Duisburg. In Duisburg-Homberg stiegen am Mittwoch dunkle Rauchschwaden in den Himmel. Das Chemiewerk Sachtleben brannte. Die Feuerwehr war mit über hundert Leuten mehrere Stunden im Einsatz, Gefahr für die Anwohner soll nicht bestanden haben.

Schwarze Rauchwolken verdunkelten am Dienstag in den frühen Morgenstunden den Himmel über Homberg. Der Grund: Ein Brand im Chemiewerk Sachtleben. Gefahr für Mensch und Umwelt bestand nach Angaben des Unternehmens allerdings nicht. Mehr als 100 Feuerwehrleute waren mehrere Stunden lang im Einsatz.

Um 8.22 hatte ein Mitarbeiter von Sachtleben einen Brand im Filterpressegebäude neben der Schwefelsäurenanlage entdeckt und gemeldet. Zwei Minuten später war bereits die werkseigene Feuerwehr vor Ort. Unterstützung durch die Berufsfeuerwehr rollte wenige Minuten später an. Um 9.15 war der Brand nach Angaben von Unternehmenssprecher Axel Markens unter Kontrolle. Auch dann noch flackerten immer wieder einzelne Glutnester auf, die jedoch sofort gelöscht wurden.

Zufällig keine Angestellten im Gebäude

Der schwarze Qualm über Homberg, der auch auf der anderen Rheinseite noch deutlich zu sehen war, wurde Markens zufolge nicht von im Werk gelagerten und verarbeiteten Chemikalien verursacht. Vielmehr war er auf die in Flammen stehenden Kunststoffrahmen der Filterpressanlage zurückzuführen. Die Folgen des Feuers waren heute Morgen deutlich zu sehen. Durch die enorme Hitzeentwicklung in dem kaminförmigen Gebäude wurden Seitenverglasung und Dach komplett zerstört.

Dass zum Zeitpunkt des Feuers keine Angestellten im Gebäude waren, ist einem Zufall zu verdanken: Wegen der Finanzkrise wurde dort seit einer Woche nicht gearbeitet. „Betriebsbedingt, weil wir eben weniger Nachfrage hatten”, erläutert Markens. Noch bis zum 6. März sollte die Filterpressenanlage stillstehen. Wäre die Betriebspause nicht gewesen, hätten heute Morgen zwei Menschen in der Anlage gearbeitet.

Keine Luftbelastung

Aufgrund der sehr starken Rauchentwicklung wurden die Anwohner gebeten, vorsichtshalber Türen und Fenster geschlossen zu halten und ihre Häuser nicht zu verlassen. Eine Emissionsuntersuchung des von Sachtleben angeforderten Landesumweltamtes auf chlor- und schwefelhaltige Stoffe ergab aber keine Belastung der Atemluft, so dass gegen 13 Uhr Entwarnung gegeben werden konnte. Auch „vom Löschwasser geht keine Gefahr aus”, wie Peter Bettels vom Amt für Umwelt und Grün mitteilen konnte.

Den bei Sachtleben entstandenen Sachschaden schätzt das Unternehmen auf über eine Million Euro. Die Brandursache ist noch unbekannt, da bei der ausgebrannten Halle Einsturzgefahr besteht, konnte sie bisher noch kein Brandsachbearbeiter der Polizei betreten. Die Löscharbeiten waren gegen 13 Uhr weitgehend abgeschlossen, so dass die Absperrmaßnahmen um das Gelände herum um 13.30 aufgehoben werden konnten.

Das Unternehmen Sachtleben

Seit 1892 gehören die Schlote von Sachtleben zum Duisburger Stadtbild dazu. Was 1878 als kleines Unternehmen in Schöningen gegründet wurde und 14 Jahre später an den Rhein zog, hat sich längst zu einem international agierenden Konzern gemausert.

Rund 1700 Mitarbeiter an den beiden Standorten in Duisburg und Pori, Finnland, erwirtschafteten im Jahr 2008 einen Umsatz von 550 Millionen Euro. Allein auf den 800.000 Quadratmetern Werksgelände in Duisburg arbeiten täglich 1000 Menschen. Mit 300 Millionen Euro entfiel letztes Jahr über die Hälfte des Firmenumsatzes auf den Duisburger Standort.

Sachtleben verdient sein Geld im Wesentlichen mit der Herstellung von zwei Stoffen: Titandioxid und Zink-Barium. Seit dem Zusammenschluss mit dem finnischen Unternehmen Kemira Oyj im September 2008 ist Sachtleben einer der weltweit führenden Produzenten von Titandioxid.

Titandioxid ist Nicht-Chemikern unter einem Pseudonym besser bekannt: Als Farbstoff E178 sorgt es dafür, dass die Zuckerglasur von Pfeffernüssen schön weiß statt unansehnlich glasig ist. Auch die Farbe von weißen Tabletten verdankt sich dem Stoff.

Zink-Barium kommt vorwiegend als Zusatzstoff in Farben und Lacken zum Einsatz, hier erfüllt es eine brandhemmende Funktion. Außerdem sorgt es als Kontrastmittel zum Beispiel in Kinderspielzeug dafür, dass beim Röntgen der verschluckte Legostein gut zu erkennen ist.

Seit 2004 gehört Sachtleben zur Rockwood Firmengruppe. Eine Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland ist nach Aussage von Geschäftsführer Dr. Andreas Grünewald aber nicht geplant. „Wir investieren in den Standort hier, wir wollen diesen Standort erhalten.”

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