Duisburg. Vor einem Jahr haben Eltern und Kinder an der Katholischen Grundschule Grabenstraße in Duisburg-Neudorf demonstriert. Was hat sich seitdem getan?

Es wollen nicht genug Lehrer an einer Schule in Duisburg arbeiten – noch nicht einmal mit dem Angebot, kostenlos eine Wohnung zu beziehen, kann man sie locken. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat deshalb entschieden, im kommenden Schuljahr 30 Lehrer nach Duisburg abzuordnen. Doch ist das die Lösung?

Im vergangenen Jahr gab es kurz vor den Sommerferien einen Aufschrei an der Katholischen Grundschule Grabenstraße in Neudorf. Eltern und Kinder demonstrierten für „Schulfrieden“ und wiesen darauf hin, dass drei Lehrer die Schule verlassen würden – und es auch beim Rest des Kollegiums rumorte. Der Protest war ein einmaliger Vorgang. Ist der Schulfrieden nun wieder hergestellt? Diese Antworten geben Eltern, Lehrervertreter und die Bezirksregierung knapp ein Jahr später.

So beschreiben die Duisburger Eltern die Situation

Kristina Winter, Lukas Heuser, Sabrina Beckmann und Christian Kreutz gehörten im vergangenen Jahr zu den Eltern, die mit einer Petition und offenen Briefen auf die Situation aufmerksam machten. Mit dem aktuellen Förderverein bemühe sich die Schulleiterin um Zusammenarbeit, heißt es.
Kristina Winter, Lukas Heuser, Sabrina Beckmann und Christian Kreutz gehörten im vergangenen Jahr zu den Eltern, die mit einer Petition und offenen Briefen auf die Situation aufmerksam machten. Mit dem aktuellen Förderverein bemühe sich die Schulleiterin um Zusammenarbeit, heißt es. © FUNKE Foto Services | Foto: Michael Dahlke

Rückblick: Mit Trillerpfeifen, Rasseln und Trommeln verliehen die Mütter, Väter und Kinder ihren Forderungen am 29. Juni Nachdruck: „Wir sind laut, damit ihr uns nicht unsere Lehrer klaut“, riefen die Jungen und Mädchen. Die Klassenlehrer wechselten, so schilderten es die Eltern, jährlich. Eine Mutter beschrieb seinerzeit: „Die Lehrer fühlen sich mit der Schulleitung nicht wohl. Hier ist viel vorgefallen und wir haben uns schon an die Schulaufsicht und sogar an die Ministerin Yvonne Gebauer gewandt.“

Passiert sei aber nichts. Insgesamt fünf Lehrerinnen hätten innerhalb des Schuljahres 2020/2021 das Weite gesucht und einen freiwilligen Versetzungsantrag gestellt. Um auf die Misere aufmerksam zu machen, gab es rege Briefwechsel und Petitionen. Der Förderverein kündigte an, sein Mandat niederzulegen und geschlossen zurückzutreten wegen „unüberbrückbarer Differenzen mit der Schulleitung“ hieß es in einem Brief der Elternschaft.

Mutter: Konflikte gibt es schon seit Jahren

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Drei neue Lehrerinnen sind schließlich nach den Sommerferien 2021 an die Katholische Grundschule abgeordnet worden – auf dem Papier war demnach genügend Personal vorhanden, um Unterricht zu gewährleisten. Doch Mutter Meike Kleinohl, die sich im Förderverein engagierte, sagte seinerzeit: „Es geht uns nicht um die personelle Ausstattung. Auch ist der Zeitpunkt unserer Beschwerden und des starken Protestes nicht in Zusammenhang mit Corona zu sehen. Bereits seit Jahren gibt es den zuständigen Behörden bekannte Konflikte des Kollegiums und der Elternschaft mit der Schulleitung, die nicht gelöst werden konnten beziehungsweise ignoriert wurden.“

Sie und ihre Mitstreiter sind denn auch im Herbst 2021 nicht mehr zur Wahl angetreten. Der Vorstand des Fördervereins ist komplett neu gewählt worden. Aus diesen Kreisen heißt es nun, dass sich die Schulleitung bemühe und es einen besseren Austausch gebe. Allerdings wollen wohl nun die drei Lehrer, die im vergangenen Jahr neu dazu kamen, die Schule wieder verlassen.

Anmeldezahlen an der Katholischen Grundschule Grabenstraße gingen deutlich zurück

Auf der Homepage der Schule kann man nachlesen, dass es wieder Aktionen für die Kinder gegeben hat: Ausflüge zum Eislaufen zum Beispiel und einen Spendenlauf. Kommende Woche soll es ein Schulfest geben. Doch der Ruf der Schule hat offensichtlich gelitten – das berichten Neudorfer, die ihren Nachwuchs nun zur Schule anmelden mussten.

Hatten Eltern im Schuljahr 2019/2020 noch 66 Kinder angemeldet und 2020/2021 53 Jungen und Mädchen, sind es in diesem Jahr nur 25. Deutlich gestiegen sind die Anmeldezahlen indes bei der direkt nebenan liegenden Hebbelschule. 54 Kinder wollten 2021 dort zur Schule gehen. In diesem Jahr sind es 83 Kinder. An der Mozartschule, die ebenfalls nicht weit entfernt liegt, ist die Nachfrage auch höher: 60 Jungen und Mädchen haben sich dort vor zwei Jahren angemeldet, 77 im vergangenen Jahr und 94 für dieses Schuljahr. Dass an der Katholischen Grundschule in diesem Schuljahr dennoch zwei Klassen zustande kommen, liegt daran, dass nicht allen Kindern ihr erster Wunsch erfüllt werden kann – und diese dann künftig zur Grabenstraße gehen.

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Das sagt die Bezirksregierung Düsseldorf zur Situation

Die Anmeldungen sind an der Katholischen Grundschule Grabenstraße zurückgegangen. Dass doch zwei Klassen zustande kommen, liegt daran, dass Kinder, die eigentlich zur Hebbel- oder Mozartschule wollten, an die Grabenstraße verwiesen wurden.
Die Anmeldungen sind an der Katholischen Grundschule Grabenstraße zurückgegangen. Dass doch zwei Klassen zustande kommen, liegt daran, dass Kinder, die eigentlich zur Hebbel- oder Mozartschule wollten, an die Grabenstraße verwiesen wurden. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Auf Nachfrage schätzt die Bezirksregierung Düsseldorf die Situation so ein: „Jedes Jahr werden in Duisburg einige Erstklässler aufgrund zum Teil knapper Schulplätze an andere Grundschulen koordiniert, um die Schülerinnen und Schüler gleichmäßig zu verteilen. Dabei zeigt sich, dass das Anmeldeverhalten der Eltern immer wieder unterschiedlichen Dynamiken folgt.“ Da es zahlreiche Faktoren gebe, die auf die Anmeldezahlen einer Schule Einfluss nehmen, „sind sie als alleiniger Aspekt zur Einschätzung einer Schulleitung nicht geeignet.“

Während des Schuljahres haben laut Bezirksregierung regelmäßige Gespräche mit der oberen und der unteren Schulaufsicht „in unterschiedlichen Settings“ stattgefunden. „Teilgenommen haben unter anderem das Kollegium, die Schulleitung und die Schulkonferenz. Ziel war eine transparente Kommunikation mit allen Beteiligten, die auf intensivem Austausch, Beratung und Information fußt.“ Durch die zahlreichen Gespräche mit allen an der Schule Beteiligten und die kontinuierliche Beratung durch die Schulaufsicht sei die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gremien der Schule – Schulleitung, Kollegium, Schulkonferenz, Elternpflegschaft – unterstützt worden. „Dieser Prozess muss weiterhin durch die schulischen Gremien, durch die Bildung von Arbeitsgruppen und anderen Begegnungsformen entwickelt und ausgebaut werden.“

Schulleiterin aktuell krank geschrieben – Lehrergewerkschaft nimmt nur allgemein Stellung

Rüdiger Wüllner, Vorsitzender des Stadtverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, klagt seit Jahren über den Lehrermangel in Duisburg. An der Katholischen Grundschule Grabenstraße ist die Situation aber noch einmal spezieller.
Rüdiger Wüllner, Vorsitzender des Stadtverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, klagt seit Jahren über den Lehrermangel in Duisburg. An der Katholischen Grundschule Grabenstraße ist die Situation aber noch einmal spezieller. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Und wie nehmen die Rektorin und die Lehrerinnen die Situation aktuell wahr? Die Schulleiterin, so heißt es in einer Mail, sei aktuell erkrankt. Die „Dienstälteste“, die in solchen Fällen die Rektorin vertritt, verweist auf die Bezirksregierung. Auch die Lehrerinnen wollen sich nicht äußern. Rüdiger Wüllner von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft antwortet eher allgemein: „Ich hoffe, dass alle Beschäftigten an Duisburger Schulen dienstlichen Anforderungen bestmöglich gerecht werden können. Außerdem wünsche ich allen Schülerinnen und Schülern verlässlich-langjährige Beziehungen zu vertrauten Lehrkräften. Den Eltern wünsche ich Geduld, wenn das aus ihrer Sicht einmal nicht so gut gelingt, was allerdings keineswegs immer die Gefühlslage der Kinder widerspiegelt. Der Schulaufsicht wünsche ich gutes Gelingen dabei, diese Aspekte in Einklang zu bringen - an jeder Duisburger Schule, aber insbesondere an der KGS Grabenstraße.“

Nach Informationen unserer Redaktion soll am 8. Juni ein Treffen von der Bezirksregierung mit den Eltern stattfinden, bei dem die Personalsituation nach den Ferien Thema sein soll.

Transparenzhinweis: Dieser Artikel ist nach einer Beschwerde vom Presserat beanstandet worden. Wir sind aber weiterhin von der Richtigkeit der Angaben überzeugt.