Duisburg. Bei der König Brauerei in Duisburg schwelt zwischen Mitarbeitern und Geschäftsführung ein Konflikt um Wertschätzung und Lohn. Die Hintergründe.
Mit gelben Warnwesten haben sich am Mittwochmorgen mehr als 40 Mitarbeiter vor den Toren der König Brauerei in Duisburg versammelt. Gemeinsam haben sie für einen Warnstreik die Arbeit niedergelegt, zu dem die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) aufgerufen hatte.
„Es fängt an, in der Belegschaft zu gären“, sagt Rudolf Sickau, Betriebsratsvorsitzender bei der König Brauerei. Der 57-Jährige, der vor 40 Jahren in Beeck seine Ausbildung zum Brauer und Mälzer begonnen hat, später Braumeister wurde, hat an der Friedrich-Ebert-Straße viel miterlebt: die Übernahme durch die Bitburger Braugruppe oder auch einen massiven Stellenabbau. Nun steht er wieder mit Kollegen vor dem Tor. „Wir sind bereit, für unseren gerechten Lohn zu kämpfen.“
Tarifkonflikt bei Brauereien: Gewerkschaft fordert 430 Euro pro Monat
Am Donnerstag wird Sickau wieder am Verhandlungstisch sitzen, mit Rückenwind der Kollegen. „Die Fronten sind verhärtet“, sagt Sickau. Die Brauerei-Gewerkschaft NGG fordert in der laufenden Tarifrunde 430 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigten in den nordrhein-westfälischen Brauereien. Für Azubis sollen es 150 Euro mehr sein. 150 Euro brutto pro Monat für 2023 und weitere 150 Euro brutto pro Monat in 2024 ist bisher das, was der Arbeitgeberverband Rheinisch-Westfälischer Brauereien den Beschäftigten anbietet.
Deutlich zu wenig, findet die Gewerkschaft. „Das ist ein reichlich mageres Angebot – bei einer NRW-weiten Inflationsrate von schon wieder 8,5 Prozent im Februar“, argumentiert Karim Peters, Geschäftsführer der NGG Nordrhein. Es sei der Versuch der Arbeitgeber, die Brauerei-Beschäftigten „an der kurzen Lohn-Leine zu führen“. Bleibe es bei diesem „Light-Lohn“ sollen weitere Brauerei-Warnstreiks folgen. Die Beschäftigten der König Brauerei sind nun innerhalb von drei Wochen das zweite Mal auf der Straße.
Bierkonsum steigt – Brauerei König erlebt Kostensteigerungen
Laut NGG haben die 180 Mitarbeiter in Beeck allen Grund dazu, denn der Bierkonsum ziehe nach den dünnen Corona-Jahren wieder kräftig an. Der Bierabsatz in Nordrhein-Westfalen ist mit 21.769.000 Hektolitern im vergangenen Jahr deutlich gestiegen – immerhin um 7,1 Prozent gegenüber 2021. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf aktuelle Angaben des Statistischen Bundesamtes.
Die Bitburger Braugruppe nennt für einzelne Marken keine Absatzzahlen. Die gesamte Gruppe konnte aber 2022 um 11 Prozent zulegen. Der Absatz im für König Pilsener wichtigen Gastronomie-Bereich lag im vergangenen Jahr 20 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau. „Absatzzahlen sind allerdings im Kontext der laufenden Tarifrunde aus unserer Sicht die falsche Kennzahl, da sie nicht die dramatisch veränderte Kostenstruktur in den Brauereien widerspiegeln“, sagt Patrick Damberg, Sprecher der König-Brauerei.
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Laut dem Brauereiverband NRW sei die Brauwirtschaft aus einer pandemiebedingten Krise mit Schließungen in der Gastronomie „nahtlos in eine Energiekrise übergangen“. Auch Patrick Damberg spricht für die Braugruppe und die Branche von „nie dagewesenen Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen“. Der Verband rechnet vor: Die Beschaffungskosten für Gas seien seit dem Ukraine-Krieg um bis zu 750 Prozent gestiegen, Paletten und Kronkorken um je 150 Prozent, Malz und Kohlensäure um 90 Prozent. „Eine Entspannung ist hier nicht in Sicht“, sagt der Brauereiverband.
Steigt auch der Bierpreis? Lohn spielt bei Kalkulation eine Rolle
All diese Faktoren fließen neben Lohnkosten in die wirtschaftliche Kalkulation der Abgabepreise ein. Ob deutlich steigende Lohnkosten auch zu höheren Bierpreisen führen, sei „nicht seriös vorherzusagen“, sagt Patrick Damberg. Die Kosten für Gehälter gehören laut dem Verband aber „zu den ganz maßgeblichen Produktionskosten“.
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Der aktuelle Tarifvertrag sieht laut Verband für Brauer und Mälzer einen monatlichen Bruttolohn von 3795,50 Euro vor. Der Jahreslohn summiere sich inklusive dreizehntem Monatsgehalt und Urlaubsgeld – aber exklusive der Zuschläge für Schicht-, Nacht- und Mehrarbeit – auf einen Jahresgrundlohn in Höhe von knapp 50.000 Euro. Diese Gehälter bekommen Angestellte verschiedener Lehrberufe nach ihrer Ausbildung.
Die aktuelle Forderung der Gewerkschaft ließe den Lohn um mehr als 11 Prozent steigen. „Das ist für die Brauwirtschaft schlichtweg nicht zu stemmen“, argumentiert der Verband. Am Donnerstag treffen sich die Parteien wieder am Verhandlungstisch. Dann geht es für die Gewerkschaft und Arbeitnehmer um „Wertschätzung für Leistung“ und gestiegene Lebenshaltungskosten. Man wolle sich deshalb nicht „weit unter der Inflationsmarke abspeisen“ lassen, so die Gewerkschaft.
>> BIER-PROTESTE IN NRW
- Nicht nur an der Friedrich-Ebert-Straße in Duisburg und bei der König Brauerei wird vor der dritten Verhandlungsrunde gestreikt.
- Auch in Issum bei der Brauerei Diebels, in Essen bei Stauder oder DAB in Dortmund sind Protestaktionen geplant.