Duisburg. Die Doku-Soap "Erwachsen auf Probe" hat heftige Reaktionen ausgelöst. Wie ist das aber, wenn die Situation keine mediale Inszenierung, sondern Realität ist, wenn man beispielsweise das weinende Kind nicht einfach abgeben kann? Ein Besuch bei zwei Teenagern und ihrem Sohn.
Über die umstrittene RTL-Sendung „Erwachsen auf Probe” heult die deutsche Presse lauter, als es jedes plärrende Baby könnte. Einigkeit herrscht nur in einem: Wenn es zum Weinen nicht mehr reicht, muss der Zuschauer eben lachen – über völlig überforderte Teenager, denen ein Baby in die Hand gedrückt wird. Stefanies und Fabians Ernstfall sitzt unterdessen auf Papas Schoß und schläft. Er heißt Luca und ist vier Monate alt.
Neun Monate, um erwachsen zu werden
Seine Eltern sind beide 17. Vor gut einem Jahr ging plötzlich alles ganz schnell: Neun Monate blieben den Teenagern, um erwachsen zu werden. „Am Anfang war's ein komisches Gefühl, so, in einem Monat werd' ich Vater”, erinnert sich Fabian Kordges. Heute freuen sich die beiden, dass es Luca gibt. Probleme, sagen sie, haben sie keine. Damit das so bleibt, steht ihnen Familienhebamme Julia Hecker-Schurig vor allem mit Rat zur Seite.
„Klar schreit der mal”, erzählt Stefanie. Aber erstens sei das normal, und zweitens weiß die junge Mutter dann schnell, was ihrem Sohn fehlt. Mit dem RTL-Experiment sei das nicht zu vergleichen. „Die haben die Kinder ja gar nicht von Anfang an, die kennen die gar nicht und wissen nicht, was die wollen”, kritisiert sie. „Wie Babysitten auf längere Zeit” findet sie das.
Selbstverständlicher Umgang mit dem Kind
Hecker-Schurig und die junge Familie sind sich darin einig, dass es kein Nachteil sein muss, wenn Jugendliche Eltern werden. Die Erfahrung hat die Familienhebamme gelehrt, dass gerade besonders junge Eltern oft sehr selbstverständlich mit ihrem Kind umgehen. „Dann gelingt auch vieles selbstverständlich und leicht. Der Umgang mit dem Kind, da ist man oft erstaunt, wie gut das gelingt.” Und Stefanie weist darauf hin, dass ältere Eltern zwar älter seien – aber eben nicht mehr: „Wenn man 25 ist, fängt man ja auch bei Null an, man hat ja vorher auch keine Erfahrung damit.”
Kritischer betrachtet Jugendamtsleiter Thomas Krützberg die Situation minderjähriger Eltern. „Die haben oft noch Erziehungsdefizite bei sich selbst und sind oftmals überhaupt nicht in der Lage, ihren Kindern die notwendige Erziehung mitzugeben.” Der richtige Zeitpunkt für ein Kind sei, „wenn die Eltern selbst keine Unterstützung zur Selbstständigkeit mehr brauchen”. Lucas Eltern leben zwar zur Zeit noch von Arbeitslosen-, Kinder- und Elterngeld. Aber nach den Sommerferien wollen sie eine schulische Ausbildung anfangen. Auf Luca wird dann Stefanies Tante aufpassen. Und nach der Ausbildung will die junge Familie für sich selbst sorgen.