Duisburg. Viele sind über hundert Jahre alt: Die Eisenbahn-Brücken in Duisburg sind massiv sanierungsbedürftig. Wie die Deutsche Bahn jetzt plant.
Wenn ein Zug oben fährt, ist es untendrunter ein großes Rumpeln und Rattern, der Rost blättert in dicken Brocken ab. Am Ruhrdeich kurz vor dem Kreuz Kaiserberg lässt sich der Zustand der Eisenbahnbrücken Deutschlands wie in einer Nussschale betrachten:
Drei über hundert Jahre alte Schätzchen tun hier tapfer ihren Dienst, flankiert von zwei neuen, deutlich größeren Stahlbrücken in Fachwerk-Optik. Nach und nach sollen hier weitere Brücken ausgetauscht werden. Dass die Deutsche Bahn Probleme mit ihrem Brückenbestand hat, ist keine neue Nachricht. Sie kommuniziert das auch recht offen auf einer digitalen Brückenkarte, die das Modernisierungsprogramm für ganz Deutschland aufzeigt.
Deutsche Bahn plant für 35 Brücken in Duisburg Erneuerungsmaßnahmen
Demnach sind für Duisburg aktuell bereits 35 Brücken-Erneuerungsmaßnahmen in der Planung. Für weitere 129 Brücken werden Erneuerungsmaßnahmen geprüft. Da es insgesamt über 190 DB-Brücken in Duisburg gibt, von denen viele über 100 Jahre alt sind, bedeutet das umgerechnet, dass über 18 Prozent der Brücken abbruchreif sind und für 85 Prozent die Weichen gestellt werden müssen zwischen Sanierung und Neubau.
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Markus Vierhaus hat also einen ausgesprochen krisenfesten Job. Er ist Projektmanager der DB InfraGo und kümmert sich um die Erneuerung der Eisenbahnbrücken zwischen Duisburg und Bielefeld.
Konkrete Modernisierungspläne stehen bereits für fünf Brücken
„Dass die Eisenbahnbrücken schon etwas älter sind, ist kein Geheimnis“, sagt Vierhaus. Der Rost allein sage aber nichts über die Stabilität aus, „oft ist das nur der Korrosionsschutz, der abblättert.“ Für die Modernisierung braucht es einen langen Atem. In den vergangenen fünf Jahren hat seine Abteilung fünf Brücken in Duisburg erneuert: im Norden die Zechenbahn parallel zur Römerstraße, im Süden eine über den Breitscheider Bach. Das Epizentrum in Sachen Brückenbau ist allerdings zwischen Ruhr und Kaiserberg. Hier wurden bereits die beiden äußeren Brücken über die Ruhrorter Straße und den Ruhrkanal erneuert sowie eine über die Dörnerhofstraße.
In den nächsten fünf Jahren folgen drei weitere Brücken: weitere zwei über die Ruhrorter Straße/den Ruhrkanal und in Steinwurfnähe eine über den Schwiesenkamp.
Die Projekte an der Ruhrorter Straße sind nicht ohne, weil hier parallel eine Straße und ein Gewässer überbrückt werden müssen: Sie sind jeweils zwischen 110 und 135 Meter lang, tragen je ein Gleis und kosten zwischen 15 und 20 Millionen Euro.
Sanierung wird durch vorgebaute Brücken beschleunigt
In Duisburg werde es in den kommenden Jahren verschiedenste Brückenbauvarianten geben. Seltener werden sie mit einem Ponton eingeschwommen, wie es am Ruhrkanal nötig ist. Häufiger werden sogenannte SPMT-Fahrzeuge zum Einsatz kommen, tausendfüßlerartige Laster mit vielen Rädern, die vormontierte Brücken über Straßen oder eingeebnete Flächen in ihre Endposition bringen.
Zudem sei jedes Bauwerk individuell, von seiner Länge und Breite, seiner Lage, der Zahl der Gleise, der Oberleitungen und Signale und natürlich wegen seiner „Kreuzungspartner“, wie Vierhaus das nennt, also Straßen, Gewässer oder andere Gleise.
Bei kleineren Brücken sei ein hoher Vorfertigungsgrad möglich: etwa durch Stahlbeton, mit einem Nut- und Federsystem, das aussieht wie bei Lego, nur in XXL. Oder mit Trogbrücken, die ein Gleis tragen können und passgenau angeliefert werden. „Damit können wir das Zeitfenster der Sperrungen möglichst klein halten.“ Bevor es so weit ist, werden aber noch viele Züge Verspätung haben, oder wie es die Bahn formulieren würde: „abweichend verkehren und fahrplantechnisch umgeleitet“.
Nach dem Baulärm kommt die Ruhe: Neue Brücken sind leiser
Insgesamt dauere so eine Brückensanierung sieben bis acht Jahre, allein wegen der Genehmigungsprozesse, sagt Vierhaus. Für den Güterverkehr müssen Baumaßnahmen rund drei Jahre vorher zur Planung des Fahrplans angemeldet werden. „Der Bau selbst ist dann im Mittel mit rund anderthalb Jahren vergleichsweise kurz.“
Als Planer schwankt er zwischen Dilemmata: Die Bahn und andere Unternehmen wollen möglichst schnell wieder fahren können. Baut man aber rund um die Uhr, sind die Anwohner höher belastet. Für sie könne die Modernisierung zumindest nach dem Baulärm ein Gewinn sein: „Die alten Brücken sind wegen ihres Schwingungsverhaltens laut, wir wollen den Betriebslärm deutlich reduzieren.“
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>> RUHRDEICH IST NOCH BIS ZUM SOMMER EINE EINBAHNSTRASSE
Wer derzeit über den Ruhrdeich fährt, kommt nur in Richtung Mülheim. Weil ein Abwasserkanal erneuert wird, gilt hier eine Einbahnstraßenregelung. Asphaltarbeiten stehen noch an, aber im Sommer soll es hier wieder in beide Richtungen gehen.
Für die DB sind die Erdarbeiten wichtig, weil sie den Weg ebnen zur nächsten Arbeitsfläche: Neben der alten Brücke, die als nächstes ausgetauscht werden soll, entsteht eine ebenso große und waagerechte Fläche an Land, um die neue Brücke zu montieren. Und Wege, um mit großem Gerät hinzukommen, erklärt Vierhaus: Die alten Kanäle lagen zu hoch.
>> BRÜCKENPROGRAMM DER DEUTSCHEN BAHN
- Die Deutsche Bahn (DB) hat nach Angaben eines Bahnsprechers allein 2023 rund 1,75 Milliarden Euro in die Modernisierung des Schienennetzes und der Bahnhöfe in NRW aufgewendet. Unter anderem hat die DB insgesamt 19 Brücken in NRW modernisiert.
- Eisenbahnbrücken werden alle drei Jahre inspiziert und einmal im Jahr begangen und in Augenschein genommen.
- 4700 Kilometer Gleise führen durch NRW, sie sind allesamt stark befahren.
- In der Lesart der Deutschen Bahn beginnen Brücken ab einer Stützweite von zwei Metern.
- Die größte Brücke ist die Baerler Brücke (Haus-Knipp-Eisenbahnbrücke) mit 767 Metern Gesamtlänge.
- Die digitale Brückenkarte zum Moderinisierungsprogramm ist im Internet zu finden: https://bruecken.deutschebahn.com/brueckenkarte