Duisburg. .

Im Rahmen der Debatte um Marxloh sind wir zu Gast in der Kindertagesstätte Kiebitzmühlenstraße, wo Integration zum Alltag gehört. Als Familienzentrum bietet die Kita auch den Erwachsenen Hilfe an.

Das Möhrengemüse dampft in den Schalen. Geduldig schieben sich die Kinder der Kindertagesstätte Kiebitzmühlenstraße in Marxloh in einer Reihe mit Zug-Geräuschen in den Raum. Lauter Kinder, die Hunger haben, gleich wieder spielen wollen, gerne hüpfen oder lieber klettern, malen oder kleistern, die blond sind oder braunhaarig, groß oder klein, auf Zack oder verträumt - die genau so unterschiedlich sind wie Menschen eben sind.

Aber sie leben in Marxloh und damit wird ihre Verschiedenheit zum bundesweiten Problem. In der Kita sind von 90 Kindern 59 mit Migrationshintergrund, zehn Herkunftsländer sind vertreten. Die Deutsch-Kenntnisse der Kinder sind anfangs ganz unterschiedlich, weiß die Leiterin Andrea Stosch-Tenbrink. Aber je jünger sie sind und je fitter in der Muttersprache, desto schneller lernen sie Deutsch. Zum 13-köpfigen Kita-Team gehören türkisch sprechende Fachkräfte, die gerade bei der Eingewöhnung eine wichtige Rolle spielen. Der Spracherwerb wird in den Alltag eingeflochten: „Was nicht in den Sinn geht, geht nicht in den Geist“, beschreibt Stosch-Tenbrink ihre Maxime. „Wenn ich einen Apfel fühle, rieche, schäle, esse, dann kann ich mir auch das Wort dazu merken.“

Hilfe für Erwachsene

Als Familienzentrum bietet die Kita auch den Erwachsenen Hilfe: Sprachkurse für die Mütter etwa, aber auch Eltern-Kompetenz-Training oder Kurse für Mütter mit kleinen Kindern. „Förderbedarf haben hier sowohl deutsche Familien als auch Migranten“, betont die Leiterin. Deshalb plädiert sie dafür, alle Kinder so früh wie möglich in öffentliche Einrichtungen zu geben.

Andrea Stosch-Tenbrink arbeitet seit 20 Jahren in Marxloh. Sie beobachtet, dass sich „sehr viel getan hat. Wir achten die verschiedenen Kulturen und deshalb gibt es auch kaum Ärger zwischen den Nationalitäten“. Das wird beim Frühstücksbuffet pragmatisch deutlich: Auf der Leberwurst sitzt ein kleines Plastik-Schweinchen.

Kaum Überzeugungsarbeit

Melek Ercan, Diplom-Sozialwissenschaftlerin, gibt die Sprachförderkurse in der Einrichtung. Überzeugungsarbeit muss sie kaum leisten: „Die Eltern wünschen, dass ihre Kinder Deutsch lernen, freuen sich, wenn sie zu Hause deutsche Lieder singen.“ Ercan selbst, Tochter von Gastarbeitern, gelte vielen ohnehin als Vorbild. Warum manche Eltern nicht Deutsch lernen, erklärt Ercan mit der Unsicherheit: „Bevor sie sich die Blöße geben, es nicht zu schaffen, geben sie lieber vor, dass es sie nicht interessiert.“ Deshalb müsse es niederschwellige Angebote geben von Menschen mit interkulturellen Kompetenzen, Fingerspitzengefühl. Bei den Männern sei das Problem oft, dass sie als Versorger der Familie in türkischen Betrieben unterkommen und neben Job und Familie keine Zeit haben. Melek Ercan hat sich deshalb ein neues Angebot überlegt: Sie bietet in Kooperation mit dem Sportverein SV Rhenania zeitgleich zu den Fußballspielen der Kinder Konversationstraining für die Eltern an.

„Ich will Marxloh nicht verherrlichen“, betont Stosch-Tenbrink, „aber der Stadtteil besteht nicht nur aus reißerischen Geschichten.“ Klar gebe es aggressive Jugendliche, aber keinen rechtsfreien Raum: „Bei uns ist schon Jahre nicht mehr eingebrochen worden, das war früher anders.“