Duisburg. Als Paketbote verkleidet griff ein Mann seinen Bruder mit Pistole und Messer an und verletzte ihn schwer. Stellungnahme am letzten Prozesstag.
Der Angriff kam aus dem Nichts. Erst im letzten Moment erkannte ein 35-jähriger Rheinhauser den als Paketbote verkleideten Mann im Treppenhaus als seinen Bruder, den er seit acht Jahren nicht mehr gesehen hatte. Der zog ohne ein Wort eine Pistole. Als die versagte, griff er zu einem Messer und verletzte den Rheinhauser schwer. Das Landgericht Duisburg schloss das Verfahren gegen den 32-jährigen Mülheimer nun nach mehreren Verhandlungstagen ab.
Vor der Tat am 26. Mai dieses Jahres hatte der Angeklagte den Aufenthaltsort des Geschädigten recherchiert. Dann besorgte er sich die unverdächtig erscheinende Kleidung und stattete sich mit Waffen aus. Doch mit einem hatte der 32-Jährige nicht gerechnet: sein Bruder setzte sich zur Wehr.
Mordprozess in Duisburg: Täter gab seinem Bruder Schuld für Gewalterfahrungen
Zunächst drückte er die Pistole weg, die aus ungefährlicher Entfernung nur eine geringe Menge Reizgas freigesetzt hatte. Der Angreifer zog daraufhin ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von rund 20 Zentimetern und stach auf seinen Bruder ein. Der 35-Jährige erlitt klaffende Wunden am Hals und Abwehrverletzungen an Händen und Armen. Ein zweites Mal konnte der sehr viel muskulösere ältere Bruder den jüngeren Angreifer entwaffnen und aus dem Treppenhaus auf die Straße flüchten.
Sehr spät im mehrtägigen Verfahren gab der Angeklagte eine Stellungnahme zur Sache ab, und gab die äußeren Umstände der Tat zu. Sein Motiv deutete der Angeklagte nur an: offenbar gab er dem drei Jahre älteren Bruder die Schuld für Vorfälle von häuslicher Gewalt in der Familie, die dazu führten, dass er bei einer Pflegefamilie aufwuchs. „Ich wollte ihn aber nicht töten.“
Langjährige Haftstrafe für Mülheimer wegen versuchten Totschlags
Eine Beteuerung, die die Strafkammer für widerlegt hielt. Wer so aggressiv und mit einer Vielzahl von Stichen gegen einen Menschen vorgehe, der nehme dessen möglichen Tod zumindest billigend in Kauf, argumentierte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Die Kammer verurteilte den 32-Jährigen wegen versuchten Totschlags zu sechs Jahren und neun Monaten Gefängnis.
Den ursprünglich in der Anklage erhobenen Vorwurf des versuchten Mordes sah die Kammer allerdings als nicht verwirklicht an. Die erste Aktion mit der Pistole sei möglicherweise zwar heimtückisch, objektiv betrachtet aber ungefährlich gewesen. Und als der Angeklagte zum Messer griff, sei der Geschädigte nicht mehr arg- und wehrlos gewesen.