Duisburg. Rund 230 Radler sind mit ihren Stahlrahmen-Klassikern bei „Duisburg Steel“ an den Start gegangen. Diese deutsche Radsport-Legende war mit dabei.
Ab 9 Uhr füllt sich am Samstag der Parkplatz am Landschaftspark Nord. Auf den Trägern der Autos: Fahrräder mit Stahlrahmen. Nur sie sind zugelassen bei „Duisburg Steel“. Die dritte Auflage der Nostalgie-Tour verzeichnet ein Rekordergebnis: Rund 230 Starter sind dabei, ein Drittel auf der 50-Kilometer-Runde, zwei Drittel auf der längeren 100-Kilometer-Strecke, die zum Wendepunkt Wesel führt.
Die großen Namen des Stahlrahmenbaus bei der Duisburger Klassiker-Tour
Rund um das Zeltdorf auf dem Steinhallenplatz sammeln sich die Renner, es dominieren die auch heute noch klangvollen Namen des italienischen Rahmenbaus wie Colnago, Bianchi, Gios oder De Rosa. Manche über ein halbes Jahrhundert alt, liebevoll gepflegt und restauriert, versehen mit der Technik ihrer Zeit: Rahmenschaltungen, Felgenbremsen.
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Doch nicht nur Rennräder sind dabei. Blickfang sind die historischen Hochräder. Schon das Aufsteigen ist eine Kunst, die gelernt sein will. 50 Kilometer treten ihre Besitzer in die Pedale – eine reife Leistung. Stammgäste von „Duisburg Steel“ ist die Klapprad-Fraktion. Selbst ein Tandem haben die Enthusiasten aus zwei Minirädern gebaut, wie alle versehen mit einer Langstrecken-tauglichen Übersetzung. „Wir kommen aus ganz Deutschland, treffen uns jeweils zu Veranstaltungen wie dieser“, berichten sie.
Klaus-Peter Thaler ist der gefragteste Mann bei „Duisburg Steel“
Der gefragteste Mann des Tages ist Klaus-Peter Thaler. Der vierfache Crossweltmeister der 1970er und -80er Jahre, dreifacher Etappensieger und Träger des gelben Trikots bei der Tour de France fährt die 100 Kilometer. Nicht nur für Kai Uwe Homann ist er einer der Helden der Jugend. „Wegen Ihnen habe ich mit dem Radsport begonnen“, berichtet der Organisator von Duisburg-Kontor im Gespräch mit Thaler und Kontor-Chef Uwe Kluge.
„Eigentlich fahre ich nur noch Fahrrad, um gesund zu bleiben“, berichtet Thaler. Understatement des Champions, der vor einer Woche seinen 75. Geburtstag feierte und im November noch Weltmeister seiner Altersklasse im Cyclocross wurde. Natürlich radelt er auch den Abstecher auf die Halde Rheinpreußen locker mit.
Opel-Klassiker von 1926 mit handgefertigten Holzfelgen aus Italien
Noch deutlich mehr Jahre hat das Rad aus seiner Privatsammlung auf den Reifen. Ein Opel, Baujahr 1926, originalgetreu restauriert. Eine Felgenbremse gibt‘s nur vorn. Um einen der drei Gänge zu wählen, muss der Fahrer absteigen, und die Kette von Hand umlegen. Die Holz-Felgen lassen selbst ausgefuchste Enthusiasten staunen. „Es gibt in Italien noch einige, die sie von Hand herstellen“, berichtet Thaler.
Ehrensache, dass der Altmeister im Stil der Zeit fährt. Trinkflasche aus Blech, lederner Sturzring als eher symbolischen Kopfschutz und das gelbe Trikot der „Vuelta a Valencia“ passen zur Rahmenfarbe seines Rades. Während der Tour ist der sympathische Gevelsberger keinen Meter allein – am Ende des Tages hat er sich so viele Gesprächpartner an seiner Seite wie Kilometer auf dem Tacho.
Gäste zu Duisburger Radwegen: Eure Politiker mögen wohl keine Radfahrer?
Die Strecke: eine Stadtrundfahrt für die vielen auswärtigen Gäste. Aus dem Meidericher Hüttenpark geht‘s über den Pontwert mit Einblicken in den größte Binnenhafen der Welt, dann vorbei den Ruhrorter Schimanski-Drehorten, entlang des Rheins und ab Alsumer Berg durch die Stahlwerk-Kulisse von Thyssenkrupp und zurück über die Hoag-Trasse und den Grünen-Pfad – eine Duisburg-Druckbetankung.
Die Wege: zur Hälfte asphaltiert, der Rest, vor allem auf der langen Runde, Schotterwege entlang des Rheins. Kein ideales Geläuf für die 23 Millimeter breiten Pneus mancher Klassiker. Eininge haben für die teils nach Dauerregen durchweichten Wege Profil-Reifen aufgezogen, doch die passen nicht in alle Rahmen.
Die Stimmen sind am Ende durchweg positiv, nicht zuletzt von den weither angereisten Gästen. „Ich hab immer nur von dieser Industriekulisse gehört, aber sie noch nie gesehen. Beeindruckend“, sagt ein Schwabe. Aus dem Schwarzwald kommt Michel, der eher Berg und Tal gewohnt ist. Zu denken gibt ihm die Qualität der innerstädtischen Radwege, die er in Duisburg befahren hat. „Eure Politiker mögen wohl keine Radfahrer“, vermutet er.
Auch auf dieser Seite: Eine Fotostrecke mit 63 Bildern von der Nostalgie-Radtour