Duisburg. Ist der Wechsel vom Gymnasium zum Berufskolleg ein Abstieg oder ein guter Neuanfang? Diese Erfahrungen haben zwei Schüler aus Duisburg gemacht.
Sie wirken zufrieden und auch ein bisschen stolz. Nele Hergarten und Finn Leiting sind nach Klasse 10 vom Gymnasium in Duisburg abgegangen. Der Wechsel auf das Friedrich-Albert-Lange-Berufskolleg (FAL) hat ihnen sichtlich gut getan.
Nele Hergarten ist in Klasse 13, bereitet sich gerade auf das Abitur vor. Finn Leiting hat das Abitur schon in der Tasche, aktuell ist er im Praktikum und Ende September dann zusätzlich Gestaltungstechnischer Assistent. „Für den Abschluss habe ich am Ende drei Monate und nicht drei Jahre gebraucht, das kann nur gut sein“, betont der 19-Jährige, „auch wenn die Ausbildung allein auf dem Arbeitsmarkt nicht so viel Wert ist.“
„Alternative Wege zum Abitur“: Infos in Duisburg nur für schlechtere Schüler?
Vermittelt werden Grundlagen aus dem Berufsbild des Mediengestalters. Sein Abischnitt von 1,9 wird der Türöffner sein. „Wäre ich am Gymnasium geblieben, wäre es deutlich schlechter ausgegangen.“
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Ab Herbst will er reisen, unterwegs die Entscheidung fällen, ob er eine Ausbildung zum Automobilkaufmann dranhängt oder doch lieber studiert. Das Praktikum habe ihm gezeigt, dass die Werbebranche auf Dauer nichts für ihn ist, das Wissen könne er aber an anderer Stelle einsetzen.
Nele und Finn haben vor ihrem Wechsel am Mannesmann-Gymnasium die Infoveranstaltung „Alternative Wege zum Abitur“ besucht. „Wenn du eine 4 auf dem Zeugnis hattest, musstest du da hin“, erzählt die 18-Jährige. Es habe sich angefühlt, als wolle man sie abschieben. Dabei hatte sie zum Abschied einen Schnitt von 2,0.
Der Sprung lohnte sich aber: „Am FAL war alles ganz anders, modern wie ein Bürogebäude, die Lehrer super locker. Das war kein Abstieg, sondern ein Neuanfang“, betonen die beiden.
Individuelle Förderung, nicht nur fachspezifisch, sondern auch beim Erwachsenwerden sei groß geschrieben worden. Dass keine Fünftklässler über die Flure flitzen, sondern nur Jugendliche und Erwachsene da sind, prägt die Atmosphäre entscheidend.
Am Anfang sei der Leistungsstand noch sehr unterschiedlich gewesen, Wissenslücken mussten geschlossen werden. „Nach einem halben Jahr hatten wir unser Gleichgewicht gefunden“, erzählt Finn. Es hat ihm auch gut gefallen, nicht mehr in Kurse einer Jahrgangsstufe zu gehen, sondern im Klassenverband zu lernen.
Verlockend: Kein Mathe im Abi
Als wesentlichen Unterschied zwischen dem Berufskolleg und anderen weiterführenden Schulen beschreiben die beiden die Motivation: „Am Gymnasium liegen manche mit dem Kopf auf dem Tisch, haben das Gefühl, sie müssen das machen. Hier haben sich alle freiwillig entschieden, sie haben Bock und sind interessiert.“
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Das Bonbon war für beide, dass sie im Abi kein Mathe nehmen mussten, der verpflichtende Leistungskurs Gestaltungstechnik gilt in ihrem Ausbildungsgang als Naturwissenschaft.
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Und welchen Haken gibt es aus ihrer Sicht? Dass man sich als Zehntklässler schon auf einen Fachbereich festlegen muss. „Das Risiko besteht, dass es einem nicht gefällt“, sagt Nele. Aber sie wusste, dass sie was Kreatives machen will und mehr lernt, wenn sie an etwas Spaß hat. Nach dem Abi plant sie ein Freiwilliges Soziales Jahr ein, danach vielleicht ein Studium - oder doch eine Ausbildung? Auch nach dem Abi am Berufskolleg sei man alles andere als festgefahren.
Informationen über die verschiedenen Angebote der Berufskollegs in Duisburg gibt es auf der Webseite der Stadt Duisburg.