Duisburg. Dokumente sollen einen Abbau um 300 Stellen bei der DB Cargo in Duisburg nahelegen. Control-Tower und Job-Perspektiven: Das sagt die Bahn.
Die geplante Transformation bei der DB Cargo AG hat erneut Eisenbahner und Eisenbahnerinnen und Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) alarmiert. In Mainz bewiesen am Wochenende rund 350 Beschäftigte ihre Streitbarkeit und erinnerten auch an Kollegen in Duisburg. „Wir sind heute hier, um darauf aufmerksam zu machen, dass man mit uns nicht machen kann, was man will. Dass man uns nicht einfach von A nach B versetzen kann“, sagte Miriam Zimmermann von DB Cargo Duisburg.
Bereits Ende Februar haben Angestellte der DB Cargo AG und Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vor dem Kundenservice-Center der DB Cargo AG an der Masurenallee gegen die geplante Umstrukturierung des Logistikunternehmens protestiert. Sie fürchten einen massiven Stellenabbau in Duisburg.
„Ohne DB Cargo ist alles doof“ und „Güterwagen sind traurig, wenn sie auf dem Abstellgleis stehen“ steht auf Plakaten, die eine Handvoll Beschäftigte und Gewerkschafter in die Höhe halten. Bis zu 300 Stellen könnten im Control-Tower wegfallen, warnt die EVG. Mittelfristig seien in Duisburg weitere 150 Stellen gefährdet.
Die Pläne für den Abbau gehen laut der Gewerkschaft und dem Betriebsrat aus einem sogenannten Weißbuch hervor, das Restrukturierungsmaßnahmen zusammenfassen solle und maßgeblich von der Unternehmensberatung Roland Berger im Auftrag der Deutschen Bahn erarbeitet worden sei.
Stellenabbau bei der DB Cargo? Betriebsrat äußert Kritik
Mit der „Rammbock-Methode“ wolle DB Cargo die Transformation vorantreiben, sagt Kay Gottschall. Zwar brauche es Veränderungen, „doch diese müssen nicht auf dem Rücken der Belegschaft passieren“, argumentiert der Betriebsratsvorsitzende in Duisburg. Zudem werde zu wenig auf die Beschäftigten gehört, die das Geschäft kennen, heißt es am Mittwoch im Gespräch mit Martin Burkert, dem Vorsitzenden der EVG.
Fest steht: Derzeit ist die DB Cargo AG nicht rentabel. „Wir waren lange Marktführer“, sagt ein Bahnsprecher. Doch seit der Liberalisierung des Güterverkehrs im Jahr 2007 und einem von der EU politisch gewollten Wettbewerb hat die DB Cargo AG Marktanteile verloren.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt die schwierige Lage: 2022 bezifferte die Bahn den Verlust auf 665 Millionen Euro. Die Geschäftszahlen für 2023 – es wird erneut ein hoher Fehlbetrag erwartet – werden im März erwartet.
Kombinierter Verkehr soll umstrukturiert werden
Für die Wettbewerbsfähigkeit sei Veränderung notwendig, argumentiert die Bahn. Im Rahmen der Transformation möchte die DB Cargo den sogenannten Kombinierten Verkehr in vier Tochtergesellschaften gliedern. In dem Wachstumsgeschäft werden Container beispielsweise an einem Hafen abgeholt und dann möglichst lange über die Schiene weitertransportiert. Um die gesamte Prozesskette von der Auftragsannahme bis zur Wagen- und Zugbestellung kümmern sich Duisburger Kollegen.
Ziel sei es, auf den Schienen effizienter zu arbeiten, so wie es Mitbewerber schon umsetzen: Sie legen mit weniger Lokführern mehr Kilometer zurück. Bei der DB Cargo sei der von Neudorf-Süd gesteuerte Gütertransport im Kombinierten Verkehr aktuell mehr ein schnittstellenreicher „Stafettenlauf“, so der Bahnsprecher, zwischen Regionalzentren und mit wechselndem Personal. Dieses Prinzip sei anfälliger für Störungen (z.B. Personalprobleme) und letztlich deutlich weniger rentabel.
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Derzeit können die Lokführer noch wählen, ob sie bis zu zehn Tage am Stück unterwegs sein wollen. Eine Pflicht gibt es nicht. Das Wahlrecht ist im Tarifvertrag verankert. Zuletzt entschieden sich nach Recherchen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) nur wenige Mitarbeiter für den mehrtägigen Arbeitszyklus, für den eine Zulage gezahlt wird. Die Gewerkschaft bewertet den Weg über die Töchter als Angriff auf die Mitbestimmung der Beschäftigten.
Bei den Tochterfirmen bekommen Lokführer sogar tendenziell mehr Geld, müssen dafür aber dann auch teils deutlich länger am Stück fernab von zu Hause arbeiten. Man müsse, so ein Bahnsprecher, „die Dienstpläne der Mitarbeiter der betrieblichen Realität anpassen und die Angebote den Wünschen der Kunden“. Denn klar ist: „DB Cargo muss am Ende Geld verdienen.“
Deutsche Bahn: Zukunftssorgen der Mitarbeiter sind unbegründet
Für die Gewerkschafter sei bisher unklar, wie viele Stellen bei den Tochterfirmen entstehen und wie diese angesichts des Fachkräftemangels besetzt werden sollten. Angesichts der ungewissen beruflichen Perspektive seien die Kollegen in Duisburg verunsichert, heißt es weiter.
Diese Sorgen seien laut einem Bahnsprecher und mit Blick auf einen Arbeitnehmermarkt unbegründet. Er bestreitet zwar nicht, dass veränderte Prozesse auch einen veränderten Personalbedarf bedeuten können. Die Deutsche Bahn, einer der größten Arbeitgeber Deutschlands, habe aber „einen riesigen Personalbedarf“. So seien in den vergangenen Jahren jeweils mehr als 20.000 neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt worden. Es gehe deshalb weniger um einen Stellenabbau, sondern mehr um DB-interne Verlagerungen.
DG Cargo und die Rolle Duisburgs
Doch welche Rolle spielt bei der Transformation der Standort Duisburg? Unbestritten ist die herausragende Bedeutung der Rhein-Ruhr-Stadt, denn an der Masurenallee befindet sich der Control-Tower. „Es ist das Herz der DB Cargo“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Kay Gottschall. Von Neudorf-Süd aus werden täglich mehr als 3000 Güterzüge auf den Schienen überwacht und gesteuert. Dies leistet das Team nicht nur bundesweit, sondern die Mitarbeiter haben sämtliche Züge der DB Cargo in ganz Europa im Blick. „Duisburg hat als Standort an Bedeutung gewonnen und das bleibt so“, versichert ein Bahnsprecher.
Hinzu komme, dass die insgesamt 1000 Beschäftigten im Control-Tower ein „riesiges Eisenbahnwissen“ eint. Gerade die Belegschaft aus dem Bereich Güterverkehr sei unter dem Dach der DB vielfältig einsetzbar. „Wer Cargo kann, gilt in der Branche wie Goldstaub“, erklärt der Bahnsprecher wertschätzend. Duisburg und das Ruhrgebiet seien „ein extrem wichtiger DB-Standort“: „Bei der Bahn wird die Arbeit kaum ausgehen, schon gar nicht in und um Duisburg.“
>> DB CARGO: BETRIEBSRÄTE LEHNEN PLÄNE AB
- „Alle Betriebsräte bei Cargo lehnen das sogenannte Transformationsprogramm des DB-Cargo-Vorstandes geschlossen ab“, macht Kay Gottschall deutlich. Ein Alternativkonzept, das vom Gesamtbetriebsrat erarbeitet wurde, sei keinerlei Bedeutung beigemessen worden.
- Die Bahn wolle die Umstrukturierung im Zweifel auch gerichtlich durchsetzen, sollte keine Einigung mit den Arbeitnehmervertretern erreicht werden.
- Martin Burkert von der EVG kritisiert den aus seiner Sicht geplanten „Schrumpfkurs“: „Gehen die riskanten Pläne nicht auf, verzockt der Vorstand die Zukunft von DB Cargo. Dann wird der kombinierte Verkehr künftig vornehmlich von der Konkurrenz, insbesondere von der auf der Straße gefahren. Das hat dann noch weitreichendere Auswirkungen auf den Standort Duisburg und DB Cargo insgesamt.“
- Die Zahlen der DB Cargo haben auch die EU-Kommission auf den Plan gerufen. Die Verluste wurden in den vergangenen Jahren von der Deutschen Bahn aufgefangen, deren Eigentümer der Bund ist. Damit stellt sich die Frage, ob die DB Cargo mit einer versteckten Form der staatlichen Beihilfe am Leben gehalten wird. Derzeit läuft ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland.
(mit dpa)