Duisburg. .

Ende des Jahres ist die Stadt genau genommen insolvent: Das Eigenkapital wird dann nach Angaben von Stadtkämmerer Dr. Peter Langner aufgebraucht sein, die Bilanz des Unternehmens Stadt entsprechend ausfallen.

Ende des Jahres ist die Stadt genau genommen insolvent: Das Eigenkapital wird dann nach Angaben von Stadtkämmerer Dr. Peter Langner aufgebraucht sein, die Bilanz des Unternehmens Stadt entsprechend ausfallen. Per Gesetz ist das eigentlich verboten: „Eine Stadt darf sich nicht überschulden“, so heißt es da.

„Als vor zehn Jahren festgeschrieben wurde, dass auch die Kommunen die kaufmännische Buchhaltung einführen, konnte sich niemand vorstellen, dass eine Stadt oder Gemeinde das Eigenkapital komplett aufgezehrt hat“, erklärt Dr. Langner. Als die Stadt Oberhausen ihre Eröffnungsbilanz vorlegte, war das aber dort schon der Fall. Ende des Jahres wird das nun auch in unserer Stadt eintreten. „Und bis 2012 werden es schon 35 sein, die in der Schuldenspirale sind.“

Sparanstrengungen

Dass die Stadt immense Sparanstrengungen gemacht hat, haben die Ratsmitglieder seit dem 4. Oktober schriftlich: Im Jahresabschluss 2009 ist festgehalten, was die Stadt am Ende tatsächlich eingenommen und ausgegeben hat. Mit einem Defizit von 149 Millionen Euro war im Haushaltsplan gerechnet worden. Tatsächlich fiel der Defizit aber höher aus: 187 Mio. Euro fehlen tatsächlich in der Kasse und müssen über Kredite finanziert werden.

Dr. Langner: „Es gibt gute und schlechte Kredite. Wenn Sie ein Haus kaufen und es 28 Jahre lang abzahlen, vererben sie Ihren Kindern vielleicht Schulden, aber auch ein Haus. Das ist ein guter Kredit. Wenn Sie sich aber von der Bank Geld leihen, um zwei- oder dreimal im Jahr einen teuren Urlaub zu machen, ist das ein schlechter Kredit, weil Sie Ihren Kindern Schulden hinterlassen, ohne dass sie einen Gegenwert dafür bekommen. Letzteres sind Kassenkredite für eine Stadt.“

Zurück zu den Sparanstrengungen 2009, dem Jahr der Wirtschaftskrise: Geplant hatte die Stadt mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 220 Mio. Euro, tatsächlich flossen aber nur 110 Millionen Euro. Außerdem stiegen Personalkosten und kommunale Leistungen für Arbeitssuchende um 21 Millionen Euro. „Trotz 121 Mio. Euro weniger in der Kasse stieg das Defizit aber nur um 38 Millionen. Das zeigt deutlich: Die Stadt hat an anderen Stellen gespart.“

Weg aus der Misere

Und mit diesen Sparanstrengungen kann die Stadt bei der Kommunalaufsicht punkten, um dort zu erreichen, was sie selbst nicht mehr darf: die eine oder andere freiwillige Ausgabe doch noch tätigen zu dürfen. Zum Beispiel mehr Ausbildungsstellen zur Verfügung zu stellen.

Doch wo liegt der Ausweg aus dieser Misere, die nicht nur unsere Stadt betrifft? „Ich bin wieder etwas optimistischer, was meine Einschätzung angeht, ob Duisburg in den nächsten Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Die neue Landesregierung führt Gespräche mit uns auf Augenhöhe, die Entschuldung der Städte und Gemeinden ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben und es gibt wegweisende Urteile des Verfassungsgerichts.“

Jüngstes Beispiel: Die Kostenentlastung für die U-3-Förderung, die Duisburg im Jahr 2013 mit weiteren neun Millionen Euro belastet hätte. Doch wer die Musik bestellt, so die Richter, soll sie auch bezahlen. Will der Bund die U-3-Förderung, soll er auch dafür zahlen. Das war in den Vorjahren nicht der Fall. Immer mehr Aufgaben wurden auf die Städte und Gemeinden übertragen, oft ohne finanziellen Ausgleich.

„Wir haben heute noch die gleichen Einnahmen an Gewerbesteuer sowie an Lohn- und Einkommenssteuer wie im Jahr 1990. Seitdem verdoppelten sich die Sozialausgaben und verdreifachten sich die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe,“ erklärt der Kämmerer.

Bevölkerungsentwicklung

Auch die Bevölkerungsentwicklung macht der Stadt zu schaffen: 1975 hatte Duisburg 590 000 Einwohner, heute sind es 100 000 weniger. Da der Anteil der Stadt an der Lohn- und Einkommenssteuer von der Zahl der Einwohner abhängt, bekommt die Stadt 127 Mio Euro weniger. „Das ist fast so viel wie die bestehende Haushaltslücke.“

Um zu sparen, hat die Stadt seit 1990 rund 1500 Stellen abgebaut. „Nicht verlagert in die Tochterunternehmen“, wie Dr. Langner unterstreicht. „Und bis 2013 sollen weitere 680 Stellen abgebaut werden.“

Der Ausweg aus der Misere der überschuldeten Stadt könnte nach Meinung des Kämmerers von drei Säulen getragen werden:

- Es muss das „Verursacherprinzip“ gelten (siehe oben)

- Die Kommunen mit Altschulden brauchen eine Entschuldungshilfe. Darüber werden bereits Gespräche geführt. Doch ist die Angelegenheit „hochschwierig“.

- Es muss weiter gespart werden, um in den Genuss eines Entschuldungsfonds zu kommen.

Nur so könne die Stadt in den nächsten Jahren wieder in die Lage versetzt werden, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Es wäre der erste seit 1992. Und es wäre die Chance, wieder eigene Ermessensspielräume für freiwillige Ausgaben zu bekommen. Zum Beispiel, um mehr Ausbildungsplätze einzurichten.