Duisburg. Wie unpünktlich sind die Busse und Bahnen? Wer in Duisburg Daten verschweigt und warum die Rheinbahn in Düsseldorf die Politik informieren muss.

  • Die Teilnehmer beim DVG-Linien-Check stellen Bussen und Bahnen in Duisburg in Sachen Pünktlichkeit ein schlechtes Zeugnis aus.
  • Doch wie sieht es mit konkreten Zahlen aus? Die Stadt Duisburg bekommt nach eigenen Angaben als Aufgabenträgerin jährlich einen Qualitätsbericht von der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG).
  • Doch während hier die Daten vor der Öffentlichkeit geheim bleiben, läuft es in Düsseldorf ganz anders.

Mehr als 5500 Teilnehmer haben beim DVG-Linien-Check unserer Redaktion auch die Pünktlichkeit von 15 Bus- und Bahn-Linien in Duisburg nach Schulnoten bewertet. Das Ergebnis ist ein schlechtes Zeugnis. Die Durchschnittsnote: ausreichend minus (4,2).

Der Bus 917, der zwischen Hochheide und Obermeiderich verkehrt, bekommt in dieser Kategorie die schlechteste Note, eine Fünf (4,7). Die Straßenbahn 903 schneidet nur unwesentlich besser ab (4,5). Die beste Note in Sachen Pünktlichkeit gibt es für den Bus 934, der zwischen Kaßlerfeld und Großenbaum unterwegs ist: 2,8 – das entspricht einer guten Drei (befriedigend) (siehe Grafik unten).

Pünktlichkeit bei Bussen und Bahnen in Duisburg: DVG und Stadt verschweigen Daten

Doch wie unpünktlich sind die Busse und Bahnen der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) wirklich? Gibt es dazu belastbare Zahlen beziehungsweise Auswertungen?

Auf Nachfrage teilt die DVG-Sprecherin Kathrin Naß mit, dass das Verkehrsunternehmen keine Pünktlichkeitsstatistiken wie etwa die Deutsche Bahn (DB) habe. „Es werden zwar Daten erhoben, diese dienen aber nur zur Kontrolle der betriebsinternen Abläufe“, antwortet Naß. Und „Diese Daten sind nicht öffentlich.“

Das bedeutet also: Die DVG weiß, wie pünktlich ihre Busse und Bahnen sind, die Öffentlichkeit wird darüber aber nicht informiert.

Vor allem die Problem-Linie 903 steht in Duisburg immer wieder auch wegen ihrer Unpünktlichkeit im Zentrum der Kritik.
Vor allem die Problem-Linie 903 steht in Duisburg immer wieder auch wegen ihrer Unpünktlichkeit im Zentrum der Kritik. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Qualitätsstandards sind im Nahverkehrsplan definiert

Wir haken bei der Stadt Duisburg nach. Schließlich gehört die DVG zum DVV-Konzern, der zu 100 Prozent eine Stadttochter ist, eine kommunale Gesellschaft zur Erfüllung öffentlicher Zwecke. Und schließlich stellt die Stadt als Aufgabenträgerin beträchtliche Summen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zur Verfügung. Qualitätsstandards sind demnach im Nahverkehrsplan definiert.

Auch interessant

Weiß die Stadt aber überhaupt, wie pünktlich die Bahnen und Busse der DVG sind? Verlangt sie entsprechende Informationen von der DVG? Wenn ja, in welchen Abständen wird die Stadt darüber informiert? Wann ist sie zuletzt darüber informiert worden? Wie sehen die aktuellsten Zahlen zur Pünktlichkeit der Busse und Bahnen im Vergleich zu den vergangenen Jahren aus?

Die Antwort auf all diese Fragen fällt sehr vage aus. „Es gibt einen regelmäßigen Austausch und weitere anlassbezogene Absprachen zwischen dem Aufgabenträger und der DVG-Verkehrsplanung“, so Stadtsprecher Sebastian Hiedels. „Darunter fällt auch ein regelmäßiger Austausch zu Themen des aktuellen Betriebs.“

Jährlicher Bericht mit Zahlen zu Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit

Darüber hinaus werde „im Rahmen der Regelungen zum öffentlichen Dienstleistungsauftrag“ von der DVG jährlich ein Qualitätsbericht für die Stadt erstellt. Dieser beinhalte auch Kennzahlen zur durchschnittlichen Pünktlichkeit sowie zur durchschnittlichen Zuverlässigkeit.

Auf nochmalige Nachfrage nach konkreten Zahlen teilt Stadtsprecher Hiedels mit, dass die Stadt diese wie schon die DVG nicht zur Verfügung stelle. Nach Informationen der Redaktion soll sogar der DVG-Aufsichtsrat den Qualitätsbericht, wenn überhaupt, nur in Teilen und auf konkrete Nachfrage bekommen.

Düsseldorf sorgt für Transparenz

Dass es auch anders geht, beweist zum Beispiel die Nachbarstadt Düsseldorf. Dort muss die Rheinbahn seit einiger Zeit ihre jährlichen Qualitätsberichte nicht nur der Stadt als Aufgabenträgerin, sondern auch den politischen Gremien zur Verfügung stellen.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Erstmals hat das Verkehrsunternehmen 2019 über die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit seiner Busse und Bahnen informiert – unter anderem auf Druck der Grünen, wie Norbert Czerwinski auf Nachfrage erklärt. Der Ratsherr ist Vorsitzender des Ordnungs- und Verkehrsausschusses in der Landeshauptstadt.

Die Qualitätsberichte der Verkehrsunternehmen für 2022 liegen zwar noch nicht vor. Doch für 2021 teilt die Rheinbahn aktuell auch auf Anfrage der Redaktion bereitwillig mit, dass bei den Stadtbahnen die U 72 die beste durchschnittliche Pünktlichkeit hatte. Bei den Straßenbahnen war es die Linie 705 und bei den Bussen die Linie 751.

Rheinbahn: U 75 und U 79 waren 2021 die unpünktlichsten Linien

Die „niedrigste durchschnittliche Pünktlichkeit“ hatten 2021 demnach bei den Stadtbahnen die U 75 (1. Halbjahr) und die gemeinsam mit der DVG betriebene U 79-Linie (2. Halbjahr), bei den Straßenbahnen die Linie 708 (1. Halbjahr) und 707 (2. Halbjahr). Bei den Buslinien waren die Linien 736 (1. Halbjahr) und 863 (2. Halbjahr) die Unpünktlichsten.

U79 wieder im 10-Minuten-Takt durch Duisburg? Druck auf DVG„Wir wollten nicht mehr, dass solche Daten intern bleiben – im Sinne der Transparenz“, erklärt der Grünen-Politiker Czerwinski. „Außerdem kann jeder so viel leichter überprüfen und nachvollziehen, welche Maßnahmen erforderlich und sinnvoll sind beziehungsweise zielführend waren. Wir wollen den ÖPNV ja verbessern.“

Auch die Vestische Straßenbahn, die unter anderem für den ÖPNV im Kreis Recklinghausen verantwortlich ist, sorgt für Klarheit: Das Verkehrsunternehmen stellt seine jährlichen Qualitätsberichte mit konkreten Angaben zur Pünktlichkeit nach Angaben eines Sprechers den jeweiligen Aufgabenträgern und den öffentlichen politischen Gremien zur Verfügung.

VRR dokumentiert Leistungsfähigkeit des Regionalverkehrs

Der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) veröffentlicht ebenfalls jährlich einen Qualitätsbericht. So dokumentiert er die Leistungsfähigkeit des Regionalverkehrs und auch die Pünktlichkeit der Linien, Zugausfälle und den Zustand der Fahrzeuge. Es handelt sich hier um eine Auswertung der entsprechenden Berichte von Verkehrsunternehmen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV), bei denen der VRR der Auftraggeber ist.

Aus dem SPNV-Qualitätsbericht 2021 geht so etwa hervor, dass die „durchschnittliche Verspätung von Regionalexpressen, Regionalbahnen und S-Bahnen 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 27 Sekunden“ gestiegen war. Diese betrug eine Minute und 57 Sekunden. Der Bericht ist komplett online (auf vrr.de, hier) und gibt die Verspätungen für alle 51 Linien und sieben Betreiber an.

VRR- Neue Preise – was für alte Einzel- und 4er-Tickets gilt„Dazu gehören zum Beispiel die Deutsche Bahn, National Express oder die Nordwestbahn“, erklärt eine VRR-Sprecherin. „Die Berichte sind für uns ganz entscheidend. Wir wissen dadurch, welche vertraglich vereinbarten Leistungen wie zum Beispiel die tägliche Anzahl von Zügen auf einer bestimmten Strecke erbracht worden sind und welche nicht. Schließlich geht es am Ende um die Zuteilung von Geldern.“

Frank Heidenreich (CDU) wünscht sich eine öffentliche Diskussion über die Qualität im ÖPNV auch für Duisburg.
Frank Heidenreich (CDU) wünscht sich eine öffentliche Diskussion über die Qualität im ÖPNV auch für Duisburg. © Carsten Paul

Auf politischen Beschluss sollen künftig die kommunalen Verkehrsunternehmen ebenfalls ihre Qualitätsberichte dem VRR zukommen lassen. Also auch die DVG. Dies teilt Frank Heidenreich, Vorsitzender der CDU-Fraktion in der VRR-Verbandsversammlung, auf Nachfrage der Redaktion mit. Offenbar hat es diesbezüglich auf politischer Ebene in Duisburg bisher nicht den Willen und die Einsicht in die Notwendigkeit gegeben, sich entsprechende Berichte vorlegen zu lassen. „Ich wünsche mir diese öffentliche Diskussion über die Qualität im ÖPNV auch hier“, sagt Heidenreich, gleichzeitig Ratsherr in Duisburg.

„Konkrete Vertragsstrafen im Fall von Unpünktlichkeit sind nicht vereinbart“

Was aber macht die Stadt Duisburg nun mit den Daten, die die DVG zumindest ihr zur Verfügung stellt? Zieht die Stadt daraus irgendwelche Konsequenzen? „Konkrete Vertragsstrafen im Fall von Unpünktlichkeit sind nicht vereinbart“, sagt Stadtsprecher Hiedels.

Die Ergebnisse der regelmäßigen Fahrzeitüberprüfungen führen nach seinen Angaben, aber bei Bedarf zu Fahrzeitanpassungen. Dies geschehe beispielsweise aktuell durch Fahrplanänderungen bei den Buslinien 908, 909 und 910, die seit 8. Januar gelten. Darüber hinaus sollen Fahrzeiten auch durch infrastrukturelle Maßnahmen an Ampeln oder mit Busschleusen und -spuren verbessert werden. Es werde beispielsweise ein Ratsbeschluss für ein umfassendes Busbeschleunigungsprogramm im Frühjahr 2023 angestrebt.

Besonders wichtig sei aber der Hinweis, dass die Pünktlichkeit der DVG-Fahrzeuge maßgeblich vom allgemeinen Verkehrsgeschehen, insbesondere vom motorisierten Individualverkehr abhänge. Busse und Bahnen hier stärker als bisher gezielt Vorrang zu geben und damit den ÖPNV zu stärken, sei ein strategisches Ziel der Stadt Duisburg, versichert der Stadtsprecher.