Duisburg. Der Mord am „Café Vivo“ im Duisburger Innenhafen glich einer Hinrichtung. Im Podcast beschreibt der Gerichtsreporter das Leben des Täters.
Es ist eine Tat, die im Mai 2017 viele Menschen in und außerhalb von Duisburg schockiert, und die zunächst viele Fragen offen lässt. Fragen, auf die es später erschütternde Antworten gibt. Mit zwei Schüssen tötet Constantin S. an einem Frühlingsmorgen im Innenhafen Birgül D.. Der Mord an der beliebten Besitzerin des „Café Vivo“ gleicht einer Hinrichtung. „Ein Mord aus der Lust am Morden“, fasst Stefan Wette die schlimme Erkenntnis des späteren Gerichtsverfahrens zusammen.
Wette ist Gerichtsreporter dieser Zeitung. Seit über 35 Jahren sitzt er als Beobachter in Strafprozessen und schreibt Reportagen aus Gerichtssälen. In dem Podcast „Der Gerichtsreporter“ geht er wahren Kriminalfällen aus dem Ruhrgebiet nach. In der neusten Folge, die am Montag, 23. Januar, erschienen ist, öffnet der Journalist die Akten zum „Mord im Café Vivo“.
Mord im „Café Vivo“ in Duisburg: Dem Täter stand eigentlich „die Welt offen“
Der offensichtlich erbarmungslose Täter ist zur Tatzeit 28 Jahre alt – und erlebt nicht wie viele andere Gewalttäter eine Kindheit in einem zerrütteten Elternhaus. Im Gegenteil: Constantin S. wächst privilegiert auf. Lernt schon früh die Welt kennen, da sein Vater sich in der Entwicklungshilfe engagiert. Nach dem Abitur in Mülheim und einer erstklassigen Ausbildung in Barcelona, Australien und Argentinien darf er sich schließlich „Master of International Management“ nennen. „Ihm steht die Welt offen“, ordnet Wette ein.
Doch es kommt anders: In seinen Jobs hält er sich nicht lange. Er hat Probleme mit Frauen, jobbt als Barista und nach dem Mord als DJ. Dieser gesellschaftliche Abstieg ist für den narzisstischen Typen allerdings nur schwer zu verkraften. Auch wenn er – wie im Mordverfahren gegen ihn – versucht, das makellose Bild von sich selber aufrecht zu erhalten.
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Im Laufe dieser unsteten Jahre entwickelt der junge Mann Mordfantasien. Etwa 2016 beginnt er konkret einen Mord zu planen. „Was gibt es größeres, als die Macht über das Leben eines anderen Menschen zu demonstrieren?“, wühlt sich Stefan Wette in die Gedankenwelt des Täters.
Constantin S. beobachtete sein Opfer schon vor der Tat
Dieser andere Mensch wird Birgül D.. Die Ehefrau und Mutter wird nur 46 Jahre alt. Warum sie das Opfer von Constantin D. wird, lässt sich nicht genau sagen. Die wohl schreckliche Erkenntnis: Die Auswahl fiel zufällig.
Geplant wird der Mord jedoch minuziös. Das lässt sich durch den Einsatz der Kreditkarte belegen. Schon vier Tage vor dem Mord bucht sich Constantin S. in einem Düsseldorfer Hotel ein. Überwachungskameras der benachbarten Volksbank filmen am Tag vor der Tat einen athletischen, schwarz gekleideten Mann, der eine halbe lange Stunde lang auf einem Stein sitzend das Café beobachtet. Es handelt sich um den Mörder.
Am Tattag checkt Constantin S. um 7.09 Uhr aus dem Hotel aus. Fährt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Innenhafen. Die Verbindung hat er zuvor getestet. Bei der Tat baut der damals 28-Jährige auf die Hilfsbereitschaft seines Opfers. Etwa eine Dreiviertelstunde vor Öffnung des Cafés klopft er an die Scheibe, gibt an, dringend auf Toilette zu müssen. Dort hält er sich dann kurz auf, kommt zurück und drückt zweimal ab. Beim zweiten Schuss ist die Pistole fast aufgesetzt. Die Kugel durchschlägt die Schädeldecke, das Gehirn und die Lunge. Bilgür D. fällt tot zu Boden.
Wilde Gerüchte und die DNA-Probe als Schlüssel
Die Mordkommission „Hafen“ sucht in den Tagen, Wochen und Monaten danach fieberhaft nach dem Täter. Zweimal sucht eine Taucherstaffel der Polizei im Becken des Innenhafens nach der Tatwaffe – vergebens. Die Gerüchteküche brodelt derweil: Von Schutzgelderpressung ist die Rede. Eine türkische Tageszeitung bringt ins Spiel, das Café sei ein Treffpunkt des türkischen Geheimdienstes.
Die Staatsanwaltschaft dementiert die Gerüchte. „Erfolg versprach dagegen die Auswertung der am Tatort gesicherten DNA-Spuren“, erinnert sich Stefan Wette. Und tatsächlich sind die Spuren der Schlüssel. Denn: Constantin S., der einstmals zielstrebige Student, muss finanziell ganz unten angekommen seinen Lebensunterhalt in Berlin mit Raubdelikten verdienen. Am 23. Januar 2018 nimmt ihn die Polizei in einem Supermarkt in Prenzlauer Berg fest. In der Untersuchungshaft muss er eine DNA-Probe abgeben. Die zeigt dann den überraschenden Treffer.
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Es dauert dennoch bis zum 4. Februar 2019, bis Richter Joachim Schwartz in Duisburg das Mordverfahren gegen den jungen Mann eröffnet. Stefan Wette beschreibt in seinem Podcast einen uneinsichtigen Angeklagten, der eine Notwehr-Version erfindet, die eigenen Eltern im Zeugenstand siezt und schließlich wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wird, weil er einem Menschen beim Sterben zusehen wollte.
>>Über den Podcast „der Gerichtsreporter“
- In dem Podcast „der Gerichtsreporter“ geht es um echte Kriminalfälle aus der Vergangenheit, die im Gespräch zwischen der Moderatorin Brinja Bormann und dem Gerichtsreporter Stefan Wette lebendig werden.
- Jederzeit können die Hör-Beiträge von 20 bis 30 Minuten Länge über das Internet abgerufen werden. Zum Beispiel bei Spotify, bei Apple Podcasts und bei Deezer oder auch kostenlos auf der Homepage von „Der Gerichtsreporter“: www.der-gerichtsreporter.de.
- Auf der Videoplattform Youtube können Hörer Gerichtsreporter und Moderatorin auf dem Channel „Der Gerichtsreporter“ gleichzeitig sehen.
- Jeden zweiten Montag erscheint um 16 Uhr eine neue Folge.