Athletisch schlagen sie Salti und Räder, akrobatisch wirbeln sie mit Bambusstöcken, Schwertern, Spießen, Hellebarden und Metallröhren: Im Theater am Marientor gastierten die Shaolin-Mönche.
Vor 1500 Jahren war China noch nicht so hochgerüstet wie heute. Damals war es ein Kaiserreich, keine Volksrepublik. Und anders als heute war die Bedrohung für China damals noch real: Gegen abtrünnige Warlords, Mongolen und Piraten rief der Kaiser von China ausgerechnet Mönche zur Hilfe, vom legendären Shaolin-Kloster aus der Provinz Henan. Denn die hatten eine neue, sehr effiziente Kampf-Technik entwickelt, das Shaolin Kung Fu. Die Feinde erstarrten in Ehrfurcht und flohen. Was daraus geworden ist, erlebten fast 1500 begeisterte Zuschauer am Sonnabend im nahezu ausverkauften Theater am Marientor.
Auf dem Platz vor dem rot erleuchteten Shaolin-Kloster kämpften zwölf männliche Darsteller zwei Stunden lang, als hätte sie der letzte Kaiser gerufen. Mit grimmigen, ernsten oder einfach hochkonzentrierten Minen tobten die Asiaten völlig humor- und schmerzfrei über die Bühne, mal als Einzelkämpfer, mal als Formation. In atemberaubendem Tempo zeigte das rasende Dutzend, was friedliche Mönche so alles können, wenn sie zu unberechenbaren Kampfmaschinen werden.
Athletisch schlagen sie Salti und Räder, akrobatisch wirbeln sie mit Bambusstöcken, Schwertern, Spießen, Hellebarden und Metallröhren. Sie weichen blitzschnell dem Gegner aus, um dann sofort mit Händen und Füßen treffsicher zuzuschlagen. Sie legen sich mit blanker Brust auf scharfe Spieße und Schwerter und legen dann noch einen drauf: Eine Betonplatte. Und unter dem Jubel des Publikums schlagen sie sich Bambusrohre und Eisenstäbe auf den kahl geschorenen Kopf. Das Material zerbirst, der Mönch bleibt heil, verneigt sich und betet. Die Musik spielt dazu irgendwie fernöstlich, diffus esoterisch, mal dramatisch, mal mythisch.
Das Publikum war beeindruckt - von der gelungenen sportlichen Demonstration von enormer Härte, Disziplin, Ausdauer, Reaktion, Konzentration und Entsagung. Am Rande erfuhren die Fans von Bruce Lee und Jackie Chan, woher die Kämpfer aus dem Reich der Mitte ihre Kraft schöpfen. Das Geheimnis liegt in der Meditation, im Tai Chi, das durch alle Teile des Körpers fließt. Dabei verschmelzen Geist und Körper zu einer Einheit, so ein Sprecher aus dem Off. Selbstverteidigung, ohne jemand zu verletzen, nur um den Gegner kampfunfähig zu machen. Dabei sind in den Kung Fu Filmen die Bösewichte hinterher meistens mausetot. Und in der sehenswerten Show im TAM wurde auch nicht gerade mit Wattebäuschchen geworfen. „Everybody was Kung Fu fighting…”