Duisburg. .

Astrid Schulte im Ruhestand? Eigentlich undenkbar: 38 Jahre hat sie energisch und unerschrocken für den Einzelhandel in Duisburg geworben und gestritten, klar und deutlich kritisiert, was aus Sicht der IHK in die falsche Richtung lief, nachdrücklich vor allem die Stärkung der gewachsenen Innenstadt gefordert.

Das Thema treibt die temperamentvolle Geschäftsführerin der Duisburger Industrie- und Handelskammer immer noch um – und manchmal auch auf die Palme. Etwa wenn es um Großprojekte wie Factory Outlet Center (FOC) oder Möbelzentrum auf dem „Freiheit“-Gelände geht.

„Es wird immer schwieriger, sich als Stadt regional zu profilieren“, ist sie überzeugt. Durch den Gleichklang von Einzelhandel, Gastronomie und Architektur in den meisten Innenstädten reduziere sich nach und nach die Zahl der Standorte, „die aus der Norm herausragen“. Düsseldorf, Köln, Münster oder Dortmund könne das eventuell gelingen. „Und Duisburg hätte die Chance auch.“

Und zwar durch konsequente Orientierung auf den Foster-Masterplan für die City. Stattdessen plane man in Duisburg besagte Großprojekte trotz „gesättigter Märkte“ und seit über einem Jahrzehnt stagnierenden Handelsumsätzen. Zwar ziehe ein Outlet Center Kaufkraft von außerhalb an, aber auch die bestehende City lebe von auswärtigen Kunden.

Der Nachfolger ist schon da

Astrid Schultes Nachfolger wird der 35-jährige Michael Rüscher. Er ist seit September bereits in der IHK-Hauptgeschäftsstelle tätig. Rüscher studierte Geografie, Soziologie und Politische Wissenschaften in Berlin mit Schwerpunkt im Bereich der Stadtgeografie und -soziologie sowie in der Wirtschaftsgeografie. Im Rahmen eines Forschungsaustauschprogramms besuchte er im Jahr 2004 die University of Illinois in den USA und untersuchte dabei Strategien zur Aufwertung von Innenstädten. Parallel zum Studium war Rüscher für eine Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung in Berlin tätig. Nach seinem Studium war er Wirtschaftsförderer in Bernkastel-Kues (Mosel), dann bei der Düsseldorfer IHK Referent in der Abteilung „Handel, Dienstleistungen, Regionalwirtschaft und Verkehr“. Danach wurde er stellvertretender Leiter der IHK-Zweigstelle in Velbert. Rüscher ist im Sauerland geboren. Er wohnt heute in Dortmund.

Es werde Auswirkungen geben auf die Innenstadt und auf die Stadtteilzentren, ist Schulte überzeugt, vor allem dann, wenn das Hamborner Outlet sich auf preiswerte Ware verlege: „Ein FOC mit ganz hochwertigen Marken wäre eher zu verkraften als eines im mittleren Bereich.“ Nach wie vor plädiert sie für einen FOC-Standort an oder in der Innenstadt. Die Planung eines zweiten Zentrums im Norden der Stadt sei „völlig verfehlt“, am Ende stehe nicht ein starkes Duisburger Zentrum, sondern „zwei Zentren mit mittlerer Bedeutung“. Schulte: „Das wird der Innenstadt nachhaltig schaden.“ Schon jetzt warteten an Duisburg interessierte Filialisten mit Investitionsentscheidungen ab, es gebe wieder Stillstand wie in Zeiten der der jahrelangen Multi Casa-Diskussion.

Auf dem „Freiheit“-Gelände am Hauptbahnhof habe man die Chance gehabt, an ein Erfolgsmodell anzuknüpfen: „Vom Innenhafen ist jeder begeistert.“ Vor allem auch die Duisburger selbst. Schulte: „Dann kommt die regionale Strahlkraft von ganz alleine.“ Ähnliches wäre auf der „Freiheit“ möglich gewesen, wenn auch in einem längeren Zeitraum von 15 bis 20 Jahren.

Was jetzt dort entstehe in Form eines Möbelzentrums mit viel zu großem Randsortiment bedrohe wiederum den eingesessenen Handel in der Innenstadt und in den Stadtteilzentren. Schulte an die Adresse der Politik: „Man hätte klare Grenzen setzen müssen.“

Lob gibt’s aber auch: „Die Innenstadt hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt.“ Das Einkaufszentrum „Forum“ an der Königstraße sei „hochgelungen“. Aber auch diese Fortschritte seien nicht von alleine gekommen, sondern einer Initiative unter anderem der IHK zu verdanken, die sich der Planung eines Konsum- und Freizeitzentrums auf dem Güterbahnhofsgelände entgegengestellt habe unter anderem mit dem Nachweis nutzbarer Flächen in der Innenstadt: „Mit diesem Projekt haben wir die Wende eingeleitet in den Köpfen.“ Freunde bei den Planern hat sich Schulte damit nicht gemacht.

Zweites großes Thema ihrer Amtszeit sei der Ladenschluss gewesen, der jetzt wieder politisch debattiert werde. „Man sollte den Sonntag als freien Tag für möglichst viele Menschen bewahren“, ist Schultes Ansicht. Ansonsten solle man „sich aufstellen, wie es der markt verlangt“ und vor allem „nicht alles bis ins Detail regeln“.

Am 31. Dezember endet ihre Zeit bei der IHK, und am 1. Januar wird Astrid Schulte 65. Ihre Hobbys will sie dann intensiver pflegen: Lesen, Kunst, Reisen. Ihre Ziele, wen wundert’s: große Städte wie Berlin oder Rom. „Ich habe ein hohes Faible für Urbanität.“