Duisburg. Die Akzente bringen das Thalia Theater mit Molières „Der Geizige“ nach Duisburg. Den legt Jens Harzer zwischen Horst Schlämmer und dem Luden an.

Eigentlich hätte das Gastspiel des Hamburger Thalia Theaters mit Molières „Der Geizige“ schon bei den Duisburger Akzenten des vergangenen Jahres stattfinden sollen. Nun gastierte die Inszenierung von Leander Haußmann bei den aktuellen Akzenten, ohne einen rechten Bezug zum Titel „Wunder“ erkennen zu lassen. Trotzdem war im Duisburger Theater ein starker Schauspielabend zu erleben.

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Auf deutschen Bühnen werden die Komödien Jean-Baptiste Molières heutzutage nur noch selten gespielt. Daran dürften vor allem die antiquierten Geschlechterrollen schuld sein. Das trifft auch auf „Der Geizige“ zu: Familienvater Harpagon geht es nur darum, seinen Reichtum zu vergrößern und seine Tochter Élise gewinnbringend zu verheiraten. Zudem plant er eine Sparheirat mit Mariane, die allerdings die Freundin seines Sohnes Cléante ist. Die Frauen hätten in diesem Stück nicht viel zu sagen, wäre da nicht Kupplerin Frosine, die sich als einzige ernstzunehmende Gegenspielerin Harpagons entpuppt.

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Bochums Ex-Intendant Leander Haußmann hat eine temporeiche Aufführung inszeniert und weiß, wie er die Darsteller auf Trab hält. Dabei zeigt sich, dass starke Schauspieler kein Bühnenbild brauchen und alleine durch ihr Können einen Theaterabend tragen können. Bühnenbildner Peter Schubert hat nämlich nur vier Glühbirnen über dem Portal und einen Sternenhimmel auf der Hinterbühne aufgehängt. Das Ensemble spielt so locker auf, dass vieles wie aus dem Moment heraus improvisiert wirkt, und arbeitet sich bis in die Bereiche von Kalauer und Klamauk vor.

Molière in Duisburg: Ein Charakter zwischen Horst Schlämmer und dem Luden

Im Zentrum der Aufführung steht Iffland-Ring-Träger Jens Harzer als Harpagon. Der wird von Leander Haußmann zum Turbo-Choleriker angefeuert. Mit Igelfrisur, Schnauzbart, ausgestopftem Rücken und getönter Brille gibt Harzer einen Charakter, der sich irgendwo zwischen Horst Schlämmer und „Der letzte Lude“ befindet. Permanent richtet er sich die falschen Zähne, zieht die Jogginghose über dem falschen Bauch zurecht und trägt dabei ein T-Shirt mit ausgeprägtem Kaffeefleck. Bei seinen Monologen begibt er sich in die Kumpanei mit dem Publikum.

Jens Harzer als Harpagon steht im Mittelpunkt der Inszenierung des Thalia Theaters in Duisburg.
Jens Harzer als Harpagon steht im Mittelpunkt der Inszenierung des Thalia Theaters in Duisburg. © Armin Smailovic

Als selbstbewusste Strippenzieherin gibt Harzers Ehefrau Marina Galic die Kupplerin Frosine. Sie wickelt Harpagon um den Finger und führt die Geschichte zu einem guten Ende. Die jüngeren Frauen Élise und Mariane, die von Toini Ruhnke und Rosa Thormeyer in den spärlichen Kostümen von Janina Brinkmann gespielt werden, dürfen hauptsächlich verliebt und die Opfer von Harpagons Tyrannei sein.

Mehr als Molière im Theater Duisburg: Marvel-Superheld Magneto wird nachgespielt

In Erinnerung bleibt der spanische Akzent von Pascal Houdus, der hier Élises Verehrer Valère spielt, sowie die Udo-Lindenberg-Imitationen von Sebastian Zimmer, der den Diener La Fleche sowie Valères und Marianes verschollenen Vater Anselme verkörpert. Skurrile artistische Einlagen bietet Tim Porath als Harpagons Küchenmeister und Kutscher Maitre Jacques. Da wird sogar Marvel-Superheld Magneto nachgespielt.

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In der letzten halbe Stunde gibt es doch noch einen stilistischen Bruch, und es werden ein klassisches Bühnenbild und barocke Kostüme aufgeboten. Das bringt optische Abwechslung in den zweieinhalbstündigen und pausenlosen Abend, wäre aber aufgrund der Kraft der Darsteller gar nicht nötig gewesen. Während die verwickelte Handlung endlich aufgelöst wird, purzelt das Ensemble immer wieder eine Treppe rauf und runter.

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Das Publikum im fast ausverkauften Theater feiert das Ensemble des Thalia Theaters mit langanhaltendem Beifall. Für Jens Harzer gibt es Bravo-Rufe.

>> JENS HARZER SPIELT TSCHECHOW UND SHAKESPEARE IN BOCHUM

  • Jens Harzer wurde 1972 in Wiesbaden geboren und studierte an der Otto-Falkenberg-Schule in München.
  • Seit 2019 ist er als Nachfolger von Bruno Ganz Träger des Iffland-Ringes.
  • Am Bochumer Schauspielhaus arbeitet er regelmäßig und ist dort am 5. April wieder in Tschechows „Iwanow“ zu sehen. Am 12. Mai hat in Bochum Shakespeares „Macbeth“ Premiere, in dem Jens Harzer und Marina Galic in einer Inszenierung von Intendant Johan Simons auf der Bühne stehen werden.