Duisburg. Der Philosoph Richard David Precht hat der Duisburger Volkshochschule einen Rekord beschert. Noch nie haben sich 529 Zuhörer zu einem ihrer philosophischen Vorträge eingefunden. Wegen des Andrangs war man in die kleine Mercatorhalle ausgewichen. Dort erklärte Precht, was Moral ist.

Vor über 40 Jahren hat Wilhelm Weischedel mit seinem Buch „Die philosophische Hintertreppe” Laien die Tür zur Philosophie geöffnet. Vor fast 20 Jahren wurde Jostein Gaarders Philosophie-Roman „Sophies Welt” ein Bestseller. Heute heißt der Stern am Himmel populärer Philosophie Richard David Precht. Der 45-jährige Solinger sorgte am Montagabend für einen „absoluten Rekord”, so VHS-Chef Dr. Gerd Jahn: Noch nie haben sich 529 Zuhörer zu einem philosophischen Vortrag der Volkshochschule eingefunden. Wegen des Andrangs war man in die kleine Mercatorhalle ausgewichen.

Gut aussehend, charmant, humorvoll, eloquent: Das ist Precht, der sich erstmal die Ärmel hoch krempelte und ankündigte: „Ich foltere Sie mit dem langweiligsten Thema, das die Philosophie hat: Moral.” Natürlich war der gut einstündige Vortrag alles andere als quälend langweilig, er war beste Unterhaltung, gewürzt mit unglaublichen Geschichten – wie der vom amerikanischen Eisenbahnarbeiter, dem 1848 eine lange, dicke Eisenstange durch den Kopf schoss, was er 13 Jahre überlebte – und überraschenden Informationen: So verfügt nicht der Mensch über das größte Großhirn sondern der Elefantenrüsselfisch.

Egoismus ist nicht immer schlecht

Precht erläuterte den Diskussionsstand zur Frage: „Ist Moral intuitiv oder rational?” Dazu gab er einen Einblick in die Hirnforschung, die zum Beispiel heraus gefunden hat, dass die Intuition im Zwischenhirn angesiedelt ist, während die Vernunft und der „moralische Kompass” im Stirnlappen sitzen. Precht gab Beispiele dafür, dass Homo sapiens zwar zu rationalen Entscheidungen fähig ist, dass ihn aber seine Intuition auch davon abhalten kann. Der normale Mensch verfüge über eine angeborene Tötungshemmung, die Fähigkeit zum Mitgefühl und das Gefühl für (Un)Fairness.

Precht ist davon überzeugt, dass Egoismus nicht immer schlecht und Altruismus nicht immer gut ist. So seien die größten Verbrechen der Menschheit immer begangen worden mit dem Hinweis auf „gute Ziele”. Moral sei immer relativ. Sie fühle sich niemals der gesamten Menschheit, sondern „50 bis 60 Leuten” verpflichtet – einer Gruppe, die überschaubar ist wie eine Affenhorde. Wenn sich die Moral der Horde in die falsche Richtung verschiebe, „kann's böse werden”.

Die Geißel der Menschheit sei eine Kombination aus Minderwertigkeitskomplexen und fehl geleitetem Altruismus – das ergebe den perfekten Taliban. Wer dagegen ein posititves Selbstbild habe, sei meist auch ein guter Mensch.