Duisburg. Zwischen Rückhalt und Neid über Millionen-Subventionen: Ein Duisburger Bauer gibt einen seltenen Einblick in die Arbeit der Landwirtschaft.
Mit ihren Trecker-Demonstrationen haben die Landwirte viel Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Das harte Leben der Bauern ist aber mehr, als es Subventions- und Agrar-Diesel-Debatten suggerieren. In Duisburg gibt es noch rund 30 aktive Landwirte. Einer von ihnen: Reinhard Mosch.
Mit seiner Frau Marita bewirtschaftet er 150 Hektar in Mündelheim, davon sind 110 Hektar Ackerland und 40 Hektar Grünland. Noch, muss man sagen, denn das Paar ist im Rentenalter, die Söhne werden den Betrieb parallel zu ihren Hauptberufen fortführen und da ist die Hälfte dann immer noch groß genug.
Landwirtschaft in Duisburg: Herausforderungen im Naturschutzgebiet
Der gelernte Landwirt lebt mit und von der ihn umgebenden Natur. Seit 2001 ist er im Feuchtwiesen-Schutzprogramm, ackert ganz ohne Herbizide, Fungizide oder Insektizide. Er macht das aus Überzeugung, aber es hat seinen Preis: „Wir ernten nur die Hälfte und betreiben dafür deutlich mehr Aufwand“, sagt Mosch. 90 Hektar der Flächen liegen zudem im Naturschutzgebiet, wo strenge Auflagen gelten. So kann er aufgrund der eingeschränkten Erntezeiten nur zwei statt drei Heuernten einfahren.
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Vorgegeben ist in dem Förderprogramm auch eine vielfältige Fruchtfolge. Statt der verlangten fünf sind es bei ihm sieben: Zuckerrüben und Hafer, Weizen, Ackerbohne, Gerste, Raps und Dinkel wechseln sich auf seinen Feldern ab.
Da sei es nur fair, dass die entstehenden Ernteausfälle über EU-Subventionen getragen werden, findet er. Subvention sei ohnehin ein Wort, das für viel Missverständnis und Neid sorgt. Es sind Ersatzzahlungen für seine Dienste, die auch noch versteuert werden müssen, betont Marita Mosch, von denen sie Pacht und Maschinen, Sprit und Versicherungen, Saatgut und Düngemittel bezahlen. Von Honoraren wollen sie gar nicht sprechen, denn gemessen an den Arbeitsstunden springt weniger als der Mindestlohn heraus.
Vom Land gefördert werden zudem die Blühstreifen, die insgesamt vier Hektar umfassen und sowohl die Insekten als auch die Spaziergänger erfreuen.
Eingeschränkte Erntezeiten machen es Bauer Mosch schwer
Aktuell läuft Mosch wieder die Zeit davon, weil er nur bis zum 15. März den Boden bestellen darf. Der ist aber nach all dem Regen so wassergesättigt, dass man mehr kaputt machen würde, wenn man jetzt mit schwerem Gerät darüber fahren würde. Zehn Tage müsste es mindestens trocken sein, am besten bei Nordost-Wind, damit Gerste gesät werden kann. Ist der Boden bis zum 15. März nicht trocken genug, muss er Sonderanträge bei der Unteren Landschaftsbehörde stellen, deren Bearbeitung nicht immer mit dem Wetter im Einklang steht. „Solche Zeitpläne werden mit wenig Sachverstand gemacht“, beklagt Mosch.
Auch im Sommer hat er solche Engpässe: Erst ab dem 15. Juni darf er mähen – und wird sich wieder ärgern, wenn am 10. das Wetter schon ideal wäre. Im letzten Jahr hätten manche Landwirte im Umkreis nicht alle Kartoffeln und Zuckerrüben ernten können. Die landen dann in der Biogasanlage. Der pitschnasse Weizen war selbst dazu nicht mehr geeignet und wurde untergemulcht.
„Betriebsrisiko“ nennt Mosch das. Für schlechte Jahre brauchen Landwirte eine finanzielle Grundlage, um mit den roten Zahlen nicht jahrelang zu kämpfen, fordert der Mündelheimer. Rücklagen muss er aber sofort versteuern. Die Kosten für den Erwerb von Flächen werden seine Söhne bis zur Rente begleiten.
Sperrmüll am Rheinufer „im Besitz“ des Landwirts
Entlang des Rheinufers, „liegt mein neuester Besitz seit dem Hochwasser“, sagt Mosch ironisch. Zweieinhalb Kilometer lang ist der gut zwei Meter breite Spülsaum aus Ästen, Kunststoff, Müll. Immerhin stellt die Stadt Container, aber wegräumen und trennen muss es die Familie mitsamt Freunden, die einen ganzen Samstag lang anpacken werden.
Der Landwirt ist es gewohnt, mit der Natur zu gehen. Sie bestimmt den Takt und die Arbeitszeiten, auch im Büro, wo sich das Ehepaar durch gesetzliche Vorgaben und viel Bürokratie kämpft. Als Gänsebauer kauft Mosch zum Beispiel Gülle zu, um seine Felder zu düngen. Die Nitratwerte seien alle in Ordnung und die Gülle nachweislich von bester Güte. Die Kontrolle sei wichtig, aber oft zu aufwändig.
Permanent gibt es neue Entwicklungen in der Landwirtschaft. Versuche, mit denen man zugleich die Artenvielfalt unterstützen und Ernteausfälle minimieren kann. Auf zwei Feldern läuft derzeit ein Experiment, angestoßen vom Sohn: Um den Herbizid-Gebrauch weiter herunterzufahren, hat die Familie hier Luzerne angebaut. Sie soll binnen vier Jahren die Felder „sauber“ machen, unkrautfrei. Schon nach einem Jahr sieht man den Unterschied, denn unter der Luzerne wächst kaum noch Gras. „Die Unterdrückung liegt bei 90 Prozent!“, freut sich Mosch. Nach vier Jahren soll hier Sommerweizen angebaut werden, der könne den entstandenen Stickstoff im Boden am besten umsetzen.
Und bis dahin wird dreimal im Jahr die Luzerne als Futter für einen Milchviehbetrieb geerntet, der sie einsiliert, also haltbar macht. Am Feldrand stehen ein paar Rehe. Sie fühlen sich auf dieser wie eine Halbinsel wirkenden Fläche, umringt von einem Rheinbogen, heimisch. Und Luzerne mögen sie auch, sagt Mosch.
EU fordert Blühstreifen zwischen den Feldern
Gegenüber auf der anderen Seite des Feldwegs sieht man noch so eine Konsequenz der Förderbedingungen für EU-Subventionen am Boden. Hier hat Mosch im September wunschgemäß Ölrettich und Rauhafer gesät, damit das Land nicht brach liegt zwischen Ernte und nächster Saat. Die Pflanzen sind erfroren und dann mit einer Walze platt gerollt worden – viele Treckerstunden für den Naturschutz. Demnächst soll hier Sommergerste wachsen.
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Der Pflug kommt dafür nicht zum Einsatz. In der Kooperative Mündelheim, in der alle Landwirte des Wasserwerkeinzugsgebiets vereint sind, wurden früher 80 Prozent der Flächen gepflügt, inzwischen werden 90 Prozent pfluglos bearbeitet, berichtet Mosch stolz. Die möglichst flache Bodenbearbeitung sei dem Gewässerschutz dienlich. Sie befeuert allerdings Unkräuter, die man nicht überall mit Luzerne bekämpfen kann. Er steht im steten Austausch, besucht andere Landwirte, auch Biobetriebe, und probiert aus, was auf seinen Schollen dem Naturschutz und der Produktivität gleichermaßen dienen kann.
Der Ackerbau ist sein Risiko-Geschäft, sagt Mosch, die gesicherten Einnahmen kommen über die Ende Mai ankommenden 450 Gänseküken, die sich auf den Rheinwiesen satt essen dürfen und ab November im Hofladen verkauft werden.
Auch die Baumpflege im Naturschutzgebiet gehört zu seinen Aufgaben. Die Stadt trägt die Kosten für den Sprit, mit dem Holz feuert er seine Hackschnitzel-Heizung. So hat er es warm, „aber die Arbeitszeit darf man nicht mit einrechnen“, sagt er, die seiner Frau und seiner Kinder „schon gar nicht“.
>> SEIT DEMOS MEHR WERTSCHÄTZUNG FÜR LANDWIRTE
- Familie Mosch hat sich an den Trecker-Demos in den vergangenen Wochen beteiligt. Seither hat sie den Eindruck, dass der Beruf der Landwirte in der Öffentlichkeit wieder mehr wertgeschätzt werde.
- „Aber die Menschen kaufen danach trotzdem beim Discounter“, sagt Mosch. „Sie wollen dicke Autos, tolle Urlaube und sparen dann am Essen“, glaubt er.
- Das Ehepaar ärgert das, schließlich „sind unsere Produkte besser denn je, auch besser kontrolliert“. Da wäre ein bisschen mehr Anerkennung durch die Politik auch mal schön.
- Sie selbst kaufen lieber regional als Bio. „Die Milch kommt vom Supermarkt, der nächste Milchhof ist 20 Kilometer entfernt, das wäre ökologischer Unsinn.“