Duisburg. Von Queen Elisabeth II. bis Merkel: Duisburgs Goldenen Bücher sind streng unter Verschluss. Welche Geheimnisse auf den Seiten geschrieben stehen.
Willy Brandt steht drin, Königin Elisabeth II. ebenfalls und Angela Merkel sogar drei Mal: Das Goldene Buch der Stadt liest sich wie das „Who is Who“ aus Politik und Zeitgeschichte. Hunderte Personen, darunter Königinnen und Könige, Wissenschaftler, Künstler, Sportler und Politiker haben sich bei ihren Duisburg-Besuchen in den vergangenen Jahrzehnten in den Büchern verewigt.
Mittlerweile gibt es drei Exemplare – aber prunkvoll golden ist nur das erste. Normalerweise sind die wertvollen Bände im Rathaus streng unter Verschluss, doch im Rahmen der Ausstellung „Feindschaft – Partnerschaft – Freundschaft: Duisburgs Kontakte in alle Welt“ können interessierte Besucher im Kultur- und Stadthistorischen Museum nun einen Blick erhaschen.
Erstes Goldene Buch wurde der Stadt Duisburg von Dr. Walter Böninger gestiftet
Das erste Buch stammt aus dem Jahr 1908 und wurde von den Stadtverordneten in Auftrag gegeben, weil bei der Einweihung der neuen Hafenbecken A, B und C im Juni 1908 auffiel, dass bisher nur die Schifferbörse so ein Buch für besondere Anlässe vorhielt. Das erste Goldene Buch der Stadt Duisburg wurde also am 2. Juli 1909 vom Geheimen Kommerzienrat Dr. Walter Böninger gestiftet.
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Der erste Eintrag datiert vier Tage später vom 6. Juli 1909. Die etwas krakeligen Unterschriften der Rheinschifffahrtskommissions-Mitglieder, die seinerzeit im Hotel „Europäischer Hof“ am Burgplatz abstiegen, sind kaum zu entziffern.
In dem Begleitbuch „Ehrungen, Gäste und Zeitgeschehen“, das der Verkehrsverein für die Stadt Duisburg herausgegeben hat und das die Eintragungen einordnet, ist dann auch von einem „wenig spektakulären Ereignis“ die Rede.
Das dürfte zu anderen Gelegenheiten anders gewesen sein, schließlich ist die Eintragung eine ehrenvolle Sache. Wer sich eintragen darf, hat der Rat bestimmt. „Das Goldene Buch hält besondere, für die Stadtgeschichte bedeutende historische Ereignisse fest. Dazu zählen auch Besuche des diplomatischen Corps. Eintragungen in das Goldene Buch sind in Regel mit dem Tragen der Amtskette des Oberbürgermeisters verbunden, was den hohen Stellenwert dieses Eintrages deutlich macht“, erklärt Stadtsprecherin Susanne Stölting.
Reichspräsident Hindenburg trug sich am 18. September 1925 ein, ein Hakenkreuz samt Adler kündigte am 15. Dezember die Abschaffung des demokratischen Prinzips auf kommunaler Ebene an. Joseph Goebbels verewigte sich 1936. Er kam mit einer Delegation nach Duisburg, um die Brücke von Hochfeld nach Rheinhausen einzuweihen. „Joseph Goebbels ist die einzige Person aus der ersten Garnitur der NS-Größen, dessen Namenszug sich im Goldenen Buch findet“, notieren die Autoren des Verkehrsvereins in dem Begleitbuch.
Der 1. Oktober 1950 war ein Freuden-Tag für Duisburger Kunst- und Theaterfreunde. „In neuer zweckvoller Schönheit steht der am 20. Dezember 1942 durch einen Luftangriff aufs schwerste getroffene Theaterbau wieder vor uns“, heißt es auf der eng beschriebenen Seite.
Es folgen Erinnerungen an den Besuch von Dr. Konrad Adenauer (3. Dezember 1950) oder den des 1952 regierenden Berliner Bürgermeisters Prof. Dr. Ernst Reuter: „Mit der alten Hauptstadt und ihren Menschen treu verbunden begrüßt Duisburg den regierenden Bürgermeister von Berlin.“
Als der Bürgermeister von Rotterdam in Walsum im Februar 1954 zu Gast war, musste die traditionelle Hafenrundfahrt für die Gäste allerdings abgesagt werden. Der Rhein lag unter einer 15 Zentimeter dicken Eisdecke. Während der Gespräche wurde auf die Gemeinsamkeiten der beiden Hafenstädte verwiesen. Oberbürgermeister Seeling sagte zu, dass Duisburg einen Beitrag zum Wiederaufbau der zerstörten St. Laurens-Kirche in Rotterdam leisten wolle.
Erinnerung an den eindrucksvollen Duisburg-Besuch von Königin Elisabeth II. und Prinz Philip 1965
Glamourös wurde es am 25. Mai 1965, als Königin Elisabeth II. und Prinz Philip auf ihrer Deutschlandreise auch einen Zwischenstopp in Duisburg einlegten. Sie kamen mit dem Schiff „Stadt Duisburg“ aus Düsseldorf, besichtigten die Hüttenwerke Mannesmann und fuhren anschließend vom Steiger Schwanentor mit einem Mercedes-Cabriolet zur Mercatorhalle.
Die Duisburger jubelten den Majestäten zu. Vom Eintrag ins Goldene Buch gibt es sogar ein Bild, das dem Eintrag beigelegt ist.
Die Seiten des ersten Goldenen Buches reichen bis 1979. Das zweite Exemplar, eine schlichtere Variante, beginnt mit einem Eintrag zur Ehrung von Johann Asch, Bürgermeister von Rheinhausen bis zur Kommunalen Neuordnung 1975. Es endet mit einer Würdigung zur Einweihung der Neuen Jüdischen Synagoge am 30. Mai 1999.
Das dritte Goldene Buch beginnt nach Ende der Amtszeit des damaligen Oberbürgermeisters Josef Krings und des damaligen Oberstadtdirektors Norbert Giersch mit der ersten Konstituierenden Sitzung des Rates der Stadt Duisburg am 1. Oktober 1999.
Die kunstvollen Seiten hat übrigens viele Jahre Enrique Yague-Bosch gestaltet. Das Amt für Repräsentation entscheidet auf Grundlage des historischen Ratsbeschlusses, wem die Ehre zuteil wird und gibt eine entsprechende Visualisierung in Auftrag. Nach Yague-Boschs Tod hat der gelernte Grafiker Karl-Heinz Weiner diese Aufgabe übernommen. „Sein Stil passt hervorragend und ist eine tolle Fortsetzung“, lobt Heike Maus, beschäftigt in der Abteilung „Repräsentation und Internationale Beziehungen“ der Stadt Duisburg.
Eintragen darf sich jeder übrigens nur einmal. Dass Angela Merkel ihre schnörkellose Unterschrift drei Mal hineinsetzen durfte, lag an ihren unterschiedlichen Funktionen. Einmal war sie als Umwelt-Ministerin in Duisburg, später dann als Kanzlerin – auf Ortsbesuch in Marxloh und bei einem Empfang der Kindernothilfe.
Der jüngste Eintrag stammt von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Eigentlich sind Anmerkungen im Protokoll nicht vorgesehen – lediglich eine Signatur. Sie kommentierte dennoch unter den kolorierten Reichstag: „Berlin kann jeder. Duisburg muss man wollen. Und ich will!“ Wenn das Ernst Reuter je erfahren hätte...
Ein paar Seiten sind in der aktuellen Ausgabe noch frei. Heike Maus und das Team der Stadt sorgen aber schonmal vor: „Ich verrate kein Geheimnis, dass wir schon die Anschaffung eines vierten Buches vorbereiten. Diese Tradition, die die Stadtgeschichte dokumentiert, wollen wir fortsetzen.“
>> Ausstellung läuft noch bis zum 8. Januar 2023
- Die Ausstellung „Feindschaft – Partnerschaft – Freundschaft: Duisburgs Kontakte in alle Welt“ ist noch bis zum 8. Januar 2023 im Kultur- und Stadthistorischen Museum zu sehen. Die Besucher erfahren übrigens auch, welche Gastgeschenke die Stadt aus aller Herren Länder bekommt. Einzelne Stücke sind in den Vitrinen ausgestellt.
- Geöffnet ist das Museum dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr, sonntags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt für Erwachsene kostet 4,50 Euro, ermäßigt 2 Euro.