Kein Tamtam, kein Tusch, kein Spot. Einfach Stille. In die spazierte Dieter Nuhr hinein, Zettel unterm Arm, Wasserglas in der Hand. So unspektakulär wie sein Einmarsch war auch das Motto, das der Kabarettist für sein neues Programm ausgegeben hat: „Nuhr die Ruhe“. Recht hat ja auch nicht unbedingt der, der am lautesten schreit. Laut gelacht wurde bei den ausverkauften Shows am Mittwoch und Donnerstag im Theater am Marientor dennoch, allerdings auch viel nachgedacht.

Ein Abend mit Dieter Nuhr wird aber noch immer von dem Wunsch des Künstlers dominiert, sein Publikum zu unterhalten. Dafür musste er den Besuchern allerdings zunächst vermitteln, dass gar nicht alles so schlecht ist, wie sie, die Medien und der traurige Rest des Landes denken. „Schlimme Nachrichten überall“ macht Nuhr in letzter Zeit aus. Nun käme auch noch Sex dazu. Erschreckend: „Sogar der schwedische König verfügt über Geschlechtsorgane... Der Mann führt sich auf, als wäre er Kardinal.“ Für gute Witze ist sich Dieter Nuhr nicht zu schade, dem Menschen ans Skrotum zu gehen.

Oder an die politische Meinung. „Sind sie zufrieden mit der Regierung?“, fragte er. „Ja, da kommt jetzt eher schlechte Laune auf.“ Dabei taugten die Verantwortlichen in Berlin doch etwas. Westerwelle würde als Feindbild immerhin das Volk einen, als „unser negativer Nelson Mandela“. Nuhr, nach eigenen Angaben renitent und subversiv, kann bei so vielen Klagen über die politische Situation auch nicht anders, als eine andere – vor allem eigene – Meinung zu präsentieren. „Eine Frau, ein Schwuler, ein Behinderter, einer mit Migrationshintergrund, ein Waisenkind – und das sind die Konservativen.“ Da kann man nicht meckern. Es ist eben nicht alles schlecht. Und doch seien die Menschen der Überzeugung, früher sei alles besser gewesen, erklärte der ruhige Erzähler. Wann das nun genau war, könne aber keiner sagen.

Weil die Angst nie ein guter Ratgeber war, hatte Dieter Nuhr auch ein Gegenmittel für das andauernde Stimmungstief der Menschen: Man solle das Leben einfach nicht so ernst nehmen. Waldsterben, Ozonloch, Atomkraft („Tschernobyl war ein amtlicher Versuch“), Gentechnik, Aids, Rinderwahn, Handystrahlung und Vogelgrippe hätten schließlich auch nicht zum Weltuntergang geführt. „Naiv und bekloppt“ sei Nuhr nicht, und er wolle auch nicht alles schönreden. Doch: „Die Wirklichkeit ist oft besser als unsere Wahrnehmung.“ Und das ist doch mal eine gute Nachricht.