Duisburg..
Mutig und eigenwillig hat Martin Schläpfer das Ballett zu einem viel beachteten, ja bewunderte Aushängeschild der Rheinoper gemacht. Mit „Unleashing the Wolf“ erlebte beim Tanzabend „b.08“ seine bisher sperrigste Choreographie, zu der Regina van Berkel Intermezzi entwickelt hat, ihre Duisburg-Premiere.
Schon die drei Paukenschläge, mit denen der Musik-Performer Paul Pavey das Stück eröffnet, wirken wie die Ankündigung eines düsteren Rituals. Auf der Bühne, die mit ihren grauen Wänden und Gitterstäben als seltsames Gehege gedeutet werden kann, ringen die Tänzer mit grauen Fellen. Zu Paveys pulsierenden elektronischen Klängen, zu archaisch-kehligen Lauten, zu Percussion auf Pauken und einer ganzen Reihe kurioser Instrumente, zu auf dem Flügel gespielter und auf seinen Saiten gezupfter Musik entwickelt sich eine rätselhafte Choreographie, die mal das Wilde, Ungezähmte des Wolfs „heraus lässt“, dann aber in völliger Stille Figuren verlangsamt und ganz erstarren lässt. Erkennbar werden auch Schwäche und der Wunsch nach Geborgenheit. Das alles wirkt sehr ernst und bedeutungsschwer, bleibt ohne Brechung; und auch ein gedanklicher Kern erschließt nicht.
Preisgekröntes Streichquartett
Dennoch war der Beifall für Schläpfer und Pavey groß, wobei natürlich auch die Weltklasse-Compagnie gefeiert wurde, die zuvor schon mit „Streichquartett“ sowie „Two“ und „Solo“ das Publikum begeistert hatte.
Das preisgekrönte „Streichquartett“ hat Martin Schläpfer 2005 mit dem Ballett Mainz erarbeitet. Und tatsächlich hört man diese flirrende, tropfende, piepsende Musik von Witold Lutoslawski, die wunderbar ruhig fließen und sich zu fast schmerzhafter Höhe aufschwingen kann, durch Schläpfers Choreographie ganz neu. Hier wird aus dem Ton so schlüssig Bewegung entwickelt, dass es nur so und nicht anders möglich scheint. Schläpfer hört im Streichquartett Musik übers Fliegen – und lässt seine Compagnie in 30 Mini-Szenen flattern und schweben, drehen und springen, eben ein ganz großes Bewegungs-Vokabular aufblättern, dem man gebannt zuschaut.
Schließlich die beiden meisterlichen Miniaturen von Hans van Manen: „Two“ ist ein wunderschöner Pas de deux zu Busonis Berceuse „Berceuse Elegiaque“ („Des Mannes Wiegenlied am Sarge seiner Mutter“), in dem Marlucia do Amaral und Remus Sucheana ganz sanft und innig einen Abschied tanzen. Und „Solo“ zu einer Bach-Corrente ist eine Choreographie, in der sich drei Tänzer das „Solo“ wie in einer Stafette teilen, wäre es doch einem Tänzer unmöglich, dieses irre Tempo durchzuhalten. Es ist ein Feuerwerk aus unglaublichen Drehungen, Schrittfolgen und Armbewegungen, die den Zuschauer fast schwindeln lassen. Ein Kunststück, das mit Jubel und Bravos gefeiert wurde.