Duisburg. .

Am Ort der Katastrophe herrschen Wut und Trauer. Bürger und Raver sind erschüttert über das Drama auf der Loveparade. Eine Anwohnerin ist aber nicht überrascht: „Alle Duisburger haben gesagt, das darf hier nicht stattfinden.“

Am Tag nach der Katastrophe mit 19 Toten bei der Loveparade in Duisburg ist es ruhig geworden am Tunnel zum Veranstaltungsgelände. Knapp 100 Meter vor der Unglücksstelle haben Anwohner am Sonntag eine improvisierte Gedenkstätte errichtet. Kerzen, Blumen und eine Madonnenstatue aus Plastik erinnern an die Toten und Verletzten.

„Es ist so sinnlos“, heißt es auf einem Zettel bei den Blumen. Dort werden etliche Teilnehmer von der Loveparade, die noch nicht nach Hause gefahren sind, von ihrem Emotionen überwältigt. „Direkt neben mir sind Menschen zu Tode getrampelt worden, es war einfach nur grauenhaft“, sagt ein junges Mädchen unter Tränen. Einer der Toten sei über und über mit Fußabtritten bedeckt gewesen.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) legt am Sonntag Blumen nieder.
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) legt am Sonntag Blumen nieder. © ddp

Ihre Trauer, Wut und Enttäuschung können die Bürger, darunter auch 200 Schaulustige, kaum verhehlen. Dass der Hauptzugang zu der Loveparade durch dieses „Nadelöhr“ führte, können und wollen viele auch am Sonntag nicht verstehen. „So viel Blödheit kann ich nicht begreifen“, sagt Richard Hatenkerl. Der Duisburger blickt in den Tunnel und ist außer sich. „Mein Bruder war mit seiner Freundin auf dem Gelände. Wenn sich die Massenpanik nur fünf Minuten früher ereignet hätte, wäre er jetzt wohl tot.“

Anwohnerin hat die Katastrophe kommen sehen

Mit den Tränen kämpft die Anwohnerin Britta Kordel. „Schon wir als Anwohner gehen ungern durch den Tunnel“, berichtet sie. Am Samstag habe sie von ihrer Wohnung aus beobachtet, wie ab Mittag immer mehr Menschen durch die Unterführung gehen wollten. „Die Leute haben von hinten geschubst und gedrängelt“, sagt sie. Die Sicherheitskräfte hätten die Menschen nicht in den Tunnel hineinlassen dürfen. Dass es zu einer solchen Katastrophe kam, überrascht sie aber nicht. „Alle Duisburger haben gesagt, das darf hier nicht stattfinden“, betont sie.

Joe aus Südbaden gehört zu jenen Besuchern der Loveparade, die sich auch am Sonntag noch am Gelände aufhalten. Dass die Techno-Veranstaltung derart aus dem Ruder läuft, ist für ihn eine Überraschung. „Dass so etwas passiert, konnte keiner wissen“, sagt er. Schließlich hätten die Macher der Loveparade Erfahrung gehabt und solche Veranstaltungen auch schon in Essen und Dortmund organisiert. Es sei ein Fehler gewesen, den Hauptzugang für die Besucher durch diesen Tunnel zu führen. Auch auf dem Festivalgelände selbst sei es „eng“ gewesen.

Auch am unweit der Unglücksstelle gelegenen Duisburger Hauptbahnhof ist die Stimmung am Sonntag beklemmend. Einige versprengte Besucher der Loveparade schlafen noch auf Alufolien am Boden, andere stehen in Gruppen zusammen und diskutieren mit halblauter Stimme. „Wir wollten doch nur Party machen“, sagt der 21-jährige Urs, der mit Freunden aus Basel angereist war. Die Verkäuferin in der Bahnhofs-Buchhandlung sieht das Ende des Techno-Events gekommen - noch bevor die Veranstalter offiziell das Aus verkünden. „Diese Katastrophe wird immer mit der Loveparade und mit Duisburg verbunden bleiben“, sagt die Frau.

„Vielleicht war das alles doch eine Nummer zu groß für Duisburg“, vermutet eine Flugbegleiterin, die auf ihren Zug wartet. Im Bahnhof sind Eltern mit den Fotos ihrer Kinder unterwegs, die seit Samstagabend vermisst werden. Mit Journalisten sprechen wollen sie nicht.

Trotz der Katastrophe sei in den Clubs der Region die Nacht hindurch gefeiert worden, erzählen junge Leute. Dort habe man sich mit den Worten „Na, hast Du auch überlebt?“ begrüßt. (ddp)