Duisburg..

Wohlstand signalisieren die Fassaden: Stuck, aufwendig gerahmte Fenster, bürgerliche Bauformen – aber der Wohlstand ist Vergangenheit. Das Abreißen ganzer Straßenzüge ist in Bruckhausen fest eingeplant. Ob es danach besser wird, ist für Mehmet Yildirim eher zweifelhaft.

Seit 18 Jahren ist der Geschäftsmann in dem Duisburger Stadtteil tätig, der als der problematischste gilt. Hoher Anteil armer Einwohner, die zum Teil in dritter Generation auf Sozialhilfe angewiesen sind, hoher Ausländeranteil, die unmittelbare Nähe zu den Werksanlagen von Thyssen -Krupp.

Diese Nähe zum Werk, gute Wohn- und Geschäftslage zugleich, bescherte einst den Wohlstand, der sich heute noch in den vielfach schmucken Fassaden ausdrückt. Doch diese Fassaden zeigen auch den Dreck der letzten Jahrzehnte, die Vernachlässigung: Vernagelte Fenster, eingetretene Türen, aufgegebene Gebäude, leere Grundstücke, wo der Bagger an Bruckhausen nagt, um einen Grüngürtel zwischen Bebauung und Stahlproduktion zu legen.

Ja klar, sagt Yildirim, seien die Häuserfronten, etwa an der Reinerstraße, schön: „Das Äußere ist traumhaft.“ Weniger schön sei es in vielen Fällen dahinter: feuchte Wohnungen, schlechte innere Bausubstanz. Die Hauseigentümer wohnten meist im Grünen, weiß der Inhaber eines Bistros: „Wer hier noch investiert hat, sind die Türkischstämmigen.“ Aber auch von denen hätten viele schon Bruckhausen den Rücken gekehrt.

Von der Reinerstraße kommen wir auf den Wilhelmplatz, der vor gar nicht langer Zeit aufwendig neugestaltet wurde, neues Pflaster unter alten Bäumen. Links wirbt der TSV Bruckhausen, rechts ist seit Jahren ein großer türkischer Lebensmittelmarkt, geradeaus die katholische Kirche und daneben ein Neubau der „Werkkiste“, finanziert von einem Schuhfilialisten, wo Jugendliche aufs Berufsleben vorbereitet werden.

Viel Geld sei in den letzten Jahren und Jahrzehnten nach Bruckhausen geflossen, sagt Yildirim. Viele Straßen schmückt Verbundpflaster, Bäume wurden gepflanzt, aber richtig grün ist’s in Bruckhausen eher selten, wie im Umfeld der evangelischen Kirche. „Wir haben hier viele Fehler gemacht“, meint Yildirim. Man habe versucht, Studenten nach Bruckhausen zu locken, doch die seien nicht geblieben. Man habe Kindertagesstätten gebaut für eine für Duisburger Verhältnisse junge Bevölkerung, aber eine davon ausgerechnet gegenüber der alten Thyssen-Kokerei, die bis zur Stilllegung für eine hohe Schadstoffbelastung ringsum mitverantwortlich war.

Über die Dieselstraße kommen wir am Kulturbunker vorbei zum Hans-Raulien-Platz, dem legendären Schupo von Bruckhausen gewidmet, und zum Heinrichplatz mit alten Bäumen und teils liebevoll renovierten Fassaden. Der Verband türkisch-stämmiger Unternehmer (TIAD) hätte diesen Platz durch eine größere Abrisszone gerne zur Kaiser-Wilhelm-Straße geöffnet, um den Markt auswärtigen Thyssen-Beschäftigten nahe zu bringen – daraus wird nichts. Obwohl: Zwischen Markt und Werk ist Bruckhausen schon Abbruchhausen, stehen viele Häuser ganz oder teilweise leer, haben Grüngürtel-Bagger Lücken in die Häuserfronten gebrochen. Ob es den Stadtteil retten kann? Dickes Fragezeichen!

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