Duisburg.

Joachim Bärenz zählt zu jenen Künstlern, die es schaffen, bewegte Bilder stets mit der angemessenen Live-Musik zu untermalen. Denn der 62-jährige Essener ist Stummfilmpianist – und gilt bundesweit als der Bekannteste und Beste im kleinen Kreise seines Berufsstandes.

Morgen wird er wieder einmal im Duisburger Filmforum zu hören sein. Im kommunalen Kino am Dellplatz bedient Bärenz bevorzugt die Tasten-Instrumente.

1984 absolvierte er erstmals in Deutschlands ältestem kommunalen Kino eine „Schicht“ vor der Leinwand. Bis heute sind es über 100 ge- worden. „Ich komme immer gern, weil der Stummfilm hier im Filmforum ein hohes Ansehen genießt“, begründet Bärenz seine Treue.

Und wie wird man nun ein Stummfilmpianist? „Ich bin da eher zufällig hineingeraten“, erzählt der Musiker. Es war das Jahr 1969. Bärenz studierte an der Musikhochschule seines Geburtsortes Frankfurt/Main, als er am Aushang einen Zettel fand. Auf diesem wurde ein Pianist gesucht, der anlässlich einer Jean-Renoir-Retrospektive die cineastischen Werke des Franzosen begleiten sollte. „Das war für mich Neuland. Da ich aber ein Faible für Filme hatte, habe ich einfach zugesagt.“

In einem Kursaal in Bad Ems stieg dann die Feuertaufe, die der damals 22-jährige Bärenz bravourös bestand. „Ich hatte keine Anleitung, sondern bin meiner Intuition gefolgt und habe das gespielt, was mir gerade in den Sinn kam“, sagt der Pianist und schmunzelt. „Scheinbar hat es den Leuten gefallen.“

Auch heute setzt Bärenz bei seinen Begleitungen oft und gern auf eigene Improvisationen, baut aber auch regelmäßig bekannte Zitate aus der Musikliteratur ein. Das ist bei Klassikern des Genres mit Harald Lloyd oder Charlie Chaplin eine Leichtigkeit, kann aber bei der Untermalung einer avantgardistischen, 30-minütigen Filmfahrt mit einer New Yorker U-Bahn aber schnell zur Herausforderung werden. „Bei Filmen aus der Nazi-Zeit verlangt das Publikum ebenfalls Zitate. Ich versuche dann immer, auch musikalisch eine kritische Distanz aufzubauen“, so Bärenz.

Zu den Höhepunkten des Jahres zählt das Stummfilmfestival in Bonn, wenn in jedem August an zehn Tagen weitgehend unbekannte Filme einem großen Publikum gezeigt werden. „Das ist für uns Stummfilmpianisten nicht nur eine Art Branchen-Treff, sondern wir dürfen dort auch Schätze begleiten, die nur selten zu sehen sind“, beschreibt Bärenz die Faszination.

Seinen nächsten herausragenden Einsatz hat der bekennende Hitchcock-Fan, der hauptberuflich als Pianist in der Tanzabteilung der Essener Folkwangschule tätig ist, am 7. März in Nürnberg. Dort wird er die neue, um 30 Minuten verlängerte Version des Stummfilm-Klassikers „Metropolis“ von Fritz Lang begleiten. „Diesen Film kenne ich sehr gut. Aber durch das Bespielen entdecke ich ihn für mich jedes Mal aufs Neue.“

Zum Schluss hält Bärenz noch ein Plädoyer für das von der Schließung bedrohte Filmforum: „Die Politik darf diese Pläne nicht durchsetzen. Dieses Schmuckstück muss erhalten bleiben.“ Stumm, so der Stummfilmpianist, dürfe da niemand bleiben.