Duisburg. Wie teuer die Grundsteuer-Reform 2025 für die Bürger wird, ist noch ungewiss. Warum sich Duisburger auf kräftige Erhöhungen einstellen sollten.
Die Reform der Grundsteuer muss 2025 greifen. Wie sie umgesetzt wird und für wen es teurer wird, darüber streiten Landesregierung und Kommunen noch immer heftig. Welche Varianten es gibt und warum sich sowohl Hausbesitzer und Mieter darauf einstellen sollten, dass die Reform sie teuer zu stehen kommt.
Bürger entlasten oder Riesenloch in der Stadtkasse: das Dilemma für Duisburg
Die Neuberechnung der Grundsteuer nach dem sogenannten „Bundesmodell“, dem sich NRW angeschlossen hat, würde nach Berechnungen der Stadtkämmerei in Duisburg zu einer Entlastung von Gewerbegrundstücken, aber zu einer Mehrbelastung von Wohn-Immobilien führen. Auch Mieter müssten mehr zahlen, weil die Grundsteuer auf sie umgelegt wird.
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Wie teuer es tatsächlich wird, bestimmt der Hebesatz auf die Grundsteuer-Messbeträge, den der Rat festlegt. Mit 845 v.H. liegt Duisburg landesweit bereits mit an der Spitze. Um die Immobilienbesitzer zu entlasten, müsste der Rat den Hebesatz deutlich senken. Dann würden aber nach Berechnungen der Kämmerei rund 40 Millionen Euro im Stadthaushalt fehlen. „Ein ausgeglichener Haushalt würde dann in weite Ferne rücken“, sagt Stadtdirektor Martin Murrack.
Variante 1: Das „Bundesmodell“ kommt ohne Änderungen, Hebesatz bleibt gleich
Bereits im Februar, da lagen den Finanzämtern über 80 Prozent der neuen Messbeträge vor, zeichneten sich die Folgen für die Bürger ab. Besitzer von Gewerbegrundstücken würden nach Berechnungen der Kämmerei rund 37 Prozent weniger, die Besitzer von Wohnimmobilien durchschnittlich 40 Prozent mehr zahlen. Schon für ein Einfamilienhaus wären das mehrere hundert Euro.
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Vor allem die Besitzer von älteren Häusern (vor Baujahr 1964) würden die Erhöhung besonders stark spüren. Gleich nach welchem Modell hätten sie ohnehin künftig deutlich mehr zahlen müssen.
Ein unveränderter Hebesatz von 845 v.H. würde ein 40-Millionen-Euro-Loch in den gerade sanierten Haushalt der Stadt reißen, die dann zur Erfüllung ihrer Aufgaben wieder Schulden machen müsste. Damit die Grundsteuer-Reform nach dem „Bundesmodell“ wie versprochen aufkommensneutral für Duisburg bleibt, müsste der Hebesatz nach Berechnungen des Kämmerers auf 1009 v.H. steigen. Das heißt: Für die Bürger würde es noch einmal deutlich teurer.
Variante 2: Die Landesregierung verändert die Parameter
Um die eine zusätzliche Belastung der Wohnimmobilien zu mindern, könnte die Landesregierung die Messzahlen für die Gewerbegrundstücke nach oben anpassen. Das ist der von den NRW-Kommunen bevorzugte Ausweg aus dem Dilemma. Sie verweisen auf Sachsen, das Saarland und Berlin, die sich frühzeitig dazu entschlossen haben.
Die schwarz-grüne NRW-Landesregierung lehnt das bislang ab. Sie möchte den Städten und Gemeinden die Entscheidung über eine Anpassung der Messbeträge überlassen. Ziel sei eine gute Lösung für Stadt und Land, sowie für Familien und Gewerbe, heißt es bei Finanzexperten der Koalition von CDU und Grünen: „Wohnen soll nicht unnötig teuer werden.“
Variante 3: Jede Kommune legt eigene Messbeträge fest
Das ist die aktuell wohl wahrscheinlichste Variante. Zur gesplitteten Besteuerung von Wohn- und Gewerbegrundstücken will Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) einen Gesetzentwurf vorlegen. Die Städte und Gemeinden, deren Bürger und Kommunal-Haushalte das „Bundesmodell“ sehr unterschiedlich belasten würden, könnten dann die Messbeträge selbst festlegen. Die Kombination mit individuell beschlossenen Hebesätzen könnte zu große Unterschiede zwischen Wohn- und Gewerbeimmobilien und tiefe Krater in den Stadtetats verhinderen, glaubt die Landesregierung.
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Die gesplitteten Steuersätze stoßen auf erbitterten Widerstand der Kommunen. Das Land schiebe die Verantwortung auf Städte ab, denen fehle aber die Zeit, im Hau-Ruck-Verfahren differenzierte Hebesätze zu diskutieren und zu beschließen. „Schon zeitlich wäre das kaum möglich“, ahnt der Bochumer OB Thomas Eiskirch, er ist Vorsitzender des NRW-Städtetages.
Auch Duisburgs Kämmerer Martin Murrack ist strikt gegen eine solche Lösung. „Es gäbe bei der Grundsteuer einen Flickenteppich in NRW“, warnt der Stadtdirektor, „ähnlich wie bei der Gewerbesteuer könnte es zu einem weiteren Wettbewerb unter den Kommunen führen.“
Variante 4: Die Grundsteuer-Reform scheitert an den Gerichten
Gleich welche der drei genannten Varianten ab 2025 zum Tragen kommt: Dass sie einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten, ist durchaus wahrscheinlich. In Rheinland-Pfalz liegen vier Klagen bereits seit März 2023 vor. Sie rügen unter anderem die Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelungen. Das Gericht hat angekündigt, die Verfahren „mit Rücksicht auf ihre Breitenwirkung“ vorrangig zu bearbeiten.
Das Rechtsrisiko sehen auch die NRW-Kommunen. Jeder differenzierte Hebesatz müsse „verfassungsfest“ begründet werden, geben sie zu bedenken. Setzt sich das Land durch, müssten die Gerichte sich mit Klagen gegen jede einzelne Entscheidung der fast 400 Kommunalparlamente auseinandersetzen.
Dass es auch in NRW Klagen geben wird, darf als sicher gelten. Das zeigt schon der tausendfache Widerstand gegen die Neubewertung der Immobilien durch die Finanzämter. Kurz nach dem Jahreswechsel hatten allein in Duisburg mehr als 17.000 Immobilienbesitzer Widerspruch gegen ihre Feststellungsbescheide eingelegt, weitere 8900 wehren sich gegen die neu festgesetzten Messbeträge für ihre Wohnungen, Häuser und Grundstücke.