Duisburg. .
Obwohl die Gemeindeordnung den Rücktritt eines Oberbürgermeisters nicht vorsieht, wäre ein solcher Schritt juristisch unbedenklich. Den Rücktritt erklären müsste der OB gegenüber dem Rat. Doch der gerät nach der Loveparade-Katastrophe in die Kritik.
Das Loveparade-Unglück, das 21 Todesopfer forderte, wirft täglich neue Fragen auf. Ein Thema, das die ganze Nation beschäftigt, ist die Suche nach einem Verantwortlichen, sei es moralisch, politisch oder letztlich juristisch.
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Schnell fokussiert sich der Blick auf Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Immer wieder wird der Rücktritt des Stadtoberhaupts gefordert - die Gemeindeordnung sieht eine Rücktrittsmöglichkeit jedoch nicht vor.
Kann der Oberbürgermeister überhaupt von seinem Amt zurücktreten?
Prof. Dr. Wolfgang Löwer, Staatsrechtler an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, klärt auf: „Jeder Beamte hat das Recht, aus seinem Amt auszuscheiden. Dies gilt auch für Wahlbeamte wie den Oberbürgermeister. Dafür bedarf es keiner gesetzlichen Regelung.“ Neben der viel diskutierten Abwahlmöglichkeit, die ebenfalls in der Gemeindeordnung geregelt ist, ist ein Rücktritt folglich eine taugliche Handlungsalternative, die Sauerland höchst selbst steuern könnte. „Es gibt außerdem keine Rücksichtnahmepflichten für ihn, da er einen Vertreter hat, der in seine Rechtsstellung eintritt. Es entsteht kein Zuständigkeitsvakuum“, so Löwer, der zugleich als Richter am Verfassungsgerichtshof NRW amtiert. Sollte Sauerland tatsächlich zurücktreten, übernimmt Stadtdirektor Dr. Peter Greulich vorläufig die Amtsgeschäfte. Den Verlust aller Versorgungsansprüche hält der Jurist nicht für möglich. Seine Rücktrittserklärung, so Löwer, müsse er gegenüber dem Rat der Stadt erklären. Doch auch dieser gerät mehr und mehr in die Kritik.
Welche Konsequenzen müssen die Ratsmitglieder ziehen?
Beachtliches fördert die Niederschrift der Ratssitzung vom 25. Januar zu Tage. Nach einer kontroversen Diskussion über die finanzielle und logistische Machbarkeit der Loveparade, wird Jürgen C. Brandt mit folgenden Worten zitiert. „ Manchmal im Leben gebe es Situationen, in denen man später sage, dass man etwas anderes getan hätte, wenn vorher ausreichende Informationen zur Verfügung gestanden hätten. Jeder, der die Loveparade noch aufhalten wolle, wisse, was er jetzt im Rat zu tun habe.“ Reaktionen blieben aus.
Knapp acht Monate später kann sich Brandt noch sehr genau an diesen Moment erinnern: „Mir war zu diesem Zeitpunkt klar, dass der OB den Rat nach dieser Sitzung nicht mehr zum Thema einschalten wollte. Wer grundsätzliche Bedenken hatte, den wollte ich an dieser Stelle dazu ermutigen, etwas zu sagen.“ Die Gelegenheit verstrich, auch Brandt hat sie nicht genutzt. Seine Lehren hat der Sozialdemokrat längst gezogen: „Ich habe mir fest vorgenommen, nicht mehr auf die Verwaltung zu vertrauen. Aber es herrschte damals eine Zeit, in der Kritik an der Loveparade so gedeutet wurde, dass man Duisburg dieses Event nicht gönnen würde.“ Brandt selbst ordnet seinen Appell mittlerweile als „hilflose Geste“ ein.