Duisburg. .
Schüler berichten bei einer Gedenkfeier von Grausamkeiten der Reichspogromnacht in ihrer Heimatstadt.
Auch in Alt-Hamborn brannte die Synagoge. Die Feuerwehr rührte keinen Finger, um die Flammen zu löschen. Aus dem Textilhaus einer jüdischen Familie wurden die Fenster herausgebrochen.
Einen benachbarten Hutladen zerstörten und plünderten von der Nazi-Propaganda aufgestachelte Gestalten, die vorher einfach Nachbarn und Kunden gewesen waren.
Ereignisse aus der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 mitten in ihrer Heimatstadt Duisburg schilderten Schülerinnen und Schüler der Realschule Hamborn II bei der Feier zum Gedenken an die jüdischen Opfer gestern Abend im Rathaus. Auch Mädchen und Jungen des Max-Planck-Gymnasium hatten sich im Stadtarchiv mit dem furchtbaren stadthistorischen Kapitel befasst und bekannten, dass diese Arbeit ihnen wirklich auf den Magen geschlagen war.
In ihrem Fazit sahen sie sich einig mit Festredner Willi Fährmann, berühmter Jugendbuchautor und gebürtiger Duisburger, der heute in Xanten lebt. „Hass ist ein schlechter Ratgeber. Wir müssen wachsam bleiben“, resümierten die jungen Leute.
Autor Fährmann zu seiner Überzeugung, dass nach über 70 Jahren weiterhin die Erinnerung an die „schwärzesten Stunden der deutschen Geschichte“ wach gehalten werden muss: „Auch das Unrecht besteht fort. Menschenrechte sind auch heute fragile Güter.“
Dann schilderte eine beispiellose Menschenjagd, die sich bereits in den 1890er Jahren abspielte und einem jüdischen Bewohner Xantens die Existenz raubte, seiner ganzen Familie den Boden unter den Füßen wegzog.
Fährmann erzählte, wie er bei den Recherchen für sein Buch „Es geschah im Nachbarhaus“ den Mantel des Schweigens über einem ungeheuerlichen Prozess wegzog, der sich in Xanten tatsächlich ereignet hatte. Eine ganze Schar von 167 Zeugen, dazu Mediziner und Gutachter beschuldigten einen jüdischen Metzger und Viehhändler - ohne dass einer wirklich etwas Richtiges beobachtet hatte - eines grausigen „Ritualmords“ an einem fünfjährigen Jungen.
Selbst der Alibi-Zeuge des zu Unrecht Beschuldigten, ein Kupferschmied, hatte gelogen, weil die sensationslüsterne Meute mit ihm keine Geschäfte mehr machen wollte. Schließlich gestand er seinen Fehler unter Tränen. Es kam zum Freispruch.
Doch die Familie des Metzgers Buschhoff war durch den Rufmord psychisch und existenziell völlig zerstört, verließ Xanten für immer.