Wer bei Rheinfels den Sturmlauf der Flaschen erleben möchte, der darf zunächst in der Nostalgie-Abteilung des Unternehmens stöbern.
20 Lesern öffnete die WAZ die Tür in das Walsumer Unternehmen. Hinter Schaukästen und mit Original-Maschinen ist die Pionierleistung der Familie Hövelmann von der handbetriebenen Abfüllung bis zur modernsten Produktionsstätte dokumentiert. Selbst die Gehaltslisten aus dem Jahr 1905 sind in der Vitrine aufgeblättert. Waren 1000 Mark für den damaligen Direktor denn nun viel oder eher wenig?, fragten sich die WAZ-Leser.
Rasant wie die Getränkesorten zunahmen – heute gibt es über 200 Produkte – erhöhte sich die Leistung der Maschinen. Ließen sich früher 12 000 Flaschen pro Stunde mit Saftgetränken füllen, schicken die Anlagen heute 120 000 Flaschen auf die Reise um die Welt. Wen wundert’s. Schließlich hat der Durst auf Mineralwasser erheblich zugenommen. In den 50erJahren tranken die Menschen in Deutschland pro Kopf gerade mal 2 – 3 Liter im Jahr. Heute gehen 130 Liter durch die Kehle.
Mit vielen Daten und Zahlen kann Christian Mönig, gelernter Braumeister, aufwarten. Einmal in der Woche führt er jeweils drei Gruppen durch das Unternehmen. Ob sich denn jemand vorstellen könne, wie lange die Flaschen dem ständigen Druck von Abfüllung, Reinigung und Wiederabfüllung standhalten können?, fragt er in die Runde. Nun, nach 40 bis 50 Durchläufen haben die gläsernen Behälter ausgedient. Dabei sind sie auf ihrer Weltreise zu den Verbrauchern durchschnittlich etwa zehn Jahre unterwegs. Die PET-Flaschen sind weniger widerstandsfähig. Nach 18 Durchläufen ist für sie die Zeit für eine andere Verwendung gekommen. Christian Mönig weiß, dass die Chinesen den Kunststoff für die Herstellung von Fliespullovern nutzen. Pro Körper-Wärmespender sollen schon 35 Flaschen ausreichen. Kunststoff hat mit einem Anteil von 60 Prozent die traditionelle Glasflasche längst verdrängt.
Aus elf Mineralbrunnen kann Rheinfels das natürliche Mineral-Quellwasser entnehmen, das die Natur in 300 Meter Tiefe in der Rheinaue fließen lässt. Über eine Pipeline wird es in die Produktionsstätte weitergeleitet.
In der Abfüllanlage nimmt die Gruppe zur Sinfonie rotierender Fließbänder eine Szenerie in Gelb und Blau wahr. Es sind die Kästen auf ihrem Weg von der Entleerung zur Wiederauffüllung. Wie in einer Londoner Bushaltestelle reihen sich die Flaschen ein. Erst sind’s Viererketten, bis schließlich eine nach der anderen von Etiketten befreit, gereinigt, nach möglichen Reststoffen beschnüffelt, endkontrolliert und dann wieder gefüllt wird. Zwischen Ausstieg der Flaschen und Wiedereingliederung in den Kasten liegt mit 90 Minuten gerade mal die Zeit eines Fußballspiels.
In drei Schichten sind die Mitarbeiter im Einsatz, tragen als Lärmschutz Stöpsel im Ohr. Anne Böllert, die zu den Gewinnern für die Tour gehört, besichtigt das Unternehmen zum ersten Mal. Sie ist von der logistischen Leistung und von dem übersichtlichen Weg beeindruckt, den die Flaschen zurücklegen.
Auch für größte Durstzeiten scheint man bei Hövelmann gerüstet zu sein. Bis zu zwei Millionen Kästen stapeln sich im Lager. Auch die etwa 450 Mitarbeiter in Walsum können sicher sein, ihren Wasserbedarf immer ausreichend decken zu können. Auf jeden warten vier Kisten als monatliches Deputat.