Duisburg. Firmen fahnden nach Fachkräften, doch viele Ausländer dürfen hier nicht arbeiten. So helfen IHK und Jobcenter nun ukrainischen Geflüchteten.
Es klingt paradox. Arbeitskräfte werden einerseits händeringend gesucht – und gleichzeitig gibt es Fachkräfte, die die wachsende Lücke schließen könnten. Zum Beispiel geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Aber diese müssen zuerst ihre berufliche Qualifikation nachweisen, bevor sie in offene Stellen vermittelt werden können. Denn nur so können Unternehmen beurteilen, ob eine Geflüchtete oder ein Geflüchteter die notwendige Qualifikation besitzt und gezielt Jobs anbieten. Aktuell sucht das Jobcenter Duisburg Arbeit für rund 1000 Menschen aus der Ukraine. Das sind vornehmlich Frauen, aber auch Männer sind dabei.
Geflüchtete benötigen zahlreiche Dokumente, um ihren Berufsabschluss anerkennen zu lassen. Das reicht vom Abschlusszeugnis über den Lebenslauf, die Passkopie und Meldebescheinigung bis hin zum Arbeitszeugnis. Da dürften viele ausländische Arbeitskräfte schnell überfordert sein, nicht nur wegen der Sprachbarriere.
Niederrheinische IHK und Jobcenter Duisburg: Kostenlose Beratung für geflüchtete Menschen aus der Ukraine
Deshalb bietet die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer (IHK) gemeinsam mit dem „Integration Point“ des Jobcenters Duisburg eine kostenlose Beratung speziell für ukrainische Geflüchtete an. Daniela Honold, Teamleiterin im Integration Point: „Mithilfe der Anerkennungsberatung besteht für die Interessenten eine realistische Chance auf eine qualifikationsgerechte Beschäftigung.“
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An bisher zwei Nachmittagen kamen knapp 20 vornehmlich Ukrainerinnen, die gerade einen Deutschkurs besuchen, zum Integration Point am Körnerplatz in Rheinhausen. Zum Beispiel Irina R., die ihr ganzes Berufsleben als Kauffrau im Einzelhandel gearbeitet hat. Die 55-Jährige ist eine erfahrene Fachkraft, wie sie hierzulande gesucht wird. Allerdings fehlt ihr das Abschlusszeugnis, das sie nun über Kontakte im Heimatland als Kopie besorgen kann.
IHK-Referentin Judith Hemeier hilft, Hürden zu überwinden
Den Weg dahin hat Judith Hemeier bereitet. Die Referentin für Fachkräftesicherung bei der IHK Niederrhein hilft, Hürden zu überwinden. Bei den Beratungsangeboten speziell für ukrainische Geflüchtete hat sie eine Dolmetscherin zur Seite.
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Bei den individuellen Beratungsgesprächen für Menschen aus anderen Ländern vertraut sie auf die eigenen Sprachkenntnisse. Denn Hemeier hat in London und Paris studiert, Englisch und Französisch sind also kein Problem. Bei Türkisch helfen Kollegen aus. Im vergangenen Jahr hat sie 215 Menschen beraten, in den ersten drei Monaten dieses Jahres bereits 80. Die meisten sind Elektroniker, Chemielaboranten, Köche oder Buchhalter.
Gastro-Kräfte, Elektroniker und Informatiker händeringend gesucht
Von den hiesigen Unternehmen werden vor allem Arbeitskräfte für Restaurants und Hotels, Elektroniker und Informatiker gesucht. „Aber auch Experten zur Einrichtung von Photovoltaikanlagen sind stark nachgefragt“, sagt die IHK-Beraterin. Und natürlich Berufskraftfahrer. „Aber das ist ein besonders schwieriger Bereich. Berufskraftfahrer sind ohnehin schon alle unterwegs.“
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Der Bedarf an Arbeitskräften bleibt hoch und wird sogar steigen. Die Niederrheinische IHK geht davon aus, dass zum Ende des Jahrzehnts knapp 350.000 Fachkräfte in Duisburg sowie in den Kreisen Wesel und Kleve gebraucht werden – aber nur rund 310.000 zur Verfügung stehen werden.
IHK: 2030 könnten am Niederrhein 40.000 Fachkräfte fehlen
Das ist eine Folge des demografischen Wandels. „Es gehen viel mehr Menschen aus den Babyboomer-Jahren in Rente als über die Ausbildung nachkommen“, erläutert Judith Hemeier. Im Jahr 2030 werden laut IHK-Rechnung rund 40.000 Fachkräfte fehlen. Der Arbeitsmarkt kann also geflüchtete Menschen sehr gut gebrauchen.
>> IHK IST FÜR ANERKENNUNG VON BERUFSABSCHLÜSSEN ZUSTÄNDIG
- Für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse haben die Industrie- und Handelskammern eine zentrale Stelle in Nürnberg eingerichtet, die „IHK Foreign Skills Approval“.
- Die Experten dort prüfen Unterlagen und recherchieren im Zweifel nach. Die Kosten für das Verfahren in Höhe von 450 bis 600 Euro übernimmt für die Geflüchteten aus Duisburg das hiesige Jobcenter.
- Wer keine Dokumente besitzt, kann seine Qualifikation auch über eine Prüfung und ein Fachgespräch nachweisen. Interessenten können sich per E-Mail an Expertin Judith Hemeier von der wenden: anerkennung@niederrhein.ihk.de