Duisburg. Betroffene diskutierten: Warum Elftklässler am Mannesmann-Gymnasiums eine besondere Podiumsdiskussion zum Thema Rassismus organisiert haben.
„Und woher kommst du wirklich?“ Diese Frage haben wohl alle Menschen mit Migrationsgeschichte schon gehört. Viele empfinden sie als verletzend, denn für sie ist Deutschland ihre Heimat – die Frage nach der eigentlichen Herkunft wirkt dann, als wolle man ihnen das absprechen. „Woher kommst du wirklich?“ – so lautete auch der Titel einer prominent besetzten Podiumsdiskussion zum Thema Alltagsrassismus am Mannesmann-Gymnasium in Huckingen. Das Besondere: Die Veranstaltung wurde von Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 11 auf die Beine gestellt.
Gäste einladen, Flyer gestalten, das Catering organisieren: All das haben die Jugendlichen in den vergangenen Monaten selbst in die Hand genommen. Belohnt wurde ihr Einsatz am Freitagabend mit einer vielfältigen Diskussionsrunde in der Schulaula.
Projektkurs am Mannesmann-Gymnasium beschäftigt sich mit Alltagsrassismus
Hinter dem Organisationsteam stecken die Mitglieder des Projektkurses „Rassismuskritische Bildung“, den Schülerinnen und Schüler am Mannesmann-Gymnasium in diesem Schuljahr belegen konnten. „Es war das erste Mal, dass so ein Kurs an unserer Schule angeboten wurde“, erzählt die verantwortliche Lehrerin Jayamila Vivekananthan-Jung. „Das Diskussionsformat ist deshalb auch in dieser Form einmalig.“
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Fast ein ganzes Schuljahr lang haben sich die MMG-Schüler mit verschiedenen Formen von Rassismus auseinandergesetzt. Im Unterricht haben sie auch über ihre eigenen Erfahrungen mit dem Thema gesprochen. „Viele Schüler an unserer Schule haben selbst einen Migrationshintergrund“, erklärt Elftklässlerin Meryem. „Da kommt es immer mal wieder vor, dass man auf der Straße schief angeguckt wird.“

Schüler organisieren Panel-Sitzung: „Müssen selbst etwas gegen Rassismus tun“
Mit der Podiumsdiskussion möchte der Projektkurs auch ein Zeichen für andere Betroffene setzen: „Wir wollen ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind“, sagt Meryem. Mitschüler Kaan ergänzt: „Mit der Zeit haben wir gemerkt, dass wir selbst etwas gegen Rassismus tun müssen. Wir kennen jetzt unsere Verantwortung für diese Welt.“
Um auf das wichtige Thema aufmerksam zu machen, hatten die Schüler eine Panel-Sitzung mit insgesamt zwölf Gästen organisiert. Viele von diesen haben sie direkt über die sozialen Netzwerke kontaktiert. Dort haben die Elftklässler auch kräftig Werbung für den Diskussionsabend gemacht. „In den letzten Wochen haben wir oft auch nach der Schule Kontakt gehalten und uns ausgetauscht“, erzählen sie.
„Werde manchmal gefragt, ob ich die Putzfrau bin“
Das große Engagement der Jugendlichen zahlt sich aus: Die Aula des Mannesmann-Gymnasiums ist am Freitagabend gut besucht, wenn auch nicht ganz voll besetzt. In der ersten Diskussionsrunde sprechen einige Gäste über ihre eigenen Rassismuserfahrungen.
Marthe Ngomba Matanda etwa arbeitet als interkulturelle Beraterin für die Stadt Duisburg und ist in dieser Funktion oft in Kindergärten und Schulen unterwegs. „Dort werde ich manchmal gefragt, ob ich die Putzfrau bin“, erzählt sie. Auch andere Gäste mit Migrationsgeschichte berichten von demütigenden Erlebnissen.

Als Katalysator für rassistische Strömungen in der Gesellschaft nehmen die Diskutanten die AfD wahr – eine Partei, deren Mitglieder immer wieder durch rassistische Entgleisungen auffallen. „Die hohen Zustimmungswerte für die AfD machen mir große Sorgen, vor allem mit Blick auf die anstehende Europawahl“, sagt Ibrahim Yetim, Bundesvorstandsmitglied der SPD.
Felix Banaszak, der für die Grünen im Bundestag sitzt, sieht das ähnlich und plädiert daher für ein Verbot der rechtspopulistischen Partei. „Ich habe lange damit gehadert, glaube aber mittlerweile, dass das der richtige Weg ist“, sagte der Duisburger Politiker.
Bildung als Schlüssel im Kampf gegen Rassismus
Eine wichtige Rolle im Kampf gegen Rassismus spielt für die Diskussionsteilnehmer das Bildungssystem. „Lehrer müssen sich ihrer Verantwortung für das Thema bewusst werden und mit ihren Schülern darüber sprechen“, fordert Julia Rombeck, Koordinatorin der Duisburger Schulen im Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Auch in der Schule sei Rassismus an vielen Stellen präsent – zum Beispiel dann, wenn afrikanische Länder in Schulbüchern als unzivilisiert dargestellt werden.
Mehr Repräsentation für Menschen mit Migrationshintergrund wünscht sich in der zweiten Diskussionsrunde die Duisburger Journalistin und Moderatorin Tessniem Kadiri: „Ich glaube, dass die Perspektiven dieser Menschen in den Medien oft nicht ausreichend beleuchtet werden.“ Dennoch hat Kadiri den Eindruck, dass sich vor allem Schülerinnen und Schüler heute stärker gegen rassistische Vorfälle positionieren als noch vor einigen Jahren: „Jugendliche sind heute viel besser in der Lage, Rassismus zu benennen und dagegen anzukämpfen.“
>> INTERNATIONALE WOCHEN GEGEN RASSISMUS IN DUISBURG
- Die Podiumsdiskussion am Mannesmann-Gymnasium bildete in Duisburg den Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus. Unter dem Motto „Menschenrechte für alle!“ finden noch bis zum 24. März viele weitere Aktionen statt.
- Höhepunkt ist der Aktionstag in der Duisburger Innenstadt am Samstag, 16. März. Von 13 bis 17 Uhr erwartet Besucher dann auf der Königstraße ein buntes Programm mit vielen Vereinen, Mitmachangeboten, Tanz und Musik.
- Eine Übersicht aller Veranstaltungen an den Aktionstagen gibt es online unter: www.iwgrdu.de.