Duisburg. Die IG Bau hat erstmals seit 22 Jahren gestreikt. Trotz Verbotes zogen Bauarbeiter durch Duisburgs City. Das sagen Gewerkschaft und die Polizei.
Aufmerksamkeit haben sich die Mitglieder der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) am Dienstag vor dem DGB-Haus am Duisburger Stapeltor sicherlich gewünscht.
Nachdem die Arbeitgeber, anders als die IG Bau, einen Spruch des Schlichters in den Tarifverhandlungen abgelehnt hatten, geht die Gewerkschaft wieder mit der ursprünglichen Forderung von 500 Euro mehr im Monat für alle Lohngruppen in den Streik. Und zwar deutschlandweit. Aufmerksamkeit nützt den Arbeitnehmern also – bloß vielleicht nicht diese.
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IG Bau: Spontandemo statt Kundgebung
Um kurz vor 11 ist die Stimmung vor dem DGB-Haus aufgeheizt. Statt der geplanten Kundgebung hört man wütende Stimmen durcheinander rufen. Kurz zuvor hatte die Polizei eine Warnung ausgesprochen: Die Kundgebung dürfe nicht stattfinden, die Anmeldung sei nicht fristgerecht eingegangen.
Die Stimmung heizt sich immer weiter auf, es wird lauter. Nur wenige Minuten nach 11 Uhr ist der Platz vor dem Haus beinahe leergefegt: Denn der Großteil der etwa 300 anwesenden Bauarbeiter zog trotzdem mit Fahnen und Trillerpfeifen durch die Innenstadt. Ihnen droht jetzt eine Strafanzeige.
Das bestätigte die Duisburger Polizei auf Anfrage. „Es gab keine fristgerechte Anmeldung des Aufzugs“, so Sprecherin Julia Schindler, dass die Arbeiter trotzdem durch die Stadt ziehen durften, sei dem hohen Gut der „Versammlungsfreiheit“ geschuldet.
„Damit hat keiner gerechnet“, sagt Jon Heinemann, IG Bau-Regionalleiter. Aber er bestätigt, dass der Aufzug zu spät angemeldet wurde. „Wir haben erst am Sonntagabend das ‚Go‘ bekommen, eine Kollegin hat dann am Montag versucht, den Aufzug anzumelden. Das hat dann mit der 48-Stunden-Frist natürlich nicht mehr gepasst.“
Schwierige Situation im Baugewerbe
Während die meisten durch die Stadt ziehen, stehen einige Unentschlossene noch auf dem Vorplatz des DGB-Hauses. Sie sind zwiegespalten, ob sie mitziehen sollen oder nicht. „Wir wollen keinen Stress mit der Polizei“, erklärt eine Streikende. Andere machen sich einfach auf den Weg nachhause. „Da bin ich raus“, verabschiedet sich ein Bauarbeiter.
Nicht mitgezogen ist auch Gewerkschaftssekretär Dirk Radermacher. Dass viele der Anwesenden trotz Verbot losgezogen sind, kommentiert er so: „Das sind Bauarbeiter. Die fragen nicht, die machen“. Weiter: „Seit 22 Jahren hat die Baubranche hier nicht gestreikt. Die glühen.“
Er berichtet auch von der schwierigen Situation der Baubranche. Diese sei enorm angespannt, es fehle an Fachkräften – umso unverständlicher sei es, dass die Arbeitgeber den Schiedsspruch abgelehnt haben. Es gebe aber auch Unternehmen, die jetzt freiwillig das Gehalt erhöht haben und sich dabei an der Empfehlung des Schlichters orientieren.
Streik in Duisburg: Gewerkschaft wünscht sich Kulanz
Und wenngleich der Protest so nicht erlaubt war, hätte Heinemann sich trotzdem gewünscht, dass der Gewerkschaft eine gewisse Kulanz entgegengebracht wird. „Aber darauf wollen wir uns jetzt gar nicht konzentrieren. Das ist ärgerlich, ja. Aber es geht darum, dass die Kollegen heute auf der Straße waren, und mit welchem Anliegen sie auf der Straße waren.“