Duisburg. . Er soll sie von hinten gewürgt und brutal an den Haaren gezogen haben: Die Duisburgerin Sevim K. (Name von der Redaktion geändert) erhebt schwere Vorwürfe gegen einen Kriminalpolizisten aus dem Duisburger Präsidium.

Schwere Vorwürfe erhebt die Duisburgerin Sevim K. (Name von der Redaktion geändert) gegen einen Kriminalpolizisten aus dem Duisburger Präsidium. Dieser Mann soll sie am vergangenen Freitag von hinten gewürgt und brutal an den Haaren zu Boden gezogen haben. Rund 50 Passanten, die nach Hilferufen der Frau herbeigeeilt kamen und eine Menschentraube bildeten, soll er zudem mit dem Einsatz seiner Schusswaffe gedroht haben.

Auslöser dieses Übergriffs war eine vermeintliche Unfallflucht von Frau K., die der Polizist zuvor beobachtet haben will. Die Situation eskalierte daraufhin. Gegen den Beamten liegt eine Anzeige wegen Körperverletzung im Amt vor. Sevim K. wurde wegen versuchter Unfallflucht und Widerstand gegen einen Polizeibeamten angezeigt.

Was war genau geschehen? Sevim K., eine 38-jährige, zierliche und gepflegte Frau mit türkischer Staatsbürgerschaft, die in Krefeld geboren wurde und seit 2007 in Duisburg lebt, schildert den Fall so: Am Freitag wollte sie zu ihrer Bank und suchte im Parkkarree am Kuhlenwall nach einem Stellplatz. Einen Versuch, dort einzuparken, brach sie ab, weil die Lücke zu eng war. Sie war sich aber nicht sicher, ob sie einen der parkenden Wagen gestreift hatte.

Zweifel an der Echtheit des Polizisten

Aufgrund der Verkehrssituation konnte sie jedoch nicht sofort stehen bleiben, sondern wollte erst eine Runde um die Parkinsel drehen, um einen anderen Platz für ihr Auto zu suchen und dann nach dem anderen Wagen schauen zu können. „Wenn ich hätte flüchten wollen, wäre ich vorher sofort aus dem Rondell herausgefahren. Das habe ich nicht getan“, erklärte Sevim K. der WAZ bei einem Treffen am Tatort.

Plötzlich setzte sich ein kleiner Pkw direkt vor sie. Ein Mann stieg aus, kam zum Seitenfenster und schrie sie an: „Steigen sie aus, sie sind verhaftet.“ Zudem ergriff er durch das Fenster den Zündschlüssel. Dem Mann überreichte sie ihren Führerschein. Doch als er dann forderte, dass sie sich sofort in seinen Wagen zu setzen habe, bekam Sevim K. Angst. Die Zweifel wuchsen, ob dies ein Polizist ist. Die Frage nach einem Ausweis beantwortete er, so Sevim K., mit einem Würgegriff von hinten. Er habe sie mit Gewalt zu seinem Auto bringen wollen. „Ich dachte, er wollte mir etwas antun. Da habe ich laut um Hilfe geschrien.“

Der Mann zwang die weinende Frau auf die Knie. Nun meldeten sich herbeigeeilte Passanten zu Wort. „Lassen sie die Frau los, die kann ja kaum noch atmen“, hätten einige aus der rund 50 Personen großen Menschenmasse gerufen. Der Beamte, der in Zivil und nicht im Dienst war, soll sich bedroht gefühlt und seinerseits mit dem Gebrauch seiner Waffe gedroht haben. Doch immer hielt er die Frau fest im Griff, weil er weiter Fluchtgefahr vermutete. Sevim K.: „Ich fühlte mich missbraucht und gedemütigt.“ Zahlreiche Zeugen hatten da bereits die Polizei über den Notruf alarmiert. „Als die Streifenpolizisten ankamen, war ich erleichtert. Da wusste ich: Ich bin in Sicherheit“, erzählt die Frau.

Zehn Zeugenaussagen liegen vor

Auf Anfrage bei der Polizei Duisburg bestätigte Sprecher Stefan Hausch, dass die beiden Anzeigen vorliegen. Der Beschuldigte sei ein Kollege der Kriminalpolizei und „ein erfahrener Beamter“. Er verrichte weiterhin seinen Dienst. Nach der Anzeige müsse seitens der Staatsanwaltschaft geprüft werden, ob ein Strafverfahren gegen den Polizisten eingeleitet wird. Erst danach würde die Behörde entscheiden, ob es auch noch ein Disziplinarverfahren gibt. Die Ermittlungen dauern an.

Hausch bestätigte auf Anfrage, dass bereits zehn Zeugenaussagen vorliegen, die den Sachverhalt schildern. „Die Situation ist wohl aus dem Ruder gelaufen und hat eine unerwünschte Eigendynamik entwickelt, weil einiges falsch gelaufen ist – auf beiden Seiten“, so Hausch. Er betonte, dass es sich bei Unfallflucht um einen Straftatbestand handelt. In einem solchen Fall gelte das Jedermann-Festnahmerecht, das nicht nur Polizisten, sondern jedermann erlaubt, die drohende Flucht eines frisch auf der Tat Ertappten zu verhindern, um dessen Identifizierung zu ermöglichen.