Berlin/Duisburg. Eine Familie soll 2014 einen Ehrenmord geplant haben. Doch der auserkorene Mörder machte nicht mit. Das berichtet der Duisburger jetzt.
Wurde in Duisburg vor zehn Jahren ein Mord geplant? Diese Frage möchte das Landgericht Berlin seit Dienstag aufklären. Die drei angeklagten Familienmitglieder schwiegen zu dem Vorwurf. Ein Duisburger, der sich dem Plan damals widersetzte, sagte dagegen aus – bis der Prozessauftakt überraschend abgebrochen werden musste.
Rückblick: Es ist Silvester im Jahr 2014. Während es bei den meisten Duisburgern um Feiern und gute Vorsätze für das kommende Jahr geht, versuchen drei Menschen an der Aldenrader Straße angeblich, jemanden zu einem Mord zu überreden. Der Plan laut Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin: Ahmad D., seine Frau Dalal und ihre gemeinsame Tochter Yasmin D. wollten, dass Yasmin D.s damaliger Mann ihren Ex-Mann tötet. In der Wohnung des Paares im Duisburger Norden setzen sie den heute 41-Jährigen unter Druck. Deshalb wirft die Anklage ihnen versuchte Anstiftung zum Mord vor.
Als Grund für den angeblich ins Auge gefassten Anschlag führen sie die Verletzung der Familienehre an. Der Ex-Mann von Yasmin D. soll damals in einem anderen Strafverfahren ausgesagt und Familienmitglieder belastet haben. Aber ihr damaliger Ehemann sträubt sich gegen das Vorhaben.
Laut Anklage werden ihm 1000 Euro für jeden Monat, den er dafür im Gefängnis verbringen muss, angeboten. Als er sich weigert, werden die Argumente vielfältiger. Beschimpfungen, Trennungsdrohungen und auch 1500 Euro pro Haftmonat können ihn nicht umstimmen, so die Anklage.
Plante Familie einen „Ehrenmord“? Duisburger erinnert sich
Wie immer bei lang zurückliegenden Ereignissen bleibt die Frage, woran sich Zeugen noch erinnern können. Bei dem angeblich als Mörder vorgesehen Duisburger war am Dienstag das vor knapp zehn Jahren Geschehene noch sehr präsent. Den Angeklagten Ahmad D. aus Berlin habe er kennengelernt, als er nach einer Ehefrau für sich suchte. Erste Vermittlungsbemühungen im Kulturkreis syrischstämmiger Palästinenser scheiterten – irgendwann stellte der Vater seine Tochter vor, die heute 34 Jahre alt ist. Man lernte sich kennen, ein Ehevertrag wurde geschlossen. In Deutschland gilt er nach einem Gerichtsurteil weiterhin als unverheiratet.
Detailliert beschrieb der 41 Jahre alte Zeuge jenen Silvesterabend. Nach dem Einkauf sei die Familie seiner Frau auf die Ermordung zu sprechen gekommen – Einstieg in die Unterhaltung seien die Familie und die Ehre gewesen. Ahmad D. habe dabei auch beschrieben, wie es wie eine Notwehr aussehen könnte. Dafür bekomme er, ohne Vorstrafen, dann vielleicht drei Jahre Haft, komme nach der Hälfte wieder raus. „Sollte ich Yasmin heiraten, um ihren Ex-Mann zu töten?“, habe der auserkorene Täter irgendwann gefragt.
Er beschrieb, wie angespannt und gereizt am anschließenden Neujahrsmorgen die Stimmung zur Angeklagten-Familie war, wie seine damals 27-jährige Frau Yasmin D. letztlich zu ihren Eltern in die Hauptstadt zurückkehrte. Auch drei Reisen nach Berlin zu sogenannten Friedensrichtern daran letztlich nichts änderten. Später suchte er Rat bei einem Rechtsanwalt, der zur Anzeige bei der Polizei riet. Auch das potenzielle Opfer des Messerangriffes habe er informiert. Zum Angriff auf den Mann kam es nie.
Porzessauftakt wird urplötzlich abgebrochen
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Nicht alles, was der Zeuge schnell und mit starkem Akzent auf Deutsch erzählen will, ist für Anwälte und Zuschauer verständlich. Er wechselt schließlich ins Arabische – ein Dolmetscher ist für die angeklagten, um die 60 Jahre alten Eheleute ohnehin im Gerichtssaal. In einer kurzen Pause endet der Prozessauftakt vor der 29. Strafkammer urplötzlich, als eine Angeklagte von Gerichtssanitätern versorgt werden muss.
>>Prozess mehrfach verschoben
Schon zweimal hatte das Landgericht Berlin versucht, den Prozess zu beginnen. Er war bereits 2018 terminiert, teilte eine Sprecherin mit, zwischenzeitlich kam es zu Nachermittlungen. Im Jahr 2020 habe die Strafkammer einen weiteren Verhandlungsversuch gestartet. Die Termine mussten allerdings wegen anderer, vorrangig zu behandelnder Haftsachen aufgehoben werden.
Jetzt haben die Richter sieben Verhandlungstage angesetzt. Weiter geht es am 25. April, ein Urteil könnte am 6. Juni 2024 fallen.