Duisburg. „Säge-Sören“: Oberbürgermeister Link hat seinen Spitznamen bei vielen Duisburgern weg. Ist das schon Hetze oder noch gerechtfertigte Kritik?
„Sören-Allee“ an einem Baumstumpf, „Säge-Sören“: Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link muss sich einiges anhören, wenn es um Bäume geht; insbesondere um abgesägte. Viele Duisburger machen ihn persönlich verantwortlich für Baumfällungen vor ihrer Haustür, für liebgewonnene Alleen, von denen nur noch Stümpfe bleiben. Ist der Spitzname „Säge-Sören“ unfair oder verdient?
Klimakrise in Duisburg: Duisburger fürchten Hitzetote
„Da unser Oberbürgermeister damit nicht persönlich beleidigt, sondern ein realer politischer Kritikpunkt zugespitzt wird, der sich leider durch seine gesamte Amtszeit zieht, finde ich den Spitznamen in Ordnung“, heißt es in einem von dutzenden Kommentaren auf der Facebookseite unserer Redaktion.
Derselbe Nutzer kritisiert: „Sören Link hat offenbar bis heute nicht verstanden, wie wertvoll der alte Baumbestand sowohl für die Klimafolgenanpassung als auch für das Stadtbild ist, und dass Neupflanzungen keinen gleichwertigen Ersatz bieten.“ Gleichzeitig sei „Duisburg eine der heißesten Städte in ganz Deutschland“, noch mehr Hitze drohe durch „die fehlende Verdunstungsleistung der Bäume“. Tatsächlich hält Duisburg den bundesweiten Hitzerekord: Am 25. Juli 2019 wurden vom Deutschen Wetterdienst 41,2 Grad gemessen.
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Die sommerliche Hitze bereitet auch einer anderen Duisburgerin Sorgen. Zwar sei Sören Link „nicht alleine verantwortlich, aber er ist der OB“. Sie befürchtet mehr Hitzetote. „Wer angesichts dessen Kahlschlag betreibt, muss mit solchen Spitznamen rechnen!“
„Politik gegen Bäume“ in Duisburg: Sören Link kassiert den Ärger für SPD und Verwaltung
Völlig anders bewertet den Spitznamen „Säge-Sören“ ein Leser: „Ist halt billige Hetze, wie man sie sonst eher von der AfD kennt.“ Ein weiterer Nutzer verweist darauf, Sören Link sei zwar Oberbürgermeister, deshalb aber nicht allein verantwortlich für Baumfällungen in Duisburg: „Egal ob OB, Verwaltung oder politische Gremien“, sie alle ließen „Fällungen von Bäumen ohne Grund zu“.
Die Stadt Duisburg argumentiert bei anstehenden Fällungen regelmäßig, Bäume müssten für nötige Baumaßnahmen weichen (wie bei 6-Seen-Wedau oder der Wedauer Straße) oder seien krank und daher gefährlich für Passanten. Und: Sie nimmt Ersatzpflanzungen vor, für einen Abschnitt im Neubaugebiet 6-Seen-Wedau rodete die Gebag nach eigenen Angaben 80 Bäume und Sträucher; als Ersatz sollen 195 neue Bäume gepflanzt werden.
Die Argumente der Stadt lassen viele Duisburger nicht gelten; neue, junge Bäume könnten auch in größerer Zahl nicht solche ersetzen, die seit um die 100 Jahren im Stadtteil verwurzelt waren wie die Platanen an der Wedauer Straße. Ein User spricht von einer „Politik gegen Bäume“. Diese hätten zwar Ratsmehrheit und Verwaltung zu verantworten. Aber: „Repräsentiert wird diese Politik vom Oberbürgermeister als Chef der Verwaltung und SPD. In diesem Sinn ist der Spitzname gerechtfertigt.“
Ähnlich argumentiert Kerstin Ciesla, die Vorsitzende des BUND Duisburg. Zwar schreibt sie: „Der Spitznamen verkennt, dass es vor allem die komplette Groko ist, die hier keine Wertschätzung für gesunde, großkronige Bäume hat.“ Ciesla bezieht sich konkret auf die Sanierung der Wedauer Straße, die der Duisburger Rat mit den Stimmen von SPD und CDU beschlossen hat; die Fällung von 26 Bäumen inklusive. Trotzdem äußert sie Verständnis dafür, dass Menschen „ihre Kritik auf den OB fokussieren“.
Duisburger: Gefällte Bäume kosten Lebensqualität
Wie es auch ein Nutzer tut, der Link persönlich für die Fällungen in Wedau verantwortlich macht: „Er hat in Wedau den kompletten Charme des Stadtteils vernichtet.“
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Was die Duisburger auch nach Jahren noch nicht verschmerzt haben: die Abschaffung der Baumschutzsatzung von 2015, ebenfalls mit den Stimmen von SPD und CDU. Die Konsequenz fürs Grün in der Stadt und ihn persönlich schildert ein Nutzer so: „Seit dem Ende der Baumschutzsatzung wurden bei uns in der Straße in allen Gärten sämtliche Bäume gefällt. Unser Garten war der einzige mit altem Baumbestand. Davor war alles grün. Nun gut, jetzt haben wir Duisburg verlassen.“