Duisburg. .

„Ich mach das, um neue Gesichter zu sehen. Vielleicht trifft man ja einen, mit dem man was machen kann“, erklärt Stefan Aust seine Beweggründe, sich an der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen zu engagieren.

Am Mittwoch wurde er zum Gast-Professor für Politikmanagement der Stiftung Mercator ernannt und hielt auch gleich seine Antrittsvorlesung.

Die nahm Aust, im dunklen Anzug am blumendekorierten Pult, sehr ernst und teilweise wörtlich. Denn er las vor – im Duktus einer Spiegel-Reportage blickte er zurück auf die journalistischen Herausforderungen zu Zeiten der Wende. Nur wenn es galt, kleine Anekdoten einzuflechten, blickte er auf und über seine rahmenlose Brille, um Kontakt zum Publikum aufzunehmen.

Gedankenspiele

Sein intellektuelles Gedankenspiel, ob es den Mauerfall ohne grenzübergreifende Medien gegeben hätte, führte ihn von Szenen am Schlagbaum Bornholmer Straße über die Einsicht in Stasi-Unterlagen bis zu den berühmten eingeweckten Geruchsproben von Regime-Gegnern. Dabei habe das Widerspiegeln von Ereignissen im Fernsehen eine viel größere Wirkung als jede Kommentierung, sagte Aust und erklärte, dass Spiegel TV seiner Einschätzung nach den Mauerfall zumindest beschleunigt habe.

Aust hatte zwei Tage vor dem Ereignis ein Kamera-Team losgeschickt mit der Aufgabe, die Mauer nicht aus den Augen zu lassen. Und immer, wenn die rote Lampe an der Kamera leuchtete, hoben auf der Ost-Seite die Gesänge der Demonstranten an, während sich die Grenzer im Fokus der West-Kamera zurückhielten, erzählt der 64-Jährige rückblickend.

Die Debatte nach der Vorlesung entwickelt sich nur zögerlich. Professor Karl-Rudolf Korte, Direktor der NRW School of Governance, übernimmt die Rolle des Eisbrechers. Zuvor schon hatte er Aust als „einen experimentellen Typen, der neue Formate prägt“, beschrieben. In die Gastprofessur habe man ihn nicht mit dem Titel, sondern mit Inhalten gelockt.

Der Medienmann nutzte die Gelegenheit, sein eigenes Credo zu formulieren: Das wichtigste Kapital eines Journalisten sei Glaubwürdigkeit, Leser oder Zuschauer dürften nicht den Eindruck haben, dass ein Bericht eine bestimmte Zielrichtung verfolgt: „Wenn ein Journalist versucht, direkten politischen Einfluss zu nehmen, ist er auf dem falschen Weg“, mahnte Aust. Er selbst habe sich nie als Organ der Staatsmacht gesehen.