Duisburg. .

11.15 Uhr war es, als am Mittwoch am Walsumer Südhafen eine neue Epoche für Deutschlands Stahlstandort Nummer eins begann: Schubschiff „Thyssen 1“ brachte den ersten Leichter mit Brammen aus Brasilien.

2,1 Mio Tonnen sollen es künftig Jahr für Jahr sein.

Zehn Milliarden Euro, die größte Investition in der Geschichte von Thyssen-Krupp und seiner Vorgängergesellschaften, hat der Stahlkonzern in ein integriertes Hüttenwerk in Brasilien und in ein Walzwerk im US-Staat Alabama investiert.

Ein Hochofen an der Küste des Bundesstaates Rio de Janeiro ist bereits in Betrieb, der zweite soll im November folgen. Fünf Mio Tonnen Stahl werden dort ab 2011/2012 produziert. Drei Mio Tonnen gehen nach Alabama, der Rest zur Weiterverarbeitung nach Deutschland.

Ganz wohl war den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat des Stahlkonzerns nicht beim Gedanken an billigere Stahllieferungen aus der Ferne nicht. Sie drängten auf Investitionen in die deutschen Standorte (siehe „Drei Fragen“). 208 Mio Euro flossen in heimische Anlagen, der größte Teil in die Warmbandwerke Beeckerwerth und Bochum, wo die Brasil-Brammen weiterverarbeitet werden.

69 dieser Stahltafeln, jede zehn Meter lang und 28 Tonnen schwer, brachte der Leichter VH 64 gestern als erste Lieferung aus Rotterdam, wo nach 18-tägiger Seereise insgesamt 396 Brammen aufs Umladen vom See- aufs Binnenschiff warteten. Im holländischen Hafen wurde eigens für die künftigen Frachten aus dem neuen Werk ein hochmodernes Tiefsee-Terminal gebaut. Für den Weg nach Duisburg braucht eine Schubeinheit mit vier oder sechs Leichtern weitere 20 Stunden.

Auch in den Walsumer Hafen wurde kräftig investiert, unter anderem in einen Kran mit Dauermagneten, der Stahlbrammen entlädt, ohne dass Menschen Ketten oder Taue anlegen müssen.

„Auf dieses Schiff warten wir seit fünf Jahren“, so Thyssen-Krupp-Stahlchef Edwin Eichler. Das Engagement in Brasilien und USA sei ein „großer strategischer Schritt“ und erschließe dem Konzern neue Märkte und Kunden. 45 000 Menschen seien mit dem Bau der neuen Werke beschäftigt gewesen, viele Thyssen-Krupp-Spezialisten über Jahre – und noch immer – in Amerika im Einsatz gewesen.

In den letzten Jahre musste Thyssen-Krupp, um die Nachfrage zu befriedigen, 200 Mio Tonnen Stahl bei anderen Produzenten zukaufen.