Duisburg. Kontrastreich zeigt die Ausstellung „Ties that Bind“ Familienbanden in all ihren Ausprägungen. Warum sich ein Besuch in Duisburg lohnt.

Drei syrische Frauen und zwei Kinder posieren mit ernstem Blick vor einem schwarzen Vorhang und schauen den Fotografen direkt an. Neben ihnen steht ein leerer Stuhl. Er verweist auf ein vermisstes Familienmitglied. Doch die Kamera des Fotografen Dario Mitidieri erfasst bewusst auch einen Teil der Umgebung.

Am Bildrand erahnt man einen kargen Boden, triste Container und trocknende Wäsche. Entstanden ist das Bild 2015 in einem Flüchtlingslager im libanesischen Bekaa-Tal. Das Foto ist Teil der Ausstellung „Ties that Bind – Photography and Family“, die in der Kulturkirche Liebfrauen zu sehen ist.

45. Duisburger Akzente: Fotoausstellung mit preisgekrönten Bildern

Anlass für diese Ausstellung sind die 45. Duisburger Akzente „Familienbande“. Die 80 Fotos von 23 Fotografinnen und Fotografen sind allesamt Preisträger der Stiftung World Press Photo aus den letzten zwei Jahrzehnten. Inhaltlich kreisen sie um das Thema Familie. Sie zeigen traditionelle Familien ebenso wie moderne Patchworkfamilien und „Wahlfamilien“, die aus sozialen Zusammenhängen entstehen, erläuterte die Kuratorin Martha Echevarria von World Press Photo bei der Eröffnung.

Angeregt wurde die Ausstellung durch Akzente-Projektmanager Clemens Richert und dann in weniger als einem halben Jahr in enger Zusammenarbeit von World Press Photo und dem Festivalbüro der Stadt Duisburg verwirklicht. Normalerweise braucht man für die Vorbereitung einer solchen Ausstellung mehr als ein Jahr.

Große Bandbreite der Fotografien zwischen Schmerz und Zärtlichkeit

Ergebnis ist eine faszinierende Foto-Schau, in der soziale Brüche, Schmerz oder Tod ebenso einen Platz finden wie Nähe, Zärtlichkeit oder einfach Komisches oder Unerwartetes. Zugleich erkennt man die unterschiedlichen Handschriften der Fotojournalistinnen und –journalisten. Es gibt Fotos, die mit Inszenierung und Distanz arbeiten wie das Bild von Mitidieri und andere, die eintauchen in eine bestimmte Szene.

Abwechslungsreich interpretieren die fotografischen Werke in der Ausstellung „Ties that Bind“ das Thema Familienbande in der Kulturkirche Liebfrauen in Duisburg.
Abwechslungsreich interpretieren die fotografischen Werke in der Ausstellung „Ties that Bind“ das Thema Familienbande in der Kulturkirche Liebfrauen in Duisburg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das macht Hannah Reyes Morales in ihrer Serie „Golden Gays“ für die New York Times. In einem Bild zieht sie ihr Publikum hinein in etwas, das aussieht wie eine Familienfeier irgendwo in Asien. Leicht irritierend ist lediglich eine kleine Regenbogenfahne in der linken oberen Ecke des Bildes. Entstanden sind die Fotos in einem philippinischen Wohn- und Lebensprojekt für ältere Angehörige der schwul-lesbisch-diversen Community.

Lebenswelten von Obdachlosen und reichen Roma

Fast ein bisschen skurril wirkt dagegen eine Serie über eine japanische Rugby-Mannschaft, die aus Spielern zwischen 40 und 91 Jahren besteht. Hintergrund dieser Arbeit ist, dass ältere japanische Männer oft vereinsamen und manchmal wochenlang nicht sprechen. Sport funktioniert hier als Familienersatz. Wie bei dieser Serie informieren auch bei den anderen Fotos knappe, aber sehr informative Texte über die Hintergründe und die Urheber.

Wie dicht soziale Randständigkeit, Überlebenswillen und Menschlichkeit beieinander liegen können, zeigt Peter Bauser in seiner Reportage „Hotel Copacabana“. Ohne Beschönigung führt er in eine brasilianische Bauruine ohne Fenster, Strom und Wasser. Hunderte Obdachlose versuchen hier, zu überleben und ihre Würde und Lebensmut zu erhalten.

Tauben, die zu Familienmitgliedern werden, Einblicke in die Häuser reicher Roma oder lebensechte Baby-Puppen, die therapeutisch eingesetzt werden – diese Foto-Schau packt die Zuschauer durch unerwartete Themen und individuelle Perspektiven.

>>DIE STIFTUNG WORLD PRESS PHOTO

  • World Press Photo ist eine internationale, in Amsterdam ansässige Stiftung. Sie wurde 1955 gegründet und hat sich weltweit dem Fotojournalismus und der Dokumentarfotografie verschrieben.
  • Seit fast 70 Jahren richtet sie alljährlich den größten und wichtigsten internationalen Wettbewerb für Pressefotografie aus. Alle in der Liebfrauenkirche gezeigten Arbeiten sind Preisträger dieses Wettbewerbs.
  • Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 24. März. Öffnungszeiten mittwochs bis freitags von 15 bis 20 Uhr, samstags von 14 bis 21 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr. Eintritt 8 Euro, Ermäßigungen möglich.
  • Alle Infos auf der Webseite www.duisburger-akzente.de

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