Duisburg. Das Café Movies ist zahlungsunfähig – aber gut besucht. Warum die Gastro-Konkurrenz aus der Nachbarschaft ein Aus des Cafés bedauern würde.
Das Cafés Movies ist pleite. Die Nachricht hat für Bestürzung in der Duisburger Gastro-Szene gesorgt, schließlich ist das Bistro nicht nur bei Kinogängern eine beliebte Adresse. Bei einer Stippvisite am Dellplatz am Freitagabend zeigt sich: Der Betrieb läuft.
Deutschland spielt Handball, es ist Januar und es geht langsam aufs Monatsende zu — doch im Movies ist jeder Tisch belegt. Parallel kommen noch Gäste, die ins Kino und sich mit Getränken versorgen wollen. Eine Symbiose, die viele Jahre gut funktioniert hat. Und auch jetzt fragen sich viele Gastro-Kenner und Entscheider im Hintergrund: „Wieso kann so ein Laden, der fast jeden Abend voll ist, Pleite gehen?“
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Jens Müller, der bisherige Betreiber, der am 19. Dezember Insolvenz anmeldete, führt die finanzielle Schieflage unter anderem auf die Corona-Zeit zurück, als das Kino nicht voll ausgelastet werden durfte, und dadurch auch nicht so viele Leute ins Café kamen. „Außerdem habe ich hier eine Menge Geld investiert. Es gab Absprachen, dass der Vermieter das bei der Miete berücksichtigt“, erklärt Müller auf Nachfrage. Leider sei dies nicht schriftlich fixiert worden. „Später wollte sich keiner mehr daran erinnern“, so Müller.
Beliebtes Duisburger Bistro versorgt auch Besucher vom Kino „Filmforum“
Vermieter ist in diesem Fall das Immobilienmanagement der Stadt Duisburg (IMD). Das Café hat einen eigenen Mietvertrag und ist somit unabhängig vom Kino zu betrachten. „Ich bedauere sehr, dass wir zu Vertragsinhalten keine Auskünfte erteilen können“, erklärt Stadtsprecher Malte Werning. Auch, ob es konkrete Mietrückstände gebe, wie man sich am Dellplatz erzählt, könne man nicht sagen. Aber: „Die Wichtigkeit einer guten Lösung für die Kinogastronomie ist uns mehr als bewusst.“
Dies bestätigt auch der Insolvenzverwalter Mark Steh vom Büro „Hammes Insolvenzverwalter“ aus Rheinhausen. Er ist seit 22 Jahren im Geschäft und hat schon einige Fälle aus der Gastronomie übernommen. „Es sind alle an einer guten Lösung interessiert.“ Er sichtet gerade die Finanzen und verschafft sich einen Überblick. Die Mitarbeiter bekommen aktuell Insolvenzgeld und können ihrerseits wieder selbst Miete zahlen und einkaufen. Die Insolvenz hat auch ganz persönliche finanzielle Notstände für sie zur Folge. Doch 15 von 23 Mitarbeitern, darunter zahlreiche Aushilfen, arbeiten dennoch weiter.
Viele Stammgäste kommen, um das Movies jetzt zu unterstützen
„Das ist hier alles sehr persönlich, wir kennen unsere Gäste“, sagt Betriebsleiterin Stefanie. Eine Kollegin arbeitete schon seit 20 Jahren im Movies. Immer wieder kommen Besucher, fragen nach einem Tisch: „Wir wollen euch unterstützen. Hauptsache, ihr bleibt geöffnet“, sagen sie beispielsweise.
Ulf, Heike und Andreas sitzen gerade beim Essen. „Wir kommen sogar aus Moers über den Rhein hier hin“, erklären sie. Mit der Vorgängerin von Jens Müller sei man über die Jahre verbunden. Doch auch seit das Movies unter neuer Leitung stand, sei es noch schön. Dorothee, Daniela und Tina treffen sich ebenfalls gerne im Movies. Sie wohnen in unterschiedlichen Stadtteilen, der Dellplatz liegt zentral. „Das Essen ist frisch und schmeckt. Und es ist eine nette Atmosphäre“, sind sie sich einig. Auch für andere Besucher, die noch ins Kabarett in die benachbarte „Säule“ wollen, ist das Bistro eine gewohnte und beliebte Adresse. „Es wäre wirklich schade, wenn das hier zu Ende geht.“
Gastronomen am Dellplatz hoffen ebenfalls, dass es weiter geht mit dem Movies
Das finden übrigens auch die „Konkurrenten“ aus der Nachbarschaft. Conny Fuhr, die seit 17 Jahren im „Webster“ arbeitet, weiß: „Wenn die Leute im Movies keinen Platz mehr bekommen, kommen sie zu uns. Essen und trinken was und gehen dann weiter.“ Oder sie schauen nach dem Film noch auf einen Absacker vorbei. Im Sommer gleicht der Dellplatz ohnehin einem großen Biergarten. „Als wir Fußball übertragen haben, war es hier richtig voll. Alle haben gejubelt, das war Wahnsinn.“ In diesem Jahr gibt’s immerhin die EM im eigenen Land.
Auf der anderen Seite des Movies, im Bora, ist am Freitagabend ebenfalls kaum noch ein Platz zu bekommen. Zwar wurde bisher gemunkelt, dass der Nachfolger vom Grammatikoff nur schwer in Gang kommt und die Bar des öfter leer sei, doch freitags läuft‘s offenbar. „Anfang der Woche ist schwierig, aber zum Wochenende wird’s voller und ich rate den Leuten, zu reservieren“, sagt Namensgeber und Betreiber Bora Erdogan.
Das Publikum an den Tischen ist gemischt. Claudia und Antje sind heute zum ersten Mal hier. Eigentlich wollten sie ins Café, das bei vielen immer noch „Graefen“ heißt, aber sie waren ein bisschen zu früh dran. „Ich kann noch gar nicht sagen, wie es mir gefällt. Aber ich finde gut, dass es das Bora gibt und ein Angebot macht“, findet Claudia. Ihre Begleitung Antje sagt: „Es gibt ja kaum noch etwas in Duisburg, wo man nett sitzen und auch mal spontan etwas trinken kann.“
Bora Erdogan ist mit dem Start zufrieden. „Es ist aber viel Arbeit und schwierig, gutes Personal zu finden. Ob ich das nochmal machen würde, weiß ich nicht.“ Nichtsdestotrotz könne er sich vorstellen, auch das Movies zu übernehmen, „wenn ich beispielsweise unsere Küchen zusammenlegen könnte.“ Er habe sein Interesse beim IMD bekundet.
Künftiger Betreiber soll ein Konzept und Businessplan vorlegen
Michael Beckmann, Chef des Kinos Filmforum, erklärt auf Nachfrage: „Seit der Verkündung steht das Telefon bei uns nicht still. Es gibt einige Interessenten.“ Auch der ehemalige Movies-Betreiber Jens Müller hatte einen Nachfolger vorgeschlagen. Allerdings haben das Filmforum und der Aufsichtsrat bei der Besetzung ein Wort mitzureden. Sie wollen von einem neuen Betreiber ein Konzept und einen Businessplan vorgelegt bekommen, damit das Movies nicht in einigen Monaten oder Jahren wieder in Schwierigkeiten steckt. „Wir sind sehr daran interessiert, eine Gastronomie zu finden, die zum Filmforum passt“, betont Beckmann.
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Das Insolvenzgeld wird an die Mitarbeiter noch bis Ende Februar gezahlt. Wenn sich durch die Öffnung des Movies die finanziellen Rückstände nicht noch mehr vergrößern, könnte der Betrieb auch darüber hinaus erst einmal weitergehen. Das würde die Gäste und die Wirte am Dellplatz freuen.