Duisburg/Münster. .

Die Chefärztin der Herzchirurgie am Herzzentrum wird mehrere Tage lang nicht operieren können. Sie wird dann auf der Anklagebank sitzen: Prof. Dr. Sabine Däbritz wird wegen einer Rufmordkampagne an der Uni-Klinik Münster der Prozess gemacht.

Neustart: Prof. Dr. Sabine Däbritz im Herbst 2008 mit Professor Arno Krian vor dem Herzzentrum in Duisburg. Sie ist seine Nachfolgerin als Chefärztin der Herzchirurgie. Foto: Andreas Mangen / waz
Neustart: Prof. Dr. Sabine Däbritz im Herbst 2008 mit Professor Arno Krian vor dem Herzzentrum in Duisburg. Sie ist seine Nachfolgerin als Chefärztin der Herzchirurgie. Foto: Andreas Mangen / waz © A.Mangen / waz

Der Fall war fast schon in Vergessenheit geraten. Die 8. Große Strafkammer des Landgerichtes Münster hatte zwar schon vor eineinhalb Jahren die schwerwiegende Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen und sich seitdem mit einem Verhandlungstermin schwer getan – jetzt aber wird der Chefin des Herzzentrums in Duisburg-Meiderich und ihrem Freund doch noch – vier Jahre nach den ersten Ermittlungen – der Strafprozess gemacht. „Die Vorladungen werden jetzt zugestellt“, bestätigte Behördensprecherin Karin Waldeyer-Gellmann auf NRZ-Anfrage. Den genauen Verhandlungstermin wollte sie aber zunächst noch nicht preisgeben.

Anonyme Briefe mit schweren Vorwürfen

Zehn von 13 Anklagepunkten der Staatsanwaltschaft sind gegen Sabine Däbritz zugelassen worden, die elf Vorwürfe gegen ihren Lebensgefährten im vollen Umfang. Die Medizinerin, die fachlich einen exzellenten Ruf genießt, soll während ihrer Zeit an der Universitätsklinik Münster gemeinsam mit ihrem Freund anonyme Schreiben verschickt haben, in denen sie dem Klinikum vermeintliche Fehler vorwarf. Der Fall sorgte damals für großes Aufsehen. Die Briefe gingen an Angehörige Verstorbener, an die Generalstaatsanwaltschaft Hamm und an Journalisten. Ziel soll es gewesen sein, den Leiter der Herz-Thorax-Chirurgie in Münster zu diskreditieren.

Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer erläutert seine Sicht: „Frau Däbritz hat versucht, den Leiter der Herz-Thorax-Chirurgie zu diskreditieren, damit dieser vorzeitig aus dem Dienst entfernt wird. Sie wollte früher als geplant Leiterin der Herzabteilung werden.“ Wegen siebenfacher Verletzung von Privatgeheimnissen muss sich Däbritz verantworten, weil sie laut Anklage Informationen von Patienten weitergegeben hat. Außerdem wird sie der falschen Verdächtigung, der versuchten Nötigung, der Verleumdung und eines Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz beschuldigt.

Der Prozess stellt das Meidericher Herzzentrum vor Probleme: Die Chefärztin wird an den kommenden Verhandlungstagen auf der Anklagebank gebunden sein, nicht operieren können.  Foto: Friedhelm Geinowski
Der Prozess stellt das Meidericher Herzzentrum vor Probleme: Die Chefärztin wird an den kommenden Verhandlungstagen auf der Anklagebank gebunden sein, nicht operieren können. Foto: Friedhelm Geinowski © NRZ

Gegen ihren Lebenspartner, einen Unternehmensberater, besteht der „hinreichende Verdacht“, in neun Fällen personenbezogene Daten unbefugt verbreitet zu haben. Dazu wird ihm vorgeworfen, er habe sich der Verleumdung, der Nötigung und der falschen Verdächtigung schuldig gemacht. Bei der Höhe der möglichen Strafen wäre normalerweise nur das Amtsgericht zuständig. Das Landgericht Münster hatte sich aber dem Standpunkt der Staatsanwaltschaft angeschlossen. Die hat dem Verfahren (mit einem großen Umfang und wahrscheinlich 34 Zeugen samt vielen Sachverständigen) eine „besondere Bedeutung“ unterstellt. Ein entsprechend langer Prozess wird erwartet.

Der Prozess stellt das Meidericher Herzzentrum vor Probleme: Die Chefärztin wird an den kommenden Verhandlungstagen auf der Anklagebank gebunden sein, nicht operieren können.

Die Vorwürfe gegen Däbritz waren in Duisburg bekannt. Die Klinik dort gehört zu den fünf führenden Herzzentren bundesweit.

Klinikchef hält an Chefärztin fest

Dass es jetzt zur Verhandlung kommt, davon zeigte sich Geschäftsführer Otto Eggeling auf NRZ-Nachfrage überrascht („wir wissen vom Prozess nichts“), hält aber an seiner Chefärztin fest: „Wir wollen keine Vorverurteilung, sind mit Frau Däbritz sehr, sehr zufrieden!“

Genau das Gegenteil ist allerdings aus der Universitätsklinik Münster zu hören. Von dort kommen auf Däbritz und ihren Partner noch umfangreiche zivilrechtliche Forderungen zu. Die Klinik behauptet, durch die Rufmordkampagne sei ihr ein Millionen-Schaden entstanden. Die Klage auf 1,5 Millionen Euro Schadensersatz wurde zunächst vom Arbeitsgericht Münster abgelehnt. „Wir sind in die Berufung gegangen“, bekräftigt Kliniksprecherin Simone Hoffmann. Damit beschäftigt sich momentan – beinahe parallel zum Strafprozess - das Landesarbeitsgericht Hamm.