Duisburg. Danny Pietruszak überlebte den Drogenrausch auf der Straße. Jetzt lebt er in seiner ersten eigenen Wohnung. Wie er dort Weihnachten feiert.
Neben dem Bett steht ein Tannenbaum aus Plastik, ohne Beleuchtung. Die Lichterkette liegt in der Ecke. Es fehlt der Adapter fürs Netzteil. Das ist die gesamte Weihnachtsdeko in der kleinen Altstadt-Wohnung. Hier wird Danny Pietruszak ganz allein Heiligabend feiern. Für den 32 Jahre alten Ex-Obdachlosen aus Duisburg kein Problem. Er ist froh, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben, nachdem er das Leben auf der Straße überlebt hat.
Das erscheint verständlich bei seiner Geschichte: Die Eltern lassen sich scheiden, als Danny zehn ist. Er bleibt bei der Mutter. „Die hat den ganzen Tag gepennt. Ihre Hunde waren wichtiger als die Kinder. Die Bude sah aus wie Kraut und Rüben. Wir Geschwister sind alle im Heim untergekommen“, sagt Pietruszak. Kontakt zu den Eltern? Fehlanzeige. Kontakt zu den Geschwistern? Null.
Nach verkorkster Kindheit: Flucht mit Drogen in eine ungehemmte Welt
Im Kinderheim hält es der gebürtige Oberhausener nicht lange aus. „Mir war alles egal. Irgendwann habe ich zu Drogen gegriffen.“ Der Jugendliche flüchtet mit Alkohol, Cannabis, Amphetaminen, LSD, Kokain und sogar Crystal Meth in eine ungehemmte Welt. Er probiert viel aus, außer Heroin. „Da habe ich zum Glück die Finger von gelassen.“
Mit Hängen und Würgen schafft er den Hauptschulabschluss nach Klasse neun. Als Härtefall bekommt Pietruszak schon mit 16 staatliche Unterstützung durch das frühere Arbeitslosengeld II, heute Bürgergeld. Nebenbei verdient er ein bisschen mit Aushilfsjobs wie Anstreichen oder Gartenarbeit.
Dann zieht er herum. Wohnt mal hier, mal da – immer, wo gerade Platz ist bei Freuden oder woanders. Seine Clique steht auf rasanten Techno. Daher auch das Tattoo „Frenchcore“ auf dem Unterarm, ein Hardcore-Techno, der einpeitscht, besonders auf Droge. Mit 18 übernachtet er das erste Mal auf der Straße. „Es ist richtig kalt. Du machst kein Auge zu. Ständig könnte jemand vorbeikommen.“
Danny Pietruszak lebt drei Jahre obdachlos in Rheinhausen, fasst wieder Fuß, bekommt eine Wohnung. Und lässt dann Termine im Jobcenter verstreichen. „Ich habe drei Tage durchgepennt.“ Er verpasst die Chance, verliert die Stütze, kommt wieder bei einem Kumpel unter, kann aber nichts zu den Nebenkosten beisteuern. Also flüchtet er für ein paar Monate mit ein paar Decken in ein Zelt auf einer früheren Mülldeponie.
Eigene Wohnung als Schutzraum: „Nicht mein erstes Weihnachten allein“
Die Drogen verändern den Charakter. Er wird aggressiver. „Dann gab es Stress in einer Wohnung und ich habe jemanden zusammengedroschen. Wegen schwerer Körperverletzung musste ich für acht Monate in den Knast“, sagt Pietruszak. Wieder auf freiem Fuß darf er sich nun für einige Jahre nichts mehr zuschulden kommen lassen.
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Bei Pater Oliver findet er Unterschlupf im Petershof in Marxloh. Die Diakonie vermittelt den Drogenentzug im Marien-Hospital in Hochfeld. Den vergangenen Winter verbringt er nachts in einer Notunterkunft. Und lebt jetzt vorübergehend in einer Wohnung des Diakoniewerks Duisburg. Dafür gibt es Regeln, ebenso wie für die Bewährungszeit nach dem Strafvollzug. Aber nicht nur deswegen will der frühere Obdachlose sein Leben verändern.
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„Ich habe keinen Kontakt mehr zur alten Clique und will mit Drogen und Alkohol nichts mehr zu tun haben.“ Sein Schutzraum ist die Wohnung. „Ich will viel allein sein.“ Und Heiligabend? „Da schaue ich Fernsehen und höre entspannte Musik aus den 80ern. Ist nicht mein erstes Weihnachten allein.“