Duisburg. An der Zwangsmitgliedschaft an der Pflegekammer gibt es Kritik von Klinik-Beschäftigten aus Duisburg. Das sagt Kammerpräsidentin Sandra Postel.

Seit der Gründung der Pflegekammer gehören ihr rund 228.000 examinierte Pflegekräfte in NRW automatisch an. Kritik an dieser „Zwangsmitgliedschaft“ wird in diesen Wochen auch in Duisburg wieder laut, weil sie schriftlich aufgefordert werden, ihre Daten bei der Kammer zu verifizieren. Wie sie mit der Skepsis umgehen will, erklärt Sandra Postel, seit Februar 2023 gewählte Präsidentin der Pflegekammer, im Gespräch mit dieser Zeitung.

Postel zur Kritik aus Duisburg: Pflege war bisher nur Verhandlungsmasse

„Wir haben ein selbstverwaltetes System, in dem die Pflege bisher nur Verhandlungsmasse war“, sagt die gelernte Krankenpflegerin und Pflegepädagogin. Es werde „wohl eine Generation von Pflegenden brauchen“, bis die Einsicht über die Bedeutung einer eigenen Kammer sich durchsetze: „Das war bei den Ärzten genauso. Wir haben schließlich 70 Jahre Fremdbestimmung hinter uns.“

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Die Einrichtung der Kammer in NRW nicht per Vollbefragung der Pflegenden, sondern nur per repräsentativer Stichprobe (80 % Zustimmung) auf den Weg zu bringen, sei richtig gewesen, findet Postel. Sie sieht keine Mehrheit gegen die Kammer und verweist auf Rheinland-Pfalz, wo eine Befragung aller Pflegenden zu einem klar positiven Votum führte. Nun die Mitglieder zu befragen, sei „nicht der richtige Zeitpunkt“, so die Präsidentin: „Wir haben dringendere Fragen zu klären.“

Der Duisburger Kevin Galuszka, gelernter Krankenpfleger, Sana-Beschäftigter und Ratsherr der Grünen, engagiert sich als Beisitzer im Vorstand der Pflegekammer NRW.
Der Duisburger Kevin Galuszka, gelernter Krankenpfleger, Sana-Beschäftigter und Ratsherr der Grünen, engagiert sich als Beisitzer im Vorstand der Pflegekammer NRW. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Präsidentin: Kammer muss ihre Gestaltungskraft noch aufbauen

Die Arbeit der Kammer (32 Beschäftigte) und auch die Mitgliedsbeiträge (fünf Euro/Monat für Vollzeitkräfte) bis 2027 mit Landesmitteln zu finanzieren, sei unabdingbar für das Gelingen, betont Postel: „In Niedersachsen gab es eine solche Anschub-Finanzierung nicht, das hat dort maßgeblich zum Scheitern der Kammer beigetragen.“

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„Unsere Gestaltungskraft müssen wir noch aufbauen“, räumt Sandra Postel ein. Die bisherige Bilanz der Integration der Kammer im Gesundheitswesen können sich aber durchaus sehen lassen: „Wir sind in allen Gremien und Ausschüssen vertreten, in der Gesundheitskonferenz und in der Krankenhaus-Planung.“ Mit den Kostenträgern verhandle die Kammer Verbesserungen bei den Zeiten, die Pflegediensten für die Betreuung ihrer Patienten vergütet werden.

Mehr als die Hälfte der Mitglieder hat ihre Daten noch nicht verifiziert

Gleichwohl wird die anhaltende Skepsis der Mitglieder an einer Zahl deutlich: Fast anderthalb Jahre nach Konstituierung der Kammer sind erst 109.000 der 228.000 Mitglieder der Aufforderung zur Verifizierung ihrer Daten nachgekommen. Sandra Postel verweist zwar auf die gesetzlich Verpflichtung dazu, plädiert aber für einen Verzicht auf die Verhängung von Zwangsgeldern.

Deren Androhung sorgt für Empörung bei Pflegenden. „Die Debatte darüber läuft noch“, so Postel, „es gibt keinen Beschluss, ein Zwangsgeld-Verfahren anzugehen. Wir sollten den Beschäftigten die Zeit geben, die sie brauchen.“ Es sei allerdings nicht auszuschließen, „dass es irgendwann notwendig ist.“

Sandra Postel bietet Pflegenden in Duisburg Gespräch an

Es gelte, dieses Szenario mit mehr Überzeugungsarbeit zu erübrigen, sagt die Kammerpräsidentin: „Dazu will ich gern auch mit den Pflegenden ins Gespräch kommen, die uns in Duisburg kritisch sehen.“ Lokale Unterstützung findet sie bei Kevin Galuszka. Der examinierte Krankenpfleger, Beschäftigter der Sana Kliniken und Ratsherr für die Grünen in Duisburg, engagiert sich als Beisitzer im Vorstand der Pflegekammer NRW.