Zentrum, hatte aber auch den großen dramaturgischen Bogen im Auge, der gleichzeitig viele Überraschungen bot, wobei die Virtuosität nie zu kurz kam. Das Publikum in der Mercatorhalle war begeistert von Cameron Carpenters Orgelkunst und dankte mit stehenden Ovationen und vielen Bravo-Rufen.