Unna/ Duisburg. Schon als Kinder waren sie einander versprochen – doch jahrelang hatten beide andere Partner. Erst als seine Beziehung in die Brüche ging, besann sich der Angeklagte wieder auf seine Cousine. Mithilfe der Familie zwang er sie zu einer islamischen Heirat. Jetzt muss er sich vor Gericht verantworten.
Ein 20-Jähriger aus Bönen (Kreis Unna) hat sich seit Montag wegen Freiheitsberaubung vor dem Amtsgericht Unna zu verantworten. Die Staatsanwaltschaft Dortmund wirft dem Arbeitslosen vor, im Dezember 2010 seine Cousine aus Duisburg entführt zu haben, um sich noch am Abend des gleichen Tages in Dortmund von einem islamischen Geistlichen trauen zu lassen.
Versprochen waren sich beide von ihren Eltern schon seit Kindesbeinen, was den Angeklagten allerdings nicht daran hinderte, während seiner Verlobungszeit mit einer anderen Frau zusammen zu leben. Erst nach deren Trennung erinnerte er sich an das Heiratsversprechen und setzte sich mit seiner Cousine in Duisburg in Verbindung. Die war mittlerweile allerdings mit einem anderen (21) verlobt, der sie mittlerweile geheiratet hat – „zunächst standesamtlich, dann kirchlich“, wie er auf dem Gerichtsflur betont.
Er lauerte ihr vor dem Haus auf und zwang sie, in sein Auto zu steigen
Am 27. Dezember vergangenen Jahres soll sich der Bönener die ihm versprochene Cousine mit Gewalt geholt haben. Er habe ihr frühmorgens vor der Haustür in der Wörthstraße in Duisburg aufgelauert und sie dann gezwungen, in sein Auto einzusteigen.
Ein auf der Rückbank sitzender Verwandter habe die Schülerin auf dem Beifahrersitz zu Boden gedrückt, damit sie den Weg nicht verfolgen konnte. Über Essen, wo die Entführte stundenlang in einer Wohnung festgehalten worden sei, ging es weiter nach Dortmund-Derne, wo bereits die Hochzeitsgesellschaft auf das Paar wartete. Drei Mal habe sie - wie es der Glaube verlangt - vor dem islamischen Geistlichen aus Bergkamen „Ja“ gesagt zur Hochzeit, gestand die heute 22-Jährige im Zeugenstand, „aber aus Angst“, denn sie sei von allen Verwandten dazu gezwungen worden.
„Nach dem Koran kann man nur aus Liebe heiraten“
Auf der Toilette sei es ihr schließlich gelungen, ihren heutigen Mann zu alarmieren. Derweil sei ihr Vater noch gezwungen worden, bei der Polizei auszusagen, sie habe freiwillig geheiratet. „Wir waren aber nicht verheiratet“, so die Schülerin, „weil man nach dem Koran nur aus Liebe, aber nicht mit Gewalt verheiratet sein kann.“
Bei der Festnahme auf der Polizei-Dienststelle gab es für den Angeklagten nicht nur eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung, sondern auch wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, weil man bei ihm Drogen fand. Wegen Drogenhandels ist er bereits zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Die Beweisaufnahme gestaltet sich allerdings besonders schwierig, weil einige der Zeugen weder für das Gericht noch für die Polizei auffindbar sind. Aussagen soll nun auch der islamische Geistliche, der das Paar getraut hat.