Duisburg. .

Fast 80 Jahre Lebenserfahrung trennen die beiden Generationen an diesem Tisch. 14-jährige Schülerinnen des Steinbart-Gymnasiums spielen mit über 90-jährigen Bewohnerinnen des Awo-Altenheims Im Schlenk „Mensch-ärger-dich-nicht“.

Es ist ein vorsichtiges Herantasten zwischen Orangensaft und Ferrero-Küsschen. Und es ist „Lernen mit Herz und Verstand“. So hat die Schule das Projekt genannt, mit dem soziales Engagement gefördert werden soll.

50 Stunden investieren die Schüler der Jahrgangsstufe neun beim Projekt ihrer Wahl. Manche gehen seit den Sommerferien ins Tierheim, andere in die Bücherei oder zur Lebenshilfe. Julia Marae und ihre Freundinnen besuchen das Altenheim. Und stellten schnell fest, dass es ihnen nicht reicht, nur dabei zu sein, etwa beim Bingo-Nachmittag. Sie wollten ein eigenes Angebot schaffen. Und laden jetzt jeden Mittwoch ein zu „Soko – soziale Kompetenz lernen“, was aber ganz eigentlich ein geselliger Spielenachmittag in kleiner Runde ist.

Beim Auftakt unterstützt Martin Grünebohm vom Bundesfreiwilligen-Dienst (Bufdi), der die Damen am Tisch schon besser kennt und das laut-langsame Reden bestens beherrscht. Schüchterne 14-Jährige müssen sich da erst reinfühlen. Zwar hatte ein Workshop sie auf vieles vorbereitet, Themen wie Erkrankungen im Alter, Demenz, ein Leben im Rollstuhl durchgesprochen, erzählt Jutta Muntoni, die Leiterin des Sozialen Dienstes. „Aber es ist ein Unterschied, solche Informationen zu hören oder sie selbst zu erleben“.

Und so sitzen Hermine Hamer (90), Martha Hosse (83), Elli Kalenborn (94), Sophie Glindemann (95) und Elisabeth Thomas (98) gespannt am Tisch und formen die Hand ums Ohr, um alles mitzubekommen. Die Teenager üben sich im lauten Sprechen, im Geduldigsein. Das „Mensch-ärger-dich-nicht“ geht erst weiter, als eine Dame samt Rollator und Begleit-Schwester vom WC zurück ist. Zeit, um Kaffee nachzuschenken. Den Bufdi anzuflirten. Also nicht von den Schülerinnen, sondern von den alten Damen...

Elisabeth Thomas freut sich jedenfalls, frische, junge Gesichter um sich zu haben, „das finde ich gut“. Spielen auch, vor allem Wissens-Quiz, „da kann man mal zeigen, als man weiß“. Mareike Maurer investiert diese wöchentliche Stunde auch in den Herbstferien, weil sie damit einen Grundstein für ihre berufliche Karriere legen will: „Ich möchte Psychologin werden, kann hier lernen, Kontakte zu knüpfen.“ Auch Sarah Klebuch sieht Vorteile für ihren künftigen Lebenslauf, „aber es macht auch Spaß“. Julia Marae wohnt in der Nähe des Altenheims, sie will „gegen das Einsamsein hier angehen“. Was auf Elli Kalenborn sicher zutrifft, die ihrem verstorbenen Mann nachtrauert und „nicht nur den ganzen Tag auf dem Zimmer sitzen will“. Dass auch ein Tränchen kullert, bedrückt die Mädchen dann doch. „Schülerbesuchsdienst“ steht auf ihren Namens-Schildchen. Manchmal ist es mehr als das.