Die Anspannung war mit den Händen zu greifen: Erste Sondersitzung des Rates nach der Loveparade-Katastrophe vom 24. Juli. Vor den Türen des Rathauses standen sich Demonstranten feindselig gegenüber. Im Ratsaal fordert eine Ratsmehrheit den Rücktritt des OB.

Die Anspannung war mit den Händen zu greifen: Erste Sondersitzung des Rates nach der Loveparade-Katastrophe vom 24. Juli. Draußen vor den Türen des Rathauses am Burgplatz standen sich vor Beginn der Sitzung kleine Gruppen von Demonstranten feindselig gegenüber. Pro-Sauerland die eine, „Sauerland muss weg“, die anderen.

Genauso war auch die politische Aufteilung drinnen im Saal, wo die Ratsleute über die rechtliche Unzulässigkeit eines Einwohnerantrages (NRZ berichtete) informiert werden sollten.

Wo aber auch die Sprecher der Fraktionen zum ersten Mal auf der politischen Bühne und unter Beobachtung von vielen Medienvertretern ihre Sicht der Dinge und ihre Einschätzungen, aber auch ihre Forderungen nach dem Desaster bei der Loveparade vortragen konnten.

Die SPD legte eine Resolution vor, die nach längerer Debatte mit den Stimmen von SPD, den Linken, der FDP - und somit mit der Mehrheit des Rates - verabschiedet wurde. Ihre Botschaft: Der OB möge noch vor der nächsten Sondersitzung des Rates in der kommenden Woche - jetzt noch freiwillig und ohne Anerkennung einer persönlichen Schuld - von seinem Amt zurücktreten. Er solle die politische Verantwortung für das Loveparade-Desaster übernehmen und nicht darauf warten, wie das formelle Abwahlverfahren in der kommenden Woche ausgehe.

Aufklärung statt
Vorverurteilung

„Aufklärung vor Vorverurteilung“, so lautet die haltung von CDU und den zwei grünen Ratsmitgliedern Kantel und Janicki, die sich dieser Rücktritt-Passage der Resolution nicht anschließen wollten. Die Fraktion der Grünen ist gespalten, auch in dieser Frage, drei von fünf anwesenden Mitgliedern enthielten sich, Kantel und Janicki gaben „ihrem OB“ ihre Stimme.

Zu Beginn der Ratssitzung kam mit Jürgen Hiltwein der Vater eines bei der Massenpanik getöteten Kindes zu Wort. Die Angehörigen, die sich schon zweimal in Duisburg getroffen hatten, haben über ihn dem Rat und dem OB ebenfalls eine Resolution überbracht. Darin wenig Schmeichelhaftes: Es werde Zeit, endlich moralisch Verantwortung zu übernehmen. Nicht die Beschäftigten der Duisburger Verwaltung trügen Schuld, wohl aber die Spitze. Ihre Art mit der Tragödie und auch mit den Angehörigen umzugehen, sei schlimm.

Hiltwein: „Wir fordern den sofortigen Rücktritt von Herrn Sauerland.“ Dieser nahm kommentarlos und grußlos das Schreiben der Eltern entgegen und ging alsdann zur Tagesordnung über.

Zuvor mahnte noch Ratsfrau Barbara Laakmann vergeblich den OB, die Leitung der Sitzung an einen Stellvertreter abzugeben: „Sie sind befangen. Wie wollen Sie eine Debatte leiten, in der es hier um ihre politische Verantwortung geht?“ SPD, Linke und FDP kritisierten in Stellungnahmen dass die Stadtspitze statt offene und ernst gemeinte Worte von Trauer und Gedenken zu finden, mit nutzlosen Gutachten, Rechthabereien und Ausflüchten aufgewartet habe. Das Risiko dieser Party, so Linke-Ratsherr Hermann Dierkes, sei falsch eingeschätzt worden. Diese Tragödie habe eine politische und eine juristische Seite.

„Wir hatten Vertrauen in die Verwaltung, warum hätte der Rat die Notbremse ziehen sollen, es gab keine Hinweise auf Sicherheitsbedenken. Doch der OB wusste mehr. Er war der Herr der Akten“, sagte Wilhelm Bies (FDP). Der Rat, so hielt dem die CDU-Fraktionssprecherin Petra Vogt entgegen, habe die Pflicht, die Aufklärung des Unglücks voranzutreiben, bevor man Schuldzuweisungen an Dritte unternehme, die einer Vorverurteilung gleich kämen.