„Autobumser”: Leidtragende für manipulierte Unfälle werden wahllos ausgewählt
Es ist einer der Albträume für Autofahrer: in einen Bagatellunfall verwickelt zu werden mit all den damit verbundenen Scherereien mit Polizei, Justiz, Unfallgegnern und Versicherungen – und dabei das Gefühl nicht loszuwerden, dass irgendetwas an der Sache nicht gestimmt habe. Solche manipulierten Unfälle kommen nicht oft vor, aber es gibt sie. Und Arno Sturm vom Verkehrskommissariat der Polizei in Ruhrort weiß, dass es vor allem an seinen Kollegen im Streifendienst liegt, ob die Ungereimtheiten bei der Unfallaufnahme stillschweigend auffallen und weitergeleitet werden oder ob das Unfallopfer mit seinem unguten Gefühl allein bleibt.
Drei Arten von fingierten Autounfällen
„Es gibt drei Arten solcher Unfälle”, sagt Sturm. Beim provozierten Unfall würde der Leidtragende wahllos ausgesucht. „Dafür werden typischerweise menschenleere Straßen im Dunkeln ausgewählt”, so der Verkehrskommissar, wo es also keine Zeugen gibt und wo jemand, der eigentlich die Vorfahrt zu beachten hätte, von einem anderen Autofahrer, der die Vorfahrt erzwinge, mit hohem Tempo überrascht werde. „Oft ist es der Fingerzeig eines Komplizen, der das möglich macht”, sagt Sturm. Der Komplize aber falle dem Unfallopfer nicht auf. Der Polizist erinnert sich da an einen Vorfall in Neumühl. Durch Zufall habe das Unfallopfer aus dem Mund eines kleinen Jungen den Satz gehört, „der hat das schonmal gemacht.” Mit diesem Satz konnten die Ermittlungen der Beamten beginnen.
Für den zweiten Unfalltyp, den manipulierten Unfall, ist dagegen typisch, dass beide Fahrzeuge von den Tätern gefahren werden. Arno Sturm: Man leihe sich einen hochwertigen Wagen mit Vollschutzbrief oder nehme einen Firmenwagen und lasse es dann im fließenden Verkehr, am besten ohne jede Ampel und so, dass es für den Verursacher nur eine Verwarnung gebe, zum Unfall mit einem alten, aber noch nicht schrottreifen Wagen kommen. „Der Verursacher darf es nicht mit dem eigenen Wagen machen”, so der Kommissar. Beim Leihwagen nämlich sei der Vorteil für die Täter der, dass davon nicht auf Ortskenntnis des Fahrers geschlossen werden könne. Eine Variante dieses Typs sei, wenn man einen Altschaden am Wagen mit einem Neuschaden abwickele, einer angeblichen Unfallflucht etwa.
Mit Alt-Schäden den nächsten Unfall bauen
Vom Typ des „total fingierten Unfalls” schließlich sprechen die Experten dann, wenn jemand mit Altschäden am Fahrzeug einen Autofahrer finde, der die Verursachung auf seine Kappe nehme, etwa weil er einen Unfallschaden bei der Versicherung frei habe, also ohne Höherstufung. „Vor allem bei leichten Schäden kommt ja kein Gutachter raus”, weiß Sturm. Eine polizeiliche Aufnahme finde nicht statt. Niemand prüfe also, ob am zweiten Fahrzeug tatsächlich ein Schaden vorliege.