Duisburg. Erneut war Dr. Andreas Hammacher in Vietnam im ehrenamtlichen OP-Einsatz für Kinder. Was den Chirurgen aus Duisburg besonders motiviert.

Das Giang eine Korrektur ihrer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte bekommen hat, verdankt das Baby Dr. Andreas Hammacher. Für den Verein Deviemed, in dem sich Mediziner ehrenamtlich für die Behandlung angeborener Fehlbildungen des Gesichts engagieren, ist der Chefarzt der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) der Helios Klinik Duisburg-Homberg nun zum zweiten Mal nach Vietnam gereist.

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Die Einjährige ist eines von 80 Babys und Kleinkindern, die das Deviemed-Team aus Anästhesisten, HNO- und Kinderärzten sowie MKG-Chirurgen in nur zwei Wochen operiert. Vor dem Einsatz in der Stadt Da Nang haben Helfer des Vereins die Nachricht in 700 Kilometer Umkreis auch in entlegene Dörfer verbreitet, damit die kleinen Patienten rechtzeitig für die etwa 90-minütige Operation in die Klinik gelangen.

Mehr Kinder mit Fehlbildungen: Mögliche Spätfolge des Vietnam-Kriegs

In Vietnam kommen deutlich mehr Kinder mit Behinderungen zur Welt als in westlichen Ländern. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten treten schätzungsweise doppelt so häufig auf wie in Deutschland. Eine Ursache könnte der Einsatz dioxinhaltiger Entlaubungsmittel wie „Agent Orange“ während des Vietnamkriegs sein. Aber auch Unter- und Fehlernährung spielen wohl eine Rolle.

Ein normales Leben können die Kinder ohne den Eingriff kaum führen: Schon die Nahrungsaufnahme ist äußerst problematisch, zur ästhetischen Entstellung kommt Schwierigkeiten, sich verständlich zu machen. Deshalb unterstützt der Verein auch den Aufbau einer funktionelle Rehabilitation durch HNO-Ärzte und Logopäden in Vietnam.

Erfahrene Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen wie Dr. Andreas Hammacher sind in Vietnam rar. Deshalb engagiert sich der Chefarzt der Helios Klinik Duisburg-Homberg in Vietnam. Auch Kinder, die im Friedensdorf International in Oberhausen versorgt werden, operiert der Duisburger Chefarzt.
Erfahrene Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen wie Dr. Andreas Hammacher sind in Vietnam rar. Deshalb engagiert sich der Chefarzt der Helios Klinik Duisburg-Homberg in Vietnam. Auch Kinder, die im Friedensdorf International in Oberhausen versorgt werden, operiert der Duisburger Chefarzt. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Operation durch Deviemed ist zumeist die einzige Hoffnung für die Kinder

Die Möglichkeiten zur operativen Versorgung dieser Spaltfehlbildungen sind in Vietnam rar. Das Land braucht beim Aufbau interdisziplinärer Strukturen für spezialisierten Spaltzentren noch Hilfe. Für ihren Aufbau besteht eine Kooperation mit der Universität Hue. Derweil bleiben die vergleichsweise einfachen Umstände, unter denen in Vietnam operiert wird, für die zumeist kleinen Patienten die einzige Hoffnung.

Das Deviemed-Team absolviert einen Marathon: Neun Stunden pro Tag im Operationssaal bringen die Ärzte auch an ihrer körperlichen Grenzen. „Aber mit jedem Lächeln wissen wir genau, wofür wir das machen. Jede investierte Minute im OP lohnt sich“, sagt Dr. Andreas Hammacher.

Homberger Chefarzt: Dankbarkeit der Menschen berührt und motiviert

Trotz begrenzter Ressourcen spüre das Team jederzeit eine große Herzlichkeit und Dankbarkeit der Menschen, berichtet der 61-Jährige. „Es ist eine Erfahrung, die uns tief berührt und motiviert.“ Die medizinischen Leistungen haben in Vietnam „einen ganz anderen Stellenwert“, sagt der Homberger Chefarzt. „In nur 60-90 Minuten können wir die Lebensqualität so vieler Kinder deutlich verbessern und das lassen sie uns auch spüren.“

Die zweiwöchige Mission mache „einen enormen Unterschied für so viele Menschen“, sagt Dr. Andreas Hammacher. „Unbeschreiblich“ sei deshalb auch die Freude des Vaters der kleinen Giang nach der erfolgreichen Operation gewesen. Er kann die Bedeutung für das weitere Leben des kleinen Mädchens besonders gut ermessen: 22 Jahre zuvor wurde die gleiche Fehlbildung bei ihm erfolgreich von einem Deviemed-Team behandelt.

>> HUMANTÄRE UND MEDIZINISCHE HILFE FÜR VIETNAM

  • Die Deutsch-Vietnamesische Gesellschaft zur Förderung der Medizin in Vietnam e.V. (DEVIEMED) wurde 1995 gegründet, um humanitäre und medizinische Hilfe für vietnamesische Patienten zu leisten.
  • Über Austauschprogramme und der Unterstützung von Promotionen fördert der Verein die Aus- und Fortbildung von vietnamesischen Ärztinnen und Ärzten.
  • Durch die Entsendung von OP-Teams gewährleistet Deviemed die kieferorthopädische Behandlung von angeborenen Fehlbildungen im Land. An zwei Einsätzen pro Jahr sind jeweils erfahrene Fachärztinnen und Fachärzte sowie Pflegepersonal beteiligt.
  • Bislang wurden rund 3900 zumeist sehr junge Patienten erfolgreich von den Teams operiert. Um weiter helfen zu können, ist Deviemed auf Spenden angewiesen. Info: https://www.deviemed.de/jetzt-helfen-3