Heute startet die Serie „Interview im Liegestuhl“ mit Duisburger Politikern der Ratsfraktionen und dem Oberbürgermeister.

Die Reihenfolge, in der die Politiker im Gespräch mit WAZ-Redakteur Alfons Winterseel zu Wort kommen, ist ihrer Urlaubsplanung geschuldet und stellt deshalb keine Prioritätenliste dar. Den Ort des Interviews haben sie selbst ausgesucht. Den Anfang macht Wilhelm Bies, Fraktionsvorsitzender der FDP. Er schlug den Alsumer Berg vor.

Herr Bies, zu Beginn einige Standardfragen:

Alter?

42

Familienstand?

Ledig, aber nicht mehr zu haben.

In der FDP seit?

... meinem 20. Lebensjahr.

Ratsherr seit?

1999. Damals fiel die Fünf-Prozent-Hürde. Davor war die FDP 20 Jahre lang nicht im Rat vertreten.

Beruf?

Industriekaufmann beim mittelständischen Entsorgungsbetrieb Remondis.

Sie betätigen sich politisch, weil...

...ich einfach ein informierter Bürger sein wollte, der wissen möchte, was in seiner Stadt passiert.

Lieblingsort in Duisburg?

Es gibt viele schöne Orte in Duisburg. Aber der Alsumer Berg ist der interessanteste: Man sieht auf der einen Seite die Schwerindustrie und auf der anderen (Rhein-)Seite die ländliche Idylle. Hier die Arbeitsplätze, dort die Natur. Duisburg ist einerseits das Tor zum Ruhrgebiet, andererseits das Tor zum Niederrhein.

Was sind die Schwerpunkte Ihrer Ratsarbeit?

Als kleine Fraktion muss jeder von uns einen großen Bereich bearbeiten. Meine Schwerpunkte sind Finanzen, Personal und Verwaltung. Mein Herz hängt aber auch an der Stadtentwicklung.

Welche politischen Vorbilder haben Sie?

Politische Vorbilder will ich gar nicht so sehr an bestimmten Parteien festmachen. Für mich ist entscheidend, wie verantwortungsvoll jemand mit der Macht umgeht. Das kann ein Barack Obama sein, aber auch ein Kommunalpolitiker. Ich mache mangelnde Qualität eines Politikers unter anderem daran fest, ob er mit seiner Politik erst den Menschen Angst macht, um sich anschließend als Retter aufzuspielen.

Zum Beispiel?

Das kann bei Windkraftanalagen sein, das kann aber auch bei technischen Einrichtungen wie der CO-Pipeline sein. Da werden Bürger teilweise erst hinters Licht geführt, um dann zu sagen: wir retten die Situation. Es ist doch besser, den Menschen die Angst vor der Technik zu nehmen statt Angst zu schüren.

Haben die wechselnden Mehrheiten für ihre politische Arbeit und die FDP Vor- oder Nachteile?

Das muss man differenziert sehen. Je mehr Parteien im Rat sind, desto höher ist der Abstimmungsbedarf. Das ist sehr arbeitsaufwendig. Ein großer Teil der Arbeit geht dafür drauf, herauszufinden, was die anderen wollen. Das kann im negativen Fall zu chaotischen Prozessen und zu falschen Entscheidungen wie im Fall Karstadt (Verzicht auf die Gewerbesteuer, d. Red.) führen. Bei den wechselnden Mehrheiten muss der Oberbürgermeister eine moderierende Rolle übernehmen, die ich aber im Moment noch nicht so stark bei ihm sehe. Ich wäre ein großer Fan von einem „Jour fix“, einem Runden Tisch mit den Fraktionsvorsitzenden, damit die Stadt steuerbar bleibt und gegenüber Investoren - wie aktuell Krieger - oder gegenüber Bezirksregierung und Land mit einer Stimme sprechen kann. Positiver Nebeneffekt: Es gibt viel mehr Transparenz.

Gibt es Ratsentscheidungen, in denen sich die FDP wiederfindet?

Man darf ja nicht vergessen, dass wir nur mit drei Vertretern im Rat sitzen. Wir tun natürlich alles, um das, was in unserem Kommunalwahlprogramm steht, zu verwirklichen. Und bei allen Entscheidungen, die Arbeitsplätze generieren, sind wir dabei.

Die FDP plädiert dafür, städtische Tochtergesellschaften zu verkaufen...

Man könnte etwa eine halbe Milliarde Euro damit erwirtschaften, wenn man u.a. Gebag, Stadtwerke, den Hafen, die GMVA-Anteile (Müllverbrennung Oberhausen, d. Red.) oder die DVG verkauft. Es ist ein Märchen, dass die DVG nicht auf vernünftige Beine gestellt werden kann. Schauen Sie sich die NIAG an. Es müssen nicht jährlich 50 Mio. zugeschossen werden.

Würde das nicht zu höheren Fahrpreisen führen?

Nicht zwingend. In Frankfurt wurden auch städtische Regiebetriebe teilprivatisiert. Die Grundfrage, die für mich hinter all diesen Fragen steht, ist: Muss das alles zwingend der Staat leisten oder reicht die Rolle des Staates - oder der Verwaltung - hier als Kontrolleur tätig zu sein und die Rahmenbedingungen zu schaffen? Dass unsere Anträge dieser Art immer wieder scheitern, mag auch an dem einen oder anderen Aufsichtsratsmandat liegen...

Was erwarten Sie von einem Landesinnenminister, der aus Duisburg kommt?

Ich gehe davon aus, dass Ralf Jäger in besonderem Maße seinen Blick auf Duisburg richten wird, und er weiß, wo die Probleme liegen. Die SPD ist ein hohes Maß an Versprechungen eingegangen, daran wird sie sich messen lassen müssen.

Wie stehen Sie zum Bau einer weiteren Moschee?

Erst einmal möchte ich daran erinnern, dass die FDP als erste Partei in Duisburg in einem Kommunalwahlprogramm den Bau einer großen Moschee gefordert hat. Ein Problem habe ich mit den zurückgezogenen Moscheen. Ich nehme aber auch mit großer Sorge wahr, wie die Führung der Merkez-Moschee derzeit läuft.

Konkret heißt das...?

Der neue Vorstand um Muhammed Al - wie Sie wissen ist er FDP-Mitglied - ist wenig konsens-orientiert und ziemlich rigoros vorgegangen. Das macht mir Sorgen.

Eine neue Moschee - gerne ja, natürlich, wenn alle baurechtlichtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und sie sich zur Offenheit bekennt.

Was halten Sie davon, in Hamborn mittels Factory Outlet ein zweites Zentrum entstehen zu lassen?

Ich habe an Norman Foster einen Brief geschrieben, um von ihm zu erfahren, ob seine ursprüngliche Planung ein Outlet-Center verträgt, das 15 Kilometer entfernt liegt. Eine Antwort steht noch aus.

Grundsätzlich sagt die FDP „ja“ zum Outlet Center. Es hat eine Ergänzungsfunktion. Auch aus anderen Städten weiß ich, dass der Einzelhandel vor Ort zunächst immer gegen ein neues Zentrum kämpft. Zunächst ist man dagegen, später relativiert man und in der Summe ist es am Ende ein Plus für den Einzelhandel. Ich kann die Sorgen des Einzelhandels nur begrenzt teilen.

Wenn Sie „König von Duisburg“ wären, was würden Sie ändern?

Diese Frage ausgerechnet einem überzeugten Demokraten... Aber na gut: Arbeitsplätze schaffen und weiter soziale Belange fördern. Aber da alles am Geld hängt, müssen erst einmal die Finanzen in Ordnung gebracht werden. Mit vollen Taschen lässt sich eine bessere Sozialpolitik machen als mit leeren.