Duisburg.
Seit eineinhalb Jahren ist Christoph Meyer Generalintendant der Deutschen Oper am Rhein. WAZ-Redakteurin Anne Horstmeier sprach mit ihm über seine Pläne für Duisburg: "Wir wollen hier ein Qualitätsniveau halten, das man in Deutschland suchen muss."
Herr Meyer, was gefällt Ihnen in Duisburg?
Christoph Meyer: Die Duisburger. Sie sind ein toller Menschenschlag mit einer großen Herzlichkeit und eine schönen Direktheit. Es ist eine Stadt in Nöten. In den 80er Jahren konnt ich Duisburg bereits im Rahmen einer Assistenz bei einem Film von Sönke Wortmann erstmals kennen und schätzen lernen.
Ist Duisburg auch eine Opernstadt?
Meyer: Ich würde sie gerne noch mehr dazu machen. Ich sehe es als eine große Aufgabe, mehr Bewusstsein für Oper und Theater zu schaffen. Ohne Oper wäre hier auch Theater langfristig nicht möglich.
Wie wollen Sie Opern-Bewusstsein schaffen?
Meyer: Wir haben in der ersten Spielzeit in Düsseldorf schon einiges bewegen können, auch dadurch, dass wir rausgegangen sind an andere Orte, was wir jetzt auch in Duisburg beginnen. Ein erster Schritt sind die Meisterklassen-Konzerte des Opernstudios, langfristig planen wir auch Auftritte in Museen und anderen Orten. Wir verstärken die Jugendarbeit, etwa durch Kooperationen mit dem Hildegardis-Gymnasium und der Gesamtschule Meiderich. Und wir werden noch stärker erkennbar durch Werbung.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Schulen aus?
Meyer: Hier leisten unsere Theaterpädagoginnen durch Schulbesuche, Führungen und Workshops sehr, sehr gute Arbeit. So werden Schüler zum Beispiel angeregt, Einführungen für Jugendliche zu gestalten und sich so intensiv mit Oper auseinanderzusetzen.
Und wie gehen Sie auf die Jüngeren zu?
Meyer: Wir haben in meiner ersten Spielzeit hier mit dem Kinderstück „Robin Hood“ angefangen, das fast 20 000 Kinder in Duisburg und Düsseldorf gesehen haben. Im März hat die Kinderoper „Der gestiefelte Kater“ wieder in Duisburg Premiere. An den schon erwähnten Workshops haben 3500 junge Leute teilgenommen. Es gab 106 Workshops in Schulen für Klassen von 1 bis 13.
Sie machen in Düsseldorf „Oper am Rhein für alle“ – übertragen also aus dem Haus auf einen öffentlichen Platz. Kommt „Oper am Rhein für alle“ auch nach Duisburg?
Meyer: Das ist eine großartige, aber auch sehr kostenintensive Veranstaltungsform, die ohne Sponsoring nicht möglich ist. Auch für die Live-Übertragung von „La Boheme“ am 9. Juli in Düsseldorf suchen wir noch Sponsoren. Eine zeitgleiche Übertragung der Veranstaltung nach Duisburg wurde schon bei den ersten beiden Malen der Duisburger Politik bereits angeboten.
Hat die Oper bei der Politik genügend Rückhalt auch in Zeiten des Spardrucks?
Meyer: Bei bestimmten Personen ja, es gibt einige sehr interessierte Politiker, es könnten aber durchaus mehr sein.
2014 läuft der Kooperationsvertrag zwischen Düsseldorf und Duisburg aus. Wird er verlängert?
Meyer: Düsseldorf-Duisburg ist das Beispiel für die längste Theater-Ehe, die es gibt; sie ist gut und sinnvoll. Wir werden darum kämpfen darum, dass sie erhalten bleibt.
Es gibt den Vorschlag, einen dritten Partner – wie Wuppertal – mit ins Boot zu holen. Ist das sinnvoll?
Meyer: Sinnvoll ist die Düsseldorf-Duisburger Ehe unter anderem deshalb, weil die Bühnen kostensparend kompatibel sind. Das wäre bei einem dritten Partner mit kleinerer Bühne nicht der Fall.
Würden die Häuser getrennt, gäbe Duisburg mehr auf als die Oper.
Meyer: Ja, das hätte auch andere Konsequenzen. Was würde zum Beispiel mit den Duisburger Philharmonikern passieren? Was passiert mit dem Theater?
Was haben Sie sich vorgenommen, um die Besucherzahlen zu steigern?
Meyer: Wir wollen hier ein Qualitätsniveau halten, das man in Deutschland suchen muss. Wie die extrem exklusiv besetzte „Frau ohne Schatten“. Wir haben hier „Phaedra“ von Henze gemacht und momentan läuft „La Bohème“, die in Düsseldorf in fast allen Vorstellungen ausverkauft war. Wichtig ist mir auch die Gewinnung neuer Besucherschichten aus dem niederrheinischen Umfeld.
Ein spezielles Programm für Duisburg schwebt Ihnen nicht vor?
Meyer: Das wäre – denke ich – nicht richtig. Es gibt in Duisburg und Umfeld das gleiche Potenzial an Publikum wie in Düsseldorf. Warum sollte man da unterscheiden und die Duisburger als Menschen zweiter Klasse bezüglich ihrer geistigen Ansprüche klassifizieren? Was wir nicht leisten können, ist Musical.
Worauf setzen Sie denn?
Meyer: Neben einer attraktiven Programmgestaltung auf so viele Begleitprogramme wie möglich. So bietet unsere Dramaturgie zum Beispiel in der Volkshochschule Veranstaltungen zu Premieren wie „Phaedra“ oder „Peter Grimes“ an. Es muss generell eine aktivere Zusammenarbeit der Kulturinstitutionen geben. Wir werden aktiver auf Menschen und Firmen zugehen.
Kommt Martin Schläpfers Ballett hier genau so gut an wie in Düsseldorf und bundesweit?
Meyer: In Duisburg kommt es auch an, wenn auch nicht so wie in Düsseldorf – aber es lockt. Zu Schläpfer-Abenden, zu „Phaedra“ und „Frau ohne Schatten“ kommen jetzt auch Düsseldorfer nach Duisburg. Wann hat es das gegeben?